Rz. 191
Wenn der Erwerber als Inhaber begünstigt erworbenen Betriebsvermögens oder land- und forstwirtschaftlichen Vermögens ab dem Zeitpunkt der Steuerentstehung bis zum Ende des letzten in die Fünfjahresfrist fallenden Wirtschaftsjahrs Entnahmen tätigt, die die Summe seiner Einlagen und der ihm zuzurechnenden Gewinne oder Gewinnanteile seit dem Erwerb um mehr als 150.000 EUR übersteigen (Überentnahmen), stellt dies einen Verstoß gegen die Behaltensregelungen dar.
Rz. 192
Durch den Nachsteuertatbestand des § 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 ErbStG soll ein schleichendes Auszehren des begünstigt erworbenen Vermögens durch Entnahmen verhindert werden. Ohne diese Begrenzung wäre es ein leichtes, die Behaltensregelungen für Betriebsvermögen und land- und forstwirtschaftliches Vermögen zu umgehen, wenn vor einer begünstigten Zuwendung solches Vermögen durch Einlagen geschaffen würde, um es nach der Zuwendung und Inanspruchnahme der Entlastung wieder zu entnehmen.
Rz. 193
Der maßgebende Zeitraum beginnt mit dem Erwerb und endet mit Ablauf des letzten in die Fünf-Jahres-Frist des § 13a Abs. 6 Halbs. 1 ErbStG fallenden Wirtschaftsjahres.
Rz. 194
§ 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 ErbStG ist auch dann einschlägig, wenn die Entnahmen zur Bezahlung der Erbschaftsteuer getätigt werden.
Rz. 195
Die Begriffe Entnahme, Einlage, Gewinn und Verlust sind nach den Grundsätzen des Ertragsteuerrechts zu beurteilen.
Rz. 196
Entnahmen wesentlicher Betriebsgrundlagen, die als Verstoß gegen die Behaltensregelungen nach § 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 oder Nr. 2 Satz 2 ErbStG zu beurteilen sind, bleiben bei der Prüfung der Entnahmebegrenzung ebenso unberücksichtigt wie die Entnahme jungen Verwaltungsvermögens i.S.d. § 13b Abs. 7 Satz 2 ErbStG, da dieses nicht zum begünstigungsfähigen Vermögen gehört.
Rz. 197
Die Entnahmebegrenzung ist für jeden Betrieb gesondert zu prüfen; bei Gewerbebetrieben mit Beteiligungen ist die Entnahmebegrenzung bei den Beteiligungen nicht gesondert zu prüfen, weil sich die Entnahmen insoweit beim Gewerbebetrieb niederschlagen und dort ggf. zu einem Verstoß gegen die Entnahmebegrenzung führen.
Rz. 198
War der Erwerber eines Anteils an einer Personengesellschaft bereits vor dem begünstigten Erwerb an dieser Gesellschaft beteiligt, bezieht sich die Entnahmebegrenzung nur auf den zusätzlich erworbenen Anteil.
Rz. 199
Mit Blick auf die Zielrichtung des § 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 ErbStG ist es unschädlich, wenn der Erwerber während des 5-Jahres-Zeitraums faktisch Überentnahmen tätigt. Entscheidend ist allein, dass der maßgebliche Saldo am Ende der Frist wieder stimmt. Demzufolge ist der Erwerber also grundsätzlich nicht gehindert, seine Überentnahmen zum Stichtag wieder durch Einlagen auszugleichen. Tut er dies aus Mitteln seines Privatvermögens, ist dies immer unproblematisch. Wird die Einlage jedoch nicht aus vorhandenem privatem Vermögen, sondern unter Aufnahme eines Kredits geleistet, will die Finanzverwaltung prüfen, ob der Kredit als betriebliche Schuld oder ggf. als negatives Sonderbetriebsvermögen des Erwerbers zu behandeln ist. Sofern die Prüfung ergeben sollte, dass der Kredit als Betriebsvermögen des Erwerbers zu behandeln ist, läge natürlich keine Einlage vor.
Rz. 200
Nach § 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 Satz 3 ErbStG ist bei Ausschüttungen an Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft § 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 ErbStG sinngemäß anzuwenden (Ausschüttungsbeschränkung).
Rz. 201
Auch hier kommt es wieder darauf an, dass der Saldo der Entnahmen am Ende der maßgeblichen Frist keine Überentnahmen beinhaltet. Mithin wäre auch der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft ungehindert, zum Fristablauf hin getätigte Entnahmen durch Einlagen wieder aufzufüllen. Problematisch ist in diesem Fall allerdings, dass zwar grundsätzlich ohne Verstoß gegen die Entnahmebeschränkung in der Behaltenszeit erzielte Gewinne und getätigte offene und verdeckte Einlagen ausgeschüttet werden können. Hinzuzurechnen wären allerdings auch verdeckte Gewinnausschüttungen. Ob und in welcher Größenordnung solche aber anzunehmen sind, dies könnte sich möglicherweise erst im Nachgang einer Betriebsprüfung ergeben, die natürlich erst längst nach Ablauf der Fünf-Jahres-Frist des § 13a Abs. 6 ErbStG durchgeführt werden würde. Die nachträgliche Annahme bzw. Entdeckung verdeckter Gewinnausschüttungen sollte deshalb beim Entnahmeverhalten und insb. noch vor Ablauf der Frist im Hinterkopf behalten werden.