1. Gesetzliche Regelung
Rz. 60
Wiederkehrende Nutzungen und Leistungen können nicht nur von der Lebensdauer einer Person, sondern auch von der Lebenszeit mehrerer Personen abhängen. Erlischt in diesem Fall das Recht mit dem Tod des zuletzt Sterbenden, so sind für die Berechnung des Kapitalwerts das Lebensalter und das Geschlecht derjenigen Person maßgebend, für die sich der höchste Vervielfacher ergibt § 14 Abs. 3 BewG. Das wird meistens, muss aber entgegen der bisherigen Regelung nicht immer der Vervielfacher sein, der sich nach dem Lebensalter der jüngsten Person ergibt.
Rz. 61
Beispiel:
Eine Rente mit Beginn am 1.1.2020 läuft auf Lebzeiten eines Ehepaares. Der Ehemann ist 50 Jahre, die Ehefrau 54 Jahre alt. Für die Ermittlung des Kapitalwerts ist der Vervielfacher maßgebend, der sich nach dem Alter der Ehefrau ergibt, weil dieser Vervielfacher (15,087) höher ist als der sich nach dem Alter des jüngeren Ehemannes ergebende Vervielfacher (15,001).
Rz. 62
Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn an einem vom Schenker vorbehaltenen lebenslangen Nießbrauchsrecht bereits ein Nießbrauchsrecht eines Dritten besteht. Auch dann sind bei der Schenkungsteuerfestsetzung der vorrangige und der nachrangige lebenslange Nießbrauch (als einheitliche Last) nur einmal mit dem höheren Vervielfältiger gemäß § 14 BewG zu berücksichtigen. Der Nießbrauch des Schenkers erhält im Ergebnis also einen Rang nach dem Nießbrauch des Dritten. § 6 Abs. 1 BewG gilt nicht für einen am Stichtag entstandenen, aber nachrangigen Nießbrauch.
Rz. 62.1
Erlischt das Recht mit dem Tod des zuerst Sterbenden, so sind Lebensalter und Geschlecht derjenigen Person maßgebend, für die sich der niedrigste Vervielfacher ergibt (§ 14 Abs. 3 BewG). Das wird meistens, muss aber nicht immer der Vervielfacher sein, der sich nach den Verhältnissen der ältesten Person ergibt. Dies zeigt das vorhergehende Beispiel, in dem der dem Lebensalter des jüngeren Ehemannes entsprechende Vervielfacher niedriger ist als der sich nach dem höheren Lebensalter der Ehefrau ergebende Vervielfältiger.
2. Voraussetzung für die Anwendung der Vorschrift
Rz. 63
Voraussetzung für die Anwendung des § 14 Abs. 3 BewG ist, dass den mehreren Personen ein einheitliches Nutzungsrecht gemeinschaftlich zusteht oder dass die mehreren Personen einheitlich und gemeinschaftlich zu wiederkehrenden Leistungen verpflichtet sind. Die Mehrheit von Personen muss also nebeneinander und nicht nacheinander berechtigt oder verpflichtet sein.
Rz. 64
Beispiel 1:
Ein Ehepaar (Ehemann 74 Jahre, Ehefrau 58 Jahre alt) erhält ab 1.1.2020 eine jährliche Rente von 2.000 EUR. Die Rente erlischt mit dem Tode des zuerst Sterbenden.
Es ist zu rechnen: 2.000 × 8,712 = 17.424 EUR.
Rz. 65
Beispiel 2:
Wie Beispiel 1, die Rente erlischt jedoch mit dem Tod des zuletzt Sterbenden. Es ist zu rechnen: 2.000 × 14,318 = 28.636 EUR.
Rz. 66
Ansprüche auf Renten usw. mehrerer Personen, die zu Lebzeiten beider eine bestimmte Höhe haben und sich nach dem Tod des Erstversterbenden vermindern, sind wie folgt zu kapitalisieren:
Rz. 67
Der nach dem Tod des Erstversterbenden verbleibende Teil wird mit dem höheren Vervielfacher kapitalisiert, der sich nach den Verhältnissen der mehreren Personen ergibt; das wird meistens, muss aber nicht immer der Vervielfacher sein, der sich nach dem Lebensalter des jüngeren der beiden ergibt. Der bis zum Tod des Erstversterbenden zu zahlende Betrag wird mit dem niedrigeren Vervielfacher kapitalisiert, der sich nach den Verhältnissen der mehreren Personen ergibt; das wird meistens, muss aber nicht immer der Vervielfältiger sein, der sich nach dem Lebensalter des älteren der beiden ergibt. Die auf diese Weise errechneten beiden Beträge werden zusammengezählt.
Rz. 68
Beispiel 1:
Ehemann 74 Jahre, Ehefrau 58 Jahre alt. |
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Rente bei Lebzeiten beider Ehegatten |
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3.000 EUR |
Rente nach dem Tod des Erstversterbenden |
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2.000 EUR. |
Es ist zu rechnen: |
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2.000 × 14,318 (Ehefrau) |
= 28.636 EUR |
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1.000 × 8,712 (Ehemann) |
= 8.712 EUR |
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Gesamtwert |
37.348 EUR |
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Rz. 69
Beispiel 2:
Ehemann 50 Jahre, Ehefrau 54 Jahre alt. |
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Rente bei Lebzeiten beider Ehegatten |
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3.000 EUR |
Rente nach dem Tod des Erstversterbenden |
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2.000 EUR. |
Es ist zu rechnen: |
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2.000 × 15,087 (Ehefrau) |
= 30.174 EUR |
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1.000 × 15,001 (Ehemann) |
= 15.001 EUR |
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Gesamtwert |
45.175 EUR |
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Rz. 70
In beiden Fällen ist der nach dem Tod des Erstversterbenden verbleibende Teil der Rente mit dem sich nach dem Lebensalter der Ehefrau ergebenden Vervielfacher zu kapitalisieren, obwohl der Ehemann in den beiden Beispielen einmal der ältere und einmal der jüngere der beiden Ehegatten ist. Dies beruht, wie oben schon dargelegt, auf der unterschiedlichen Lebenserwartung von Frauen und Männern.
Der Tod des ersten Rentenberechtigten führt in den Fällen des § 14...