Rz. 77
Die Bodenrichtwerte waren nach § 145 Abs. 3 Satz 2 BewG i.d.F. vor dem JStG 2007 auf den 1.1.1996 zu ermitteln und den Finanzämtern mitzuteilen. Der Vorschrift über die Ermittlung der Bodenrichtwerte auf den 1.1.1996 hätte es in § 145 Abs. 3 BewG nicht bedurft. Denn bereits durch § 138 Abs. 1 Satz 2 BewG i.d.F. vor dem JStG 2007 war der 1.1.1996 als allgemeiner Stichtag für die Wertverhältnisse festgeschrieben worden. Der Wertermittlungsstichtag 1.1.1996 war sowohl für Gutachterausschüsse maßgebend, die jährlich ihre Bodenrichtwerte ermitteln, als auch für Gutachterausschüsse, die die Bodenrichtwerte nach Ablauf von zwei Kalenderjahren aus der Kaufpreissammlung ableiten. Dies konnte dazu führen, dass ein Gutachterausschuss, der seine Bodenrichtwerte alle zwei Jahre ermittelte und dies letztmals zum 1.1.1995 vorlegte, allein für steuerliche Zwecke eine zusätzliche Ermittlung der Bodenrichtwerte zum 1.1.1996 vornehmen musste.
Rz. 78
Probleme bereiteten in der Praxis solche Fälle, in denen der Gutachterausschuss einen Bodenrichtwert zum 1.1.1996 nicht zur Verfügung stellen kann oder nicht zur Verfügung stellen will. Hier bleibt für das Finanzamt als letzter Ausweg, eine Schätzung des Bodenrichtwerts vorzunehmen. Bei der Schätzung kann auf Bodenrichtwerte für angrenzende Bodenrichtwertzonen zurückgegriffen werden, wobei allerdings diese Ausgangsgrößen unter Berücksichtigung der Verhältnisse des zu bewertenden Grundstücks anzupassen sind. Ist ein solcher Rückgriff nicht möglich, kann auch daran gedacht werden, Bodenrichtwerte für die betreffende Bodenrichtwertzone, die der Gutachterausschuss für einen späteren oder früheren Stichtag aufgestellt hat, in einen Bodenrichtwert vom 1.1.1996 umzurechnen. Bei dieser Umrechnung kann dann die Wertentwicklung auf dem regionalen Grundstücksmarkt berücksichtigt werden, wobei allerdings hinterfragt werden muss, ob für das zu bewertende Grundstück Besonderheiten zu berücksichtigen sind, die sich nicht in der allgemeinen Wertentwicklung ausdrücken.
Zu der Problematik der Ableitungsmöglichkeit des Bodenwerts bei fehlenden Bodenrichtwerten vgl. Anm. 3 und 4 sowie Anm. 61–65.
Rz. 79
Ebenso bedenklich erscheint der Erlass des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen v. 26.2.2001, wonach bei Fehlen von Bodenrichtwerten für Gewerbegrundstücke aus Vereinfachungsgründen die Hälfte des Bodenrichtwerts für Wohngrundstücke angesetzt werden kann, wenn der Gutachterausschuss nicht bereit sein sollte, die erforderlichen Bodenrichtwerte nachträglich auf den 1.1.1996 zu ermitteln. Bei dieser Anweisung handelte es sich nicht um eine Feststellung von Bodenrichtwerten abweichend von denen des Gutachterausschusses, sondern lediglich um eine Hilfestellung für die Finanzämter, um überhaupt an Grundstückswerte "heranzukommen".
Rz. 80
Der BFH hatte mit Urteil v. 26.4.2006 entschieden, dass die Finanzämter nicht berechtigt sind, die für die Bedarfsbewertung von Rohbauland maßgebenden Bodenrichtwerte aus den von den Gutachterausschüssen für erschließungsbeitragsfreies Bauland mitgeteilten Bodenrichtwerten abzuleiten. Damit wich der BFH von der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung ab. Die bisher in R 160 Abs. 2 Sätze 1 und 7 ErbStR 2003 geregelte Ableitungsmöglichkeit der Bodenrichtwerte wurde durch dieses Urteil mit einer Besteuerungslücke ersetzt. Denn bei einer fehlenden Verpflichtung des Gutachterausschusses zur Ermittlung eines Bodenrichtwerts hatte das Finanzamt für Bewertungsstichtage vor dem 1.1.2007 keine Möglichkeit, einen Wertansatz zu bilden. Mit der Neufassung des § 145 Abs. 3 Satz 4 BewG i.d.F. des JStG 2007 sollte die Besteuerungslücke geschlossen werden. Danach ist es zulässig, in den Fällen, in denen für den Gutachterausschuss keine Verpflichtung zur Ermittlung eines Bodenrichtwerts besteht, den Bodenwert vom Finanzamt aus den Bodenrichtwerten vergleichbarer Flächen ableiten zu lassen. Das ist beispielsweise regelmäßig bei Bauerwartungsland oder Rohbauland der Fall. Insoweit übernimmt Tz. 39 Abs. 2 der gleich lautenden Erlasse v. 2.4.2007 die bisherige Richtlinienregelung für Bewertungsstichtage nach dem 31.12.2006.
Zu der Problematik der Ableitungsmöglichkeit des Bodenwerts bei fehlenden Bodenrichtwerten vgl. Anm. 3 und 4 sowie Anm. 61–65.
Rz. 81
Der zeitliche Anwendungszeitraum für die Bodenrichtwerte vom 1.1.1996 ist durch das Gesetz zur Änderung des Bewertungsgesetzes v. 10.12.2001 um fünf Jahre verlängert worden, so dass es erst zum 1.1.2007 zu einer weiteren Neuregelung durch das JStG 2007 gekommen ist.
Rz. 82
In dem Gesetzesantrag der Länder Schleswig-Holstein, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt v. 22.3.2001 war vorgesehen, unbebaute Grundstücke ab 2002 mit aktuellen Bodenrichtwerten zu bewerten, die von den Gutachterausschüssen nach dem Baugesetzbuch auf den 1.1. eines Kalenderjahres ermittelt und den Finanzämtern mitgeteilt ...