Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 37
Mit Einführung der für Bewertungsstichtage ab dem 1.1.2016 geltenden Grundbesitzbewertung wurde der Begriff Gebäudeart gewählt, der den bis dato geltenden Begriff der Gebäudeklasse abgelöst hat (vgl. Kommentierung zu § 190 BewG bis 31.12.2015 Rz. 21).
Rz. 38
Bei der Ermittlung der nach Anlage 24, Teil II zum BewG i.d.F. ab 1.1.2016 anzunehmenden Gebäudeart ist auf das gesamte Gebäude oder einen baulich selbstständig abgrenzbaren Teil des Gebäudes (Gebäudeteil) abzustellen. Dabei ist für die Einstufung allein das durch die Hauptnutzung des Gebäudes bzw. des Gebäudeteils entstandene Gesamtgepräge maßgebend. Die zur Hauptnutzung gehörenden üblichen Nebenräume, wie z.B. Lager- und Verwaltungsräume bei Warenhäusern, sind entsprechend dem Gesamtgepräge der Hauptnutzung zuzurechnen.
Rz. 39
Für die nicht in der Anlage 24, Teil II zum BewG i.d.F. ab 1.1.2016 aufgeführten Gebäudearten sind die Regelherstellungskosten aus den Regelherstellungskosten vergleichbarer Gebäudearten abzuleiten. Dabei ist auf die Gebäudeart abzustellen, die mit der Hauptnutzung des Gebäudes die größten Übereinstimmungen aufweist. Die Auffangklausel soll es ermöglichen, dass alle denkbaren und mitunter nicht im Einzelnen aufgeführten Gebäudearten bewertet werden können. Das Abstellen auf die Gebäudeart mit der größten Übereinstimmung kann in der Praxis schwierig sein und zu unterschiedlichen Einschätzungen zwischen Steuerpflichtigen und Finanzverwaltung führen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der erheblichen Wertunterschiede in den einzelnen Gebäudearten.
Rz. 39.1
Die Gebäudearten 1.01. bis 5.1. der Anlage 24, Teil II zum BewG i.d.F. ab 1.1.2016 werden den Wohngebäuden und die Gebäudearten 5.2 bis 18.2 den Nichtwohngebäuden zugerechnet. Der Einteilung kommt beispielsweise bei der Anwendung des maßgebenden Baupreisindexes besondere Bedeutung zu (vgl. Rz. 65 ff.).
Rz. 39.2
Bei Ein- und Zweifamilienhäusern, bei denen das Dachgeschoss aufgrund der Größen- bzw. Höhenverhältnisse (lichte Höhe < 1,25 m; vgl. Rz. 101 f.) nicht in die Berechnung der Brutto-Grundfläche eingeflossen ist, sind u.E. die RHK für Ein- und Zweifamilienhäuser anhand der Gebäudeart 1.03, 1.031, 2.03, 3.03, 1.13, 1.131, 2.13, 3.13, 1.23, 1.231, 2.23, 3.23, 1.33, 1.331, 2.33 oder 3.33 zu bestimmen. Dies kann beispielsweise bei Bungalows in Betracht kommen.
Rz. 40
Für Wohnungseigentum in Gebäuden, die wie Ein- und Zweifamilienhäuser gestaltet sind, ist aufgrund der baulichen Gestaltung die Gebäudeart für Ein- und Zweifamilienhäuser anzusetzen.
Rz. 41
Bei Wohnungs- und Teileigentum mit Tiefgaragenstellplatz kann grundsätzlich von einer wirtschaftlichen Einheit ausgegangen werden. In diesem Fall wird der Tiefgaragenstellplatz als gesonderter Gebäudeteil unter Anwendung der Regelherstellungskosten der Gebäudeart 14.3 (Tiefgaragen) bewertet.
Rz. 42
Teileigentum ist nach Gebäudeart 19 der Anlage 24, Teil II zum BewG i.d.F. ab 1.1.2016 in Abhängigkeit von der baulichen Gestaltung den Gebäudearten 1 bis 18 zuzuordnen. Dabei ist regelmäßig allein auf das Teileigentum bzw. dessen Nutzung abzustellen; das gilt sowohl für die Bestimmung der Gebäudeart als auch der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer. Bei der Bewertung von Teileigentum (z.B. Versicherungsbüro, Rechtsanwalt-, Notar- oder Arztpraxis), das sich in einem mehrgeschossigen Wohnhaus, welches baulich wie ein vergleichbares Wohnungseigentum gestaltet ist, befindet, kann es sachgerecht sein, die Regelherstellungskosten für Wohnungseigentum heranzuziehen (s. Rz. 32).
Rz. 42.1
Bei Geschäftsgrundstücken in Form von Einkaufzentren kann u.E. auch mit Blick auf die vergleichbare wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer nach Anlage 22 BewG i.d.F. bis 31.12.2022 auf die Gebäudeart "Kauf-/Warenhäuser" (GA 13.2) abgestellt werden. Bei Möbelhäusern mit einer wertigen baulichen Gestaltung, insbesondere bei mehrgeschossigen Gebäuden, dürfte die Einordnung in die Gebäudeart "Kauf-/Warenhäuser" (GA 13.2) zutreffend sein. Sind die Möbelhäuser dagegen beispielsweise nur eingeschossig, dürfte die Einordnung in die Gebäudeart "Verbrauchermärkte" (GA 13.1) maßgebend sein.
Rz. 43
Aus der nachfolgenden Tabelle ergeben sich einige Beispielsfälle, die im Allgemeinen eine sachgerechte Ableitung der Gebäudeart (GA) und der jeweils maßgebenden wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer ermöglichen:
Nicht in der Anlage 24, Teil II BewG i.d.F. ab 1.1.2016 aufgeführte GA |
Vergleichbare GA nach Anlage 24, Teil II BewG i.d.F. ab 1.1.2016 |
Gesamtnutzungsdauer nach Anlage 22 BewG i.d.F. bis 31.12.2022 |
GA |
Apotheke, Boutique, Laden |
Kauf-/Warenhäuser |
50 Jahre |
13.2 |
Baumarkt, Discountermarkt, Gartenzentrum |
Verbrauchermärkte |
30 Jahre |
13.1 |
Gewerblich genutzte freistehende Überdachung |
Lagergebäude ohne Mischnutzung, Kaltlager |
40 Jahre |
16.1 |
Nicht in der Anlage 24, Teil II BewG i.d.F. ab 1.1.2016 aufgeführte GA |
Vergleichbare ... |