Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 4
§ 252 BewG ist durch Art. 1 GrStRefG neu in das Bewertungsgesetz eingefügt worden und für Zwecke der Grundsteuer ab dem 1.1.2025 anzuwenden. Die Neufassung reagiert auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 18.4.2018.
Rz. 5
Damit stellt der Gesetzgeber das Ertragswertverfahren neben das Sachwertverfahren. Dies führt zu einer Differenzierung der Bewertungsmethoden bei den bebauten Grundstücken. Damit verbindet sich letztlich die Vorstellung, dass wegen der Unterschiedlichkeit der Bewertungsobjekte eine bessere Abbildung von realitätsnahen Relationen gelingt. Da sich die Abgrenzung zwischen dem Ertrags- und Sachwertverfahren ausschließlich nach der Grundstücksart richtet (§ 250 Abs. 2 BewG), darf nicht übersehen werden, dass der Gesetzgeber insoweit von seiner Typisierungsbefugnis Gebrauch macht.
Rz. 6
Das zur Ermittlung des Grundsteuerwerts eingeführte Ertragswertverfahren nach § 252 ff. BewG ist an das vereinfachte Ertragswertverfahren nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) angelehnt. Dabei ist der Gesetzgeber in seiner Begründung davon ausgegangen, dass das Ertragswertverfahren der Einheitsbewertung auf der Grundlage der jährlichen Reinerträge nach §§ 78 bis 82 BewG (Reinertragsverfahren) unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des Wertermittlungsrechts und der aktuellen Datenlage fortentwickelt wurde. Das letztlich in §§ 252 ff. BewG realisierte Ertragswertverfahren unterscheidet sich jedoch in ganz erheblichem Umfang von der Einheitsbewertung. Dies gilt insb. für die Tatsache, dass der Bodenwert über die Restlaufzeit der Gebäude abzuzinsen ist. Ferner ist die Irrelevanz der tatsächlichen Mieten zugunsten einer gesetzlich vorgegebenen Listenmiete eine überaus starke Typisierung, die bei der Einheitsbewertung nicht zu finden war.
Rz. 7
Derzeit kann nicht abgeschätzt werden, ob die Bewertungsergebnisse des Ertragswertverfahrens mit dem Bewertungsniveau des Sachwertverfahrens hinreichend korrelieren. Dies wäre wünschenswert, um dem verfassungsrechtlichen Anspruch zu genügen, nach dem realitätsnahe Relationen abgebildet werden müssen. Da alleine eine Nutzungsänderung zu einem Wechsel des Bewertungsverfahrens führen kann, sollten die Bewertungsergebnisse des Ertrags- und Sachwertverfahrens möglichst eng beieinanderliegen. Denn es wäre schwer vorstellbar, wenn ein Objekt, das sowohl zu Wohnzwecken als auch beispielsweise zu freiberuflichen Zwecken genutzt werden darf, je nach der konkreten Nutzung auf dem Immobilienmarkt einen völlig anderen Wert hätte.
Beispiel
Ein Einfamilienhaus wird in vollem Umfang zu Wohnzwecken genutzt. Es ist im Ertragswertverfahren zu bewerten.
Im Laufe des Jahres wird die Nutzung zu Wohnzwecken aufgegeben und – zulässigerweise – in dem Gebäude eine Steuerberaterpraxis eingerichtet. Aufgrund der Nutzungsänderung ist auf den Beginn des folgenden Kalenderjahres eine Artfortschreibung zum Geschäftsgrundstück durchzuführen. Ferner ist wegen der gleichzeitigen Maßgeblichkeit des Sachwertverfahrens bei Überschreitung der Wertfortschreibungsgrenzen eine Wertfortschreibung durchzuführen.
Rz. 8
Einstweilen frei.