1. Eltern und Voreltern, soweit sie nicht zur Steuerklasse I gehören (Abs. 1 StKl. II Nr. 1)
Rz. 47
Eltern und Voreltern fallen bei lebzeitigen Zuwendungen unter die Steuerklasse II, bei Erwerben von Todes wegen unter die Steuerklasse I. Sowohl die leiblichen Eltern (einschließlich des sog. nichtehelichen Vaters) als auch die Adoptiveltern. Bei einer künstlichen Befruchtung ist Mutter stets die Frau, die das Kind geboren hat (§ 1591 BGB), auch wenn sie nur die "Leihmutter" war. Stiefeltern gehören nicht dazu, sie fallen in die Steuerklasse II (§ 15 Abs. 1 Steuerklasse II Nr. 4 ErbStG).
Bei Unterhaltsleistungen greifen zudem die Steuerbefreiungen nach §§ 13 Abs. 1 Nr. 6 und 12 ErbStG ein.
2. Geschwister (Abs. 1 StKl. II Nr. 2)
Rz. 48
Sowohl vollbürtige als auch halbbürtige Geschwister fallen darunter. Das Gesetz macht insoweit keinen Unterschied.Folglich gehören letztere nach Auffassung der Finazverwaltung auch dazu (s. H E 15.1 ErbStH 2019).
Rz. 49
Ob auch Stiefgeschwister darunter fallen ist strittig. Die Finanzverwaltung legt den Begriff bisher restriktiv aus, obwohl die angeblich dafür sprechende Entscheidung des BFH sich nur auf "Pflegekinder" im Rahmen der Steuerklasse I Nr. 2 bezog (s. auch Rz. 31). Aufgrund der Zuordnung des Ehegatten eines Stiefkinds in die Steuerklasse II Nr. 5 als Schwiegerkind (s. Rz. 53) durch den BFH ist die ausdrückliche Aufführung von Stiefkindern neben Kindern in der Steuerklasse I Nr. 2 durch den Gesetzgeber m.E. als völlige Gleichstellung in dem gesamten Gefüge der Steuerklassen aufzufassen. Die Finanzverwaltung stellt zudem nun auch die Stiefkinder von Geschwistern den Kindern von Geschwistern im Rahmen der Steuerklasse II Nr. 3 gleich (s. Rz. 51).
Rz. 50
Mit Urteil vom 24.4.2013 hat der BFH entschieden, dass Geschwister oder sonstige Erwerber der Steuerklasse II (sog. Einstandsgemeinschaften) nicht verlangen können, erbschaftsteuerrechtlich mit Ehegatten und Lebenspartnern i.S.d. LPartG gleichgestellt zu werden, unabhängig von tatsächlichen Umständen wie gemeinsames Zusammenleben oder langjährige Fürsorge. Besteht tatsächlich eine Lebensgemeinschaft, wird für den Fall der unentgeltlichen Pflege immerhin auch der Pflegepauschbetrag i.H.v. 20.000 Euro nach § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG gewährt (s. § 13 ErbStG Rz. 58).
3. Die Abkömmlinge ersten Grades von Geschwistern (Abs. 1 StKl. II Nr. 3)
Rz. 51
Es handelt sich dabei um Neffen und Nichten im allgemeinen Sprachgebrauch – unabhängig von der Blutsverwandtschaft bei der gesetzlichen Erbfolge. Auch Adoptivkinder und Stiefkinder fallen unter die Abkömmlinge der Geschwister. Die Enkelkinder von Geschwistern (sog. Großneffen und Großnichten) fallen unter Steuerklasse III. Die Geschwister der Eltern (Onkel, Tante) sowie deren Kinder (Base, Vetter, Cousin oder Cousine) fallen unter Steuerklasse III.
Gestaltungstipp:
Bei Übertragungen von Todes wegen auf den Schwager oder die Schwägerin des Erblassers ist empfehlenswert, dass diese ihren Erwerb ausschlagen und dann deren Kinder (Neffen oder Nichten des Erblassers) die Zuwendung erhalten, sofern diese die Ersatzerben sind (§ 2096 BGB). Statt nach Steuerklasse III, wird der Erwerb dann nach Steuerklasse II Nr. 3 ErbStG besteuert. Bei mehreren Neffen oder Nichten gibt es dann auch noch mehrere Freibeträge.
4. Stiefeltern (Abs. 1 StKl. II Nr. 4)
Rz. 52
Stiefvater ist der Ehemann der Mutter, der nicht der leibliche Vater deren Kinder ist. Die Eltern der Stiefeltern sind nicht privilegiert, sie erwerben in Steuerklasse III.
5. Schwiegerkinder (Abs. 1 StKl. II Nr. 5)
Rz. 53
Schwiegerkind ist der Ehemann im Verhältnis zu den Eltern seiner Frau und die Frau im Verhältnis zu den Eltern ihres Mannes. Auch der Ehegatte eines Stiefkinds ist Schwiegerkind des Elternteils (sog. Stiefschwiegerkind).
Rz. 54
Gestaltungstipp:
Statt der direkten Schenkung an den Schwiegersohn (StKl. II) empfiehlt es sich, erst der Tochter zu schenken (StKl. I), anschließend schenkt diese dann ihrem Ehemann (StKl. I). Zu beachten ist jedoch dabei, dass eine Kettenschenkung (s. § 7 ErbStG Rz. 49) nur dann vorliegt, wenn nach dem Gesamtplan und den subjektiven Vorstellungen der Beteiligten der zunächst Bedachte eine eigene Entscheidungsmöglichkeit hinsichtlich der Verwendung der Zuwendung hat und nicht bloße Durchgangsperson ist. Schädlich sind in diesem Zusammenhang die Beteiligung des (Erst-)Schenkers...