Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
1. Grundsätzliches
Rz. 13
Das Vergleichswertverfahren des Bewertungsgesetzes trägt einer typisierenden Wertermittlung Rechnung. Die Tatsache, dass nach dem Wortlaut des § 183 Abs. 1 BewG bei der Anwendung des Vergleichswertverfahrens Kaufpreise von Grundstücken herangezogen werden dürfen, die hinsichtlich der ihren Wert beeinflussenden Merkmale mit dem zu bewertenden Grundstücke "hinreichend" übereinstimmen, dient wie beim Vergleichswertverfahren nach der WertV nicht nur der Verwaltungsvereinfachung. Mit der Regelung einer lediglich hinreichenden, also nicht absoluten, Übereinstimmung der Vergleichsgrundstücke mit dem zu bewertenden Grundstück gelingt es, den Kreis der Vergleichsgrundstücke nicht über Gebühr einzuengen.
2. Ableitung aus Vergleichspreisen
Rz. 14
Grundlage für die Ermittlung von Grundbesitzwerten nach dem Vergleichswertverfahren sind die von den Gutachterausschüssen mitgeteilten Vergleichspreise. Lediglich nachrangig kann auf die in der Finanzverwaltung vorliegenden Unterlagen zu vergleichbaren Kauffällen zurückgegriffen werden. Die Ableitung des gemeinen Werts aus Vergleichspreisen setzt voraus, dass der Gutachterausschuss Vergleichsgrundstücke und die dafür maßgebenden Vergleichspreise ermittelt hat.
Rz. 15
Die Ableitung des gemeinen Werts aus Vergleichspreisen bezieht sich sowohl auf den Grund und Boden als auch auf die aufstehenden Gebäude. Eine getrennte Bewertung der einzelnen Komponenten findet somit nicht statt.
Rz. 16
Dabei ist zur Ermittlung von zuverlässigen Vergleichspreisen das Vorhandensein einer hinreichend großen Anzahl von Verkaufsfällen vorauszusetzen. Wie groß die Anzahl der Verkaufsfälle sein muss, um eine zuverlässige Ableitung zu ermöglichen, ist nicht eindeutig geklärt. Außerdem können die Gutachterausschüsse auch Vergleichsgrundstücke aus vergleichbaren Gebieten heranziehen, wenn sich in dem Gebiet, in dem das zu bewertende Grundstück liegt, nicht genügend Kaufpreise finden lassen. Somit kann in der Praxis das Vergleichswertverfahren auch angewendet werden, wenn nur eine geringe Anzahl an Vergleichskaufpreisen festzustellen ist, jedoch Vergleichspreise bei sachverständiger Beurteilung aus anderen Gebieten zu Grunde gelegt werden können. Deshalb dürfte der Frage, wie viele Verkaufsfälle vorliegen müssen, damit eine Ableitung möglich ist, lediglich nachrangige Bedeutung zukommen. Es wird im Allgemeinen wohl davon ausgegangen werden können, dass ein Stichprobenumfang von 30 Kaufpreisen eine statistisch zuverlässige Ableitung ermöglicht.
Rz. 17
Entscheidendes Gewicht wird bei der Ermittlung von Vergleichsgrundstücken und Vergleichspreisen den konkreten örtlichen Verhältnissen des Grundstücksmarkts beizumessen sein. So wird beispielsweise bei mehreren nebeneinander liegenden Reihenhäusern, die alle gleich ausgestattet und gestaltet sind, der tatsächlich für ein Reihenhaus erzielte Kaufpreis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zu Stande gekommen ist, ausreichen, um auf den gemeinen Wert des Nachbarreihenhauses schließen zu können. Ohnehin werden die Gutachterausschüsse nur dann Vergleichskaufpreise veröffentlichen, wenn in bestimmten Regionen eine Vielzahl vergleichbarer Grundstücke vorhanden ist und sich insoweit zuverlässige Vergleichskaufpreise feststellen lassen.
Rz. 18
Bei Eigentumswohnungen und Reihenhaussiedlungen kann in der Praxis im Allgemeinen von einer entsprechenden aussagekräftigen Sammlung von Vergleichsgrundstücken und Vergleichspreisen durch die Gutachterausschüsse ausgegangen werden. Dagegen werden individuell errichtete Einfamilienhäuser ebenso wie Zweifamilienhäuser in der Praxis häufig so stark voneinander abweichen, dass Vergleichsgrundstücke seltener feststellbar sein werden. Somit ist in derartigen Fällen die erfolgreiche Ermittlung von Vergleichspreisen dementsprechend nur ausnahmsweise zu erwarten.
Rz. 19
Im Regelfall werden die Veröffentlichungen des Gutachterausschusses von den Sachverständigen für die Bewertung von unbebauten und bebauten Grundstücken genutzt und unter Berücksichtigung der individuellen Erläuterungen des Gutachterausschusses bezüglich des zur Verfügung gestellten Datenmaterials ausgewertet. Nach der Konzeption des Bewertungsgesetzes wird bei der Ermittlung des Grundbesitzwerts nach wie vor ein typisiertes Bewertungsverfahren angestrebt, bei dem nicht jede einzelne Individualität berücksichtigt werden kann. Deshalb ist es nicht möglich, innerhalb des Vergleichswertverfahrens des Bewertungsgesetzes solche Vergleichspreise des Gutachterausschusses heranzuziehen, die lediglich aus Durchschnittskaufpreisen abgeleitet worden sind. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Durchschnittskaufpreise (Kaufpreismittel) aus einer Vielzahl von Kauffä...