Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 177
Die neuen Bewertungsvorschriften des vereinfachten Ertragswertverfahrens nach §§ 199 ff. BewG enthalten unverändert Pauschalierungen, die dazu führen, dass der gemeine Wert allenfalls in einer Bandbreite abgebildet wird. Der Umfang der Abweichung der Bewertungsergebnisse des vereinfachten Ertragswertverfahrens vom angestrebten gemeinen Wert kann der Höhe nach nicht belastbar benannt werden, weil zurzeit – zumindest seitens der Finanzverwaltung – keine entsprechenden Untersuchungen vorliegen, denen eine statistisch hinreichend aussagekräftige Stichprobe geeigneter Verprobungsfälle zugrunde liegt.
Rz. 178
Dies gilt nicht nur für Anteile an Kapitalgesellschaften, sondern auch für Gewerbebetriebe, Freiberufler sowie für den Wert eines Anteils am Betriebsvermögen.
Rz. 179
Letztlich befindet sich der Steuerzahler in einem Dilemma. Die Frage, ob er sich für die Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens entscheiden soll, kann er nur dann optimal entscheiden, wenn er das Ergebnis des vereinfachten Ertragswertverfahrens mit einem Ertragswertverfahren – beispielsweise nach den Regelungen IDW S 1 – verglichen hat. Einen derartigen Vergleich stellen Bruckmeier, Zwirner, Mugler in ihrem Beitrag zu Handlungsempfehlungen und Modellrechnungen dar. Die Bewertungsergebnisse ändern sich je nachdem, welche Parameter im Einzelfall von den pauschalen Annahmen des vereinfachten Ertragswertverfahrens abweichen. Dabei muss das vereinfachte Ertragswertverfahren keineswegs – wie dies oft pauschal vermutet wird – zu den ungünstigsten Bewertungsergebnissen führen.
Rz. 180
Im Übrigen muss sowohl bei der Regelverschonung des § 13a ErbStG a.F. von 85 % als auch bei der Optionsverschonung nach § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. von 100 % berücksichtigt werden, dass die Quote des Verwaltungsvermögens (jeweils maßgebende Maximalquote 50 % bzw. 10 %) bei wachsendem gemeinen Wert des Betriebsvermögens sinkt und sich deshalb ein hoher gemeiner Wert für den Steuerzahler vorteilhaft auswirken kann.
Rz. 181
Das gilt grundsätzlich auch für Besteuerungszeitpunkte nach dem 30.6.2016, weil der Gesetzgeber nach wie vor Verwaltungsvermögensquoten von 90 % für die Regelverschonung (§ 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG n.F.) bzw. von 20 % für die Vollverschonung (§ 13a Abs. 10 ErbStG n.F.) vorsieht. Dabei ist zu beachten, dass die Berechnungen nach unterschiedlichen Parametern erfolgen und bei Unternehmen mit hohen Forderungen und Verbindlichkeiten tendenziell von jeglicher Verschonung ausgeschlossen sein dürften. Damit dürfte – insbesondere die 90 % Quote – eine überschießende Tendenz haben und sollte vom Gesetzgeber in Frage gestellt werden. M.E. hätte der Gesetzgeber auf die Verwaltungsvermögensquote für die Regelverschonung verzichten können, weil das Verwaltungsvermögen für Besteuerungszeitpunkte nach dem 30.6.2016 mit dem Nettowert der Besteuerung unterworfen wird und somit nicht mehr begünstigt ist.
Rz. 182
Einstweilen frei.