Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
1. Allgemeines
Rz. 121
Nach § 92 Abs. 4 BewG ist eine vertragliche Abbruchverpflichtung durch einen "entsprechenden Abschlag" zu berücksichtigen. Hieraus ergibt sich nicht, wie die Höhe dieses Abschlags zu bemessen ist. Einen Maßstab für die Höhe des Abschlags enthalten auch nicht die vergleichbaren gesetzlichen Abschlagsregelungen in § 82 Abs. 1 Nr. 3 und § 94 Abs. 3 Satz 3 BewG. Nähere Anweisungen geben die BewRGr v. 19.9.1966 und die Fortschreibungs-Richtlinien v. 2.12.1971 (vgl. hierzu § 94 BewG Rz. 17). Der BFH hat sich jedoch in den in vorstehender Anm. 110 aufgeführten Entscheidungen mit der Abbruchverpflichtung befasst. Er hält es nach der Entscheidung v. 3.7.1981 für sachgerecht, die Höhe des Abschlags grundsätzlich nach der Verkürzung der Lebensdauer des Gebäudes infolge der Abbruchsverpflichtung zu bemessen. Der so ermittelte Abschlag darf nicht um die fiktive Altersminderung für die Zeit zwischen dem Hauptfeststellungszeitpunkt und dem Fortschreibungszeitpunkt gekürzt werden. Im Einzelnen ergibt sich für die beiden Bewertungsverfahren (Ertragswertverfahren – Sachwertverfahren) Folgendes:
2. Ertragswertverfahren
Rz. 122
Bei der Bewertung von bebauten Grundstücken nach dem Ertragswertverfahren ergibt sich der Abschlag weiterhin aus der bei § 82 BewG Rz. 8 abgedruckten Tabelle und der Ergänzungstabelle in vorstehender Rz. 120. Die Höhe des Abschlags bemisst sich jedoch – abweichend von Abschn. 7 Abs. 2 Sätze 3 und 4 der Fortschreibungs-Richtlinien v. 2.12.1970 – stets nach der Zeit vom Feststellungszeitpunkt bis zum Zeitpunkt des Abbruchs.
Beispiel
Auf Grund eines Erbbaurechts wurde im Jahr 1960 in einer Gemeinde mit 70.000 Einwohnern ein im Ertragswertverfahren zu bewertendes Einfamilienhaus errichtet.
Massivbau, Jahresrohmiete 7.200 DM. Die Dauer des Erbbaurechts beträgt im Feststellungszeitpunkt 1.1.1995 noch 34 Jahre. Das Gebäude muss nach der getroffenen Vereinbarung beim Erlöschen des Erbbaurechts Ende 2029 abgebrochen werden.
Es ergibt sich die folgende Berechnung:
Gesamtwert 7.200 × 11,8 (Anl. 7 zum BewG) = |
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84.960 DM |
Abschlag wegen der Abbruchverpflichtung: |
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Grundstückswert |
84.960 DM |
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Bodenwertanteil (Anl. 5 zu Abschn. 26–29 BewRGr) 7.200 × 2,22 = |
./. 15.984 DM |
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Gebäudewert |
68.976 DM |
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Abschlag wegen Abbruchverpflichtung (restliche Lebensdauer: Feststellungszeitpunkt 1.1.1995 bis Ende 2029 = 34 Jahre) nach Tabelle in Rz. 120 = 25 % |
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= |
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./. 17.244 DM |
verbleibt Gesamtwert |
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67.716 DM |
Bodenwertanteil |
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./. 15.984 DM |
Gebäudewertanteil |
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51.732 DM |
Bei der Laufzeit des Erbbaurechts von noch 34 Jahren im Feststellungszeitpunkt entfallen nach § 92 Abs. 3 Nrn. 1 u. 2 BewG vom Bodenwert auf die wirtschaftliche Einheit des Erbbaurechts 85 % und auf die wirtschaftliche Einheit des belasteten Grundstücks 15 %. Es ergeben sich somit die folgenden Einheitswerte:
Einheitswert für die wirtschaftliche Einheit des Erbbaurechts:
1. Anteil am Bodenwert = |
13.586 DM |
2. Gebäudewert |
+ 51.732 DM |
Einheitswert, abgerundet nach § 30 BewG auf volle hundert DM |
65.300 DM |
umgerechnet in und abgerundet auf volle Euro |
33.387 EUR |
Einheitswert für das belastete Grundstück
Anteil am Bodenwert = |
2.397 DM |
Einheitswert, abgerundet nach § 30 BewG auf volle hundert DM |
2.300 DM |
umgerechnet in und abgerundet auf volle Euro |
1.175 EUR |
Rz. 123– 124
Einstweilen frei.
3. Sachwertverfahren
Rz. 125
Zur Berechnung des Abschlags wegen einer Abbruchverpflichtung bei der Einheitswertermittlung im Sachwertverfahren führen die Ländererlasse v. 8.10.1982 Folgendes aus:
„Der BFH hat in seinem Urt. III R 53/79 v. 3.7.1981 (BStBl. II 1981, 761) die bisherigen Anweisungen zur Bemessung eines Abschlags wegen einer Abbruchverpflichtung bei den nach dem 31.12.1963 errichteten und im Sachwertverfahren zu bewertenden Gebäuden auf fremdem Grund und Boden (vgl. hierzu Abschn. 7 der Fortschreibungs-Richtlinien v. 2.12.1971, aaO Anm. 30) nicht gebilligt.
Er ist der Auffassung, dass der Abschlag nach dem Verhältnis des tatsächlichen Alters des Gebäudes im jeweiligen Feststellungszeitpunkt zu der verkürzten Gesamtlebensdauer zu bemessen sei. Der so geschätzte Abschlag dürfe nicht um die fiktive Alterswertminderung für die Zeit zwischen dem Hauptfeststellungszeitpunkt und dem Fortschreibungszeitpunkt gekürzt werden. Für die Anwendung dieses Urteils ergibt sich Folgendes:
1. Bei Gebäuden, die nach dem 31.12.1963 errichtet wurden, ist der Abschlag wie folgt zu berechnen:
Um den sich danach ergebenden Betrag ist der Gebäudesachwert zu kürzen.
2. Bei Gebäuden, die vor dem 1.1.1964 errichtet wurden, ist der sich nach der Berechnungsformel unter Nr. 1 ergebende Hundertsatz des Abschlags auch weiterhin um den Hundertsatz der Alterswertminderung...