Prof. Dr. Franz Jürgen Marx
Rz. 81
Bebaute Grundstücke werden in § 75 Abs. 1 BewG abschließend differenziert. Danach sind Mietwohngrundstücke, Geschäftsgrundstücke, gemischtgenutzte Grundstücke, Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser und sonstige bebaute Grundstücke zu unterscheiden. Maßgebend für die Einordnung in die eine oder andere Grundstücksart ist die tatsächliche Hauptnutzung am Bewertungsstichtag.
Rz. 82
Ein Bauwerk ist ein Gebäude i.S.d. BewG, wenn es Menschen oder Sachen durch räumliche Umschließung Schutz gegen äußere Einflüsse gewährt, den Aufenthalt von Menschen gestattet, fest mit dem Grund und Boden verbunden, von einiger Beständigkeit und ausreichend standfest ist. Eine räumliche Umschließung, die Schutz gegen Witterungseinflüsse gewähren soll, kann auch vorliegen, wenn Außenwände an allen Seiten fehlen. Entscheidend ist, dass das Bauwerk nach der Verkehrsauffassung einen Raum umschließt und dadurch gegen Witterungseinflüsse schützt (z.B. Markthallen, Industriehallen, Bahnsteighallen).
Rz. 83
Die feste Verbindung mit dem Boden ist zunächst dann gegeben, wenn einzelne oder durchgehende Fundamente vorhanden sind, das Bauwerk auf diese gegründet und dadurch mit dem Boden verankert ist. Ausnahmsweise liegt eine "feste Verbindung" auch vor, wenn das Bauwerk lediglich durch sein Eigengewicht auf dem Grundstück festgehalten wird, sofern nur dieses Eigengewicht einer Verankerung gleichwertig ist. Bei Containerbauten ist nach dem Erscheinungsbild zu prüfen, ob es sich um ortsfeste Gebäude handelt. Eine auf dem Wasser schwimmende Anlage ist mangels fester Verbindung mit dem Grund und Boden und wegen fehlender Standfestigkeit bewertungsrechtlich kein Gebäude. Demgegenüber kann ein Mobilheim, das auf einer Mietparzelle eines Campingplatz steht, bei einer festen Verankerung auf dem Grundstück und einer beabsichtigten Dauernutzung zu Ferienzwecken steuerlich als Gebäude zu qualifizieren sein. Die Kriterien der festen Verankerung und der Dauernutzung dürften auch für die Einordnung von sog. Tiny Houses maßgebend sein.
Rz. 84
Die Benutzbarkeit des Gebäudes beginnt mit der Bezugsfertigkeit. Gebäude sind als bezugsfertig anzusehen, wenn den zukünftigen Bewohnern oder sonstigen Benutzern zugemutet werden kann, sie zu benutzen; die Abnahme durch die Bauaufsichtsbehörde ist nicht entscheidend (§ 72 Abs. 1 Sätze 2 u. 3 BewG). Unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung sind objektive Kriterien bei der Beurteilung der Bezugsfertigkeit heranzuziehen. Ein Gebäude ist danach als bezugsfertig anzusehen, wenn wesentliche Bauarbeiten durchgeführt sind und nur noch unwesentliche Restarbeiten, etwa Malerarbeiten, verbleiben. Grundsätzlich wird auf die Bezugsfertigkeit des ganzen Gebäudes und nicht der einzelnen Wohnungen oder Räume abgestellt. Nach einer neueren Entscheidung des BFH ist ein neu errichtetes Büro- und Geschäftsgebäude, das nach seiner Funktion der Vermietung einzelner, entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Mieter gestalteter Räumlichkeiten dienen soll, bezugsfertig, wenn es potentiellen Mietern möglich ist, die Büro- oder Geschäftsräume zu nutzen. Neben der Fertigstellung der für das Gebäude wesentlichen Bestandteile (z.B. Außenwände, Fenster, tragende Innenwände, Estrichböden, Dach, Treppenhaus) wird danach vorausgesetzt, dass zumindest ein Teil des Gebäudes benutzbar ist. Wird ein Gebäude in Bauabschnitten errichtet, so ist nach § 74 Satz 2 BewG der fertiggestellte und bezugsfertige Teil als benutzbares Gebäude anzusehen. Die Errichtung in Bauabschnitten liegt vor, wenn ein baurechtlich genehmigtes Gebäude nicht in einem Zuge bezugsfertig erstellt wird, sondern einzelne Teile des Gebäudes (z. B. einzelne Etagen, einzelne Wohnungen, einzelne Gebäudetrakte oder Gewerbeflächen) in besonderen Bauabschnitten errichtet werden und die Unterbrechung nicht nur technisch bedingt oder vorübergehend (z.B. aufgrund der Witterung) ist. Das ist nach objektiven Kriterien zu beurteilen. Am Ende der Benutzbarkeit der Gebäude fällt das Grundstück wieder in den Zustand eines unbebauten Grundstücks.
Rz. 85
Wesentliche Bestandteile des Gebäudes sind die zu seiner Herstellung eingefügten Sachen (§ 94 Abs. 2 BGB). "Einfügen zur Herstellung" bedeutet, dass eine Sache zwischen Teile eines Gebäudes gebracht und durch Einpassen an eine für sie bestimmte Stelle mit den sie umschließenden Stücken vereinigt und damit ihrer Zweckbestimmung zugeführt wird. Als Beispiele werden genannt: Mauerwerk, Wandfliesen, Türen, Treppen, Fenster, fest eingebaute Jalousien, Waschbecken, Toiletten, eingebaute Möbel und Öfen, Badeeinrichtungen, Wasser-, Gas- und Elektroinstallationen, Zentralheizungs-, Warmwasser- und Brennstoffversorgungsanlagen und Aufzüge, auch wenn sie nachträglich eingebaut worden sind.
Rz. 86
Ob Fotovoltaikanlagen wesentlicher Bestandteil eines Gebäudes sind, hängt maßgeblich von der Art der Installation, von der Zwecksetzun...