Dipl.-Finw. (FH) Gerhard Bruschke
Rz. 240
Das Rechtsbehelfsverfahren gegen Fortschreibungsbescheide richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften des siebten Teiles der Abgabenordnung. Entsprechend § 347 Abs. 1 AO ist danach der Einspruch zulässig. Der Einspruch muss sich dabei gegen den Tenor des Bescheids richten. Das bedeutet insb. bei einem angefochtenen Wertfortschreibungsbescheid, dass Streitgegenstand nicht das einzelne Besteuerungsmerkmal, sondern die Rechtmäßigkeit des jeweiligen Bescheids ist.
Rz. 241
Befugt Einspruch einzulegen ist nur derjenige, der geltend macht, durch den Verwaltungsakt beschwert zu sein (§ 350 AO). Bei einem Wertfortschreibungsbescheid wird diese Beschwer i.d.R. durch die Höhe des festgesetzten Grundsteuerwerts, bei einer Artfortschreibung durch die festgestellte Grundstücksart ausgelöst.
Rz. 242
Bei einer Zurechnungsfortschreibung ist sowohl der frühere als auch der neue Zurechnungsträger einspruchsbefugt. Der neue Zurechnungsträger kann mit Einspruch und Anfechtungsklage geltend machen, ihm sei die wirtschaftliche Einheit zum Fortschreibungszeitpunkt nicht zuzurechnen. Der frühere Zurechnungsträger kann vorbringen, ihm sei die wirtschaftliche Einheit weiter zuzurechnen.
Rz. 243
Legt nur einer der Beteiligten den zulässigen Rechtsbehelf ein, so ist der andere zum außergerichtlichen Verfahren notwendig hinzuzuziehen (§ 360 Abs. 3 AO) bzw. im Klageverfahren beizuladen (vgl. § 60 Abs. 3 FGO), weil die Entscheidung beiden gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Haben mehrere oder alle Zurechnungsträger Klage erhoben, dann können die Verfahren nach § 73 Abs. 1 FGO zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden werden.
Rz. 244
Hat das Finanzamt den Fortschreibungsbescheid unzutreffenderweise nur einem der Zurechnungsträger bekannt gegeben und hat dieser Klage erhoben, ist das Verfahren entsprechend § 74 FGO auszusetzen, bis das Finanzamt den Bescheid und die Einspruchsentscheidung den anderen Zurechnungsträgern mit unverändertem Inhalt bekannt gegeben hat. Die Nachholung der Bekanntgabe des Fortschreibungsbescheids und der Einspruchsentscheidung ist trotz der Beiladung der anderen Zurechnungsträger erforderlich.
Rz. 245
Die Bekanntgabe nur der Einspruchsentscheidung kann ausnahmsweise genügen, wenn das Finanzamt die anderen Beteiligten zum Einspruchsverfahren gem. § 360 Abs. 3 AO zugezogen hat und die Einspruchsentscheidung den Inhalt des Fortschreibungsbescheids wiederholt. Das Finanzamt sollte aber auch hier den sicheren Weg gehen und den anderen Zurechnungsträgem stets den Fortschreibungsbescheid und gegebenenfalls die Einspruchsentscheidung nachträglich bekannt geben.
Rz. 246
Legen die anderen Zurechnungsträger gegen die ihnen gegenüber nachträglich bekannt gegebenen Bescheide Einspruch ein, so muss das Finanzamt, wenn das Einspruchsverfahren des ersten Zurechnungsträgers noch bei ihm anhängig ist, alle Einspruchsverfahren verbinden und über die Einsprüche einheitlich entscheiden. Hat der erste Zurechnungsträger nach erfolglosem Einspruchsverfahren bereits Klage erhoben, so muss das Finanzgericht dieses Klageverfahren entsprechend § 74 FGO aussetzen, bis das Finanzamt den anderen Zurechnungsträgern Bescheid und Einspruchsentscheidung bekannt gegeben hat.
Rz. 247
Ein zweites Einspruchsverfahren gegenüber den anderen Zurechnungsträgern ist nicht erforderlich, weil das Finanzamt über die Einsprüche der anderen Zurechnungsträger im Ergebnis nicht anders entscheiden darf als über den des ersten Zurechnungsträgers.
Rz. 248
Erheben die anderen Zurechnungsträger nach der Nachholung der Bekanntgabe Klage, sind die Verfahren nach § 73 FGO zu verbinden; ein bereits ergangener Beiladungsbeschluss ist aufzuheben. Lassen die anderen Zurechnungsträger dagegen den Bescheid unanfechtbar werden, sind sie gem. § 60 Abs. 3 FGO zum Klageverfahren des ersten notwendig beizuladen.
Rz. 249
Der Fortschreibungsbescheid kann auch von demjenigen angefochten werden, der fälschlicherweise keinen Bescheid erhalten hat. Der BFH hat dies bereits mehrfach im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung entschieden. Diese Rechtsprechung ist auch auf die Anfechtbarkeit von Zurechnungsfortschreibungsbescheiden anzuwenden.
Rz. 250
Voraussetzung für die Anfechtbarkeit eines Bescheids ist nämlich nicht die Bekanntgabe an den Anfechtenden, sondern die Tatsache, dass der Verwaltungsakt ihn betrifft und ihm gegenüber nachteilige Rechtswirkungen hat. Der Zurechnungsfortschreibungsbescheid betrifft auch den Dritten und beschwert ihn, weil mit dem Bescheid auch über seine Rechtsstellung entschieden wird. Das genügt, um den Bescheid anfechten zu können. Eine Anfechtungsfrist braucht dieser Beteiligte nicht einzuhalten.
Rz. 251
Im Umkehrschluss führt diese Auffassung allerdings dazu, dass dem Dritten das Rechtsschutzbedürfnis für eine Verpflichtungs- od...