Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
1. Allgemeines
Rz. 6.4
Nach § 93 Abs. 1 Satz 1 BewG bildet jedes Wohnungseigentum und jedes Teileigentum eine wirtschaftliche Einheit. Demgemäß umfasst die wirtschaftliche Einheit des Wohnungseigentums grundsätzlich das Sondereigentum an einer Wohnung mit dem zugehörigen Miteigentumsanteil und die wirtschaftliche Einheit des Teileigentums das Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen und dem zugehörigen Miteigentumsanteil. Diese gesetzliche Regelung bedeutet aber nicht, dass der Umfang der wirtschaftlichen Einheit eines Wohnungseigentums und eines Teileigentums unabhängig von den Grundsätzen des § 2 BewG über den Umfang und die Zusammensetzung einer wirtschaftlichen Einheit zu bestimmen ist. Zutreffend führt der BFH in seiner Entscheidung v. 23.2.1979 aus, Sinn und Zweck der Fiktion des § 93 Abs. 1 Satz 1 BewG bestehe darin, den Besonderheiten des Wohnungseigentums (Teileigentums) bewertungsrechtlich Rechnung zu tragen. Dadurch werde einmal das Wohnungseigentum (Teileigentum) aus der Einheit des bebauten Grundstücks herausgenommen und diesem gegenüber verselbstständigt, zum anderen werde klargestellt, dass das Sondereigentum und der Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum nicht getrennt, sondern als Einheit zu bewerten seien. Eine weitere Bedeutung komme dem § 93 Abs. 1 Satz 1 BewG nicht zu. Dementsprechend könnten die nach § 93 Abs. 1 Satz 1 BewG fingierten wirtschaftlichen Einheiten zu einer (größeren) wirtschaftlichen Einheit zusammengefasst werden, wenn die Voraussetzungen des § 2 BewG erfüllt sind. Bei der Beurteilung, ob mehrere nebeneinanderliegende und verbundene Eigentumswohnungen eine wirtschaftliche Einheit bilden, komme es, ähnlich wie bei den in Baublöcken zusammengefassten und räumlich nebeneinanderliegenden Doppelhäusern und Reihenhäusern desselben Eigentümers neben den sonstigen Voraussetzungen des § 2 BewG entscheidend darauf an, ob die ursprünglich selbstständigen Wohnungen nach den Verhältnissen am Bewertungsstichtag ohne größere bauliche Veränderungen voneinander getrennt werden können und jede Wohnung für sich selbstständig veräußert werden kann. Was für nebeneinanderliegende und verbundene Eigentumswohnungen gilt, gilt entsprechend für übereinanderliegende und verbundene Eigentumswohnungen sowie bei einer Verbindung von Wohnungseigentum und Teileigentum mit zugehörigem Miteigentumsanteil.
2. Ländererlass zur Frage der Bildung wirtschaftlicher Einheiten nach der Verkehrsauffassung
Rz. 6.5
Für die Abgrenzung der wirtschaftlichen Einheit beim Wohnungseigentum (Teileigentum) ist somit entsprechend § 2 Abs. 1 BewG die Verkehrsauffassung maßgebend, wobei die örtliche Gewohnheit, die tatsächliche Übung, die Zweckbestimmung und die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit der einzelnen Wirtschaftsgüter zu berücksichtigen sind. Zur Bildung wirtschaftlicher Einheiten beim Wohnungseigentum (Teileigentum) nimmt der Ländererlass v. 20.10.1981 wie folgt Stellung:
„2. Bildung wirtschaftlicher Einheiten nach der Verkehrsauffassung
a) Grundsatz
Die Bedeutung des § 93 Abs. 1 Satz 1 BewG beschränkt sich darauf, das Wohnungseigentum als eine besondere Form des Miteigentums (nämlich eines mit dem Sondereigentum an einer Wohnung und ggf. weiteren Räumen verbundenen Miteigentums) auch bewertungsrechtlich zu verselbständigen. Auf das verselbständigte Wohnungseigentum sind deshalb auch § 2 Abs. 1 BewG und § 70 Abs. 2 BewG anzuwenden (BFH-Urteil vom 23.2.1979, BStBl II S. 547). Für die Abgrenzung der wirtschaftlichen Einheit ist daher in erster Linie die Verkehrsauffassung maßgebend.
b) Merkmal der selbständigen Veräußerbarkeit
Sind Einfamilienreihenhäuser, die auf einem Grundstück errichtet worden sind, nach entsprechender Teilung des Grundstücks selbständig veräußerbar, so bildet jedes Reihenhaus eine eigene wirtschaftliche Einheit (BFH-Urteil vom 2.10.1970, BStBl. II S. 822). Dieses BFH-Urteil ist bei Grundstücken, die in Wohnungseigentums-Rechte aufgeteilt sind, auf das Wohnungseigentum entsprechend anzuwenden. In den Fällen, in denen der Miteigentumsanteil mit dem Sondereigentum an mehreren abgeschlossenen Wohnungen oder Gewerberäumen verbunden ist, bildet daher jede sondereigentumsfähige Raumeinheit, die nach Verbindung mit einem eigenen Miteigentumsanteil selbständig veräußert werden könnte, jeweils eine wirtschaftliche Einheit. Weitere Voraussetzung ist jedoch stets die eigenständige Zweckbestimmung; Zubehörräume, wie insbesondere Kellerräume, sonstige Abstellräume und Garagen, sind daher ohne Rücksicht auf die zivilrechtliche Gestaltung in die wirtschaftliche Einh...