Prof. Dr. Franz Jürgen Marx
Rz. 60
Aufgrund der gegenüber dem vor 1974 geltenden Recht vereinfachten gesetzlichen Zerlegungsmaßstäbe, hat es der Gesetzgeber schon damals für erforderlich gehalten, ein alternatives Zerlegungsergebnis für die Gemeinden zu ermöglichen. Einigen sich die Gemeinden mit dem Steuerschuldner über die Zerlegungsanteile, so sind diese nach § 22 Abs. 1 Satz 3 GrStG für die Besteuerung maßgebend.
Rz. 61
Nach § 22 Abs. 3 Satz 2 GrStG i.d.F. des GrStRefG können sich die Gemeinden mit dem Steuerschuldner auf Zerlegungsanteile einigen, wenn die Zerlegung nach Flächengrößen zu einem offenbar unbilligen Ergebnis führt. Für die Einigung kann jeder beliebige Maßstab gewählt werden, der von der gesetzlichen Regelung abweicht. Während das bis zum 31.12.2024 geltende Recht die Option sowohl für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft als auch für Grundstücke vorsieht, gilt das Wahlrecht ab 2025 nur für Grundstücke.
Rz. 62
Diese Optionen nach geltendem und zukünftigem Recht stellen eine Besonderheit des Besteuerungsverfahrens dar, das von einer abschließenden gesetzlichen Regelung und von einer nicht-marktmäßigen Austauschbeziehung zwischen Steuerpflichten und Fiskus geprägt ist. Eine vergleichbare Regelung findet sich in § 33 Abs. 2 GewStG. Dort hat der BFH die Einigung als eine Vereinbarung sui generis beurteilt, die einer tatsächlichen Verständigung ähnlich ist. Nach Inhalt und Wirkung ist sie als öffentlich-rechtlicher Vertrag zu qualifizieren, sodass §§ 54 f. VwVfG sinngemäß anzuwenden sind.
Rz. 63
Ein zwischen den Beteiligten vereinbarter Zerlegungsmaßstab tritt bei diesem Arrangement an die Stelle des gesetzlichen Zerlegungsmaßstabs für die Grundsteuer. Die Umsetzung erfolgt mit dem Zerlegungsbescheid. Eine Verständigung gilt so lange, bis sich alle Beteiligten erneut auf einen anderen Zerlegungsmaßstab einigen und dies gemeinsam beantragen. Längstens gilt die Vereinbarung für die Dauer eines Hauptfeststellungszeitraums. Sie kann während eines Hauptfeststellungszeitraums ersetzt oder gekündigt werden. Bei Einigung aller Beteiligten kann zu einem späteren Zeitpunkt ein anderer Maßstab zugrunde gelegt oder zur gesetzlichen Regelung zurückgekehrt werden. Die Zahl der Wechsel ist nicht begrenzt. Eine Kündigung ist nicht fristgebunden. Sie wirkt vom Beginn des folgenden Kalenderjahres.
Rz. 64
Die Gemeinden verständigen sich mit dem Steuerschuldner über abweichende Zerlegungsanteile, die in einem Bruchteil des jeweils maßgebenden Steuermessbetrages ausgedrückt werden sollten (sog. vereinbarter Zerlegungsmaßstab). Im Gesetzgebungsverfahren hat sich der Vorschlag, die Verständigung zwischen den Gemeinden ohne Zustimmung des Steuerpflichtigen durchzuführen, nicht durchgesetzt. Die Initiative kann von einer, mehreren oder sämtlichen Gemeinden ausgehen. Das Finanzamt wird nur tätig, wenn ein entsprechender Antrag gestellt worden ist. Der Steuerpflichtige wird einem solchen Antrag regelmäßig nur zustimmen, wenn das dadurch bewirkte Zerlegungsergebnis nicht zu seinen Ungunsten ausfällt. Während für die Gemeinden nur die gegenüber der gesetzlichen Aufteilung geänderten Zerlegungsanteile maßgebend sind, wird der Steuerpflichtige die Zerlegungsanteile mit den jeweiligen Hebesätzen verknüpfen und seine potentielle Steuerbelastung ermitteln.
Rz. 65
Kommt eine Einigung über die Zerlegung zustande, so ist diese nach § 22 Abs. 1 Satz 3 GrStG maßgebend. An die Stelle des gesetzlichen Zerlegungsmaßstabs tritt dann der vereinbarte Zerlegungsmaßstab. Dieser gilt so lange, als die Beteiligten mit der Vereinbarung einverstanden sind. Entspricht der Flächenmaßstab nicht der Wirtschaftskraft der Betriebsteile, ist das Finanzamt nicht verpflichtet, auf eine abweichende Einigung hinzuwirken. Ohne Einigung zwischen den Gemeinden und dem Steuerschuldner bleibt der Flächenmaßstab auch dann für die Zerlegung maßgebend, wenn dieser zu einem unbilligen Ergebnis führt.
Auch der auf einer Einigung basierende Zerlegungsbescheid kann von den Beteiligten angefochten werden.
Rz. 66– 69
Einstweilen frei.