1. Begriffsbestimmung

a) Allgemeines

 

Rz. 149

[Autor/Stand] § 12 Abs. 3 Satz 1 BewG wurde inhaltlich zuletzt durch das VStRG[2] geändert. Während nach der früheren Fassung die Bewertungsvorschrift auf "unverzinsliche befristete" Forderungen und Schulden anzuwenden war, gilt sie nach der seit dem 1.1.1974 geltenden Fassung für "unverzinsliche Forderungen oder Schulden, deren Laufzeit mehr als ein Jahr beträgt und die zu einem bestimmten Zeitpunkt fällig sind". Im Unterschied zur Fassung vor dem VStRG wurde die Frist von einem Jahr eingefügt und der Begriff "befristete" Forderung klarer gefasst. Der Begriff "befristet" wurde bis dahin nicht einheitlich ausgelegt.

 

Rz. 150

[Autor/Stand] Wie in der Begründung zur Regierungsvorlage[4] ausgeführt ist, ist der Begriff "befristet" – zumindest privatrechtlich betrachtet – nicht zweifelsfrei. Er wurde auch synonym mit "betagt" (d.h. entsteht sofort, lediglich die Fälligkeit ist hinausgeschoben) verwendet.

 

Rz. 151

[Autor/Stand] Letzteres sollte in der Vorschrift ausgesprochen werden. Um dies klarzustellen, sei die Fassung des § 12 Abs. 3 Satz 1 BewG zu ändern. Der Begriff "befristet" i.S. des § 12 Abs. 3 Satz 1 BewG a.F. war somit nicht gleichbedeutend mit der einem Rechtsgeschäft beigefügten Zeitbestimmung i.S. des § 8 BewG (Gleichstellung mit einer aufschiebenden und auflösenden Bedingung)[6]. Eine unverzinsliche Forderung, bei der kein Zahlungstermin vereinbart ist, fiel schon bisher nicht unter § 12 Abs. 3 Satz 1 BewG, sondern unter § 12 Abs. 1 BewG.[7]

 

Rz. 152

[Autor/Stand] Die Neufassung des § 12 Abs. 3 Satz 1 BewG hat für eine Abzinsung unverzinslicher Kapitalforderungen und Schulden eindeutig klargestellt, dass es sich um Forderungen (Schulden) handeln muss, deren Fälligkeit – gleichgültig ob durch Rechtsgeschäft oder durch Gesetz – zu einem bestimmten Zeitpunkt eintritt und deren Laufzeit mehr als ein Jahr beträgt. Durch die letztere Voraussetzung soll vermieden werden, dass eine Abzinsung schon bei einer Laufzeit von wenigen Monaten vorgenommen wird.

 

Rz. 153

[Autor/Stand] Nach der ausdrücklichen Vorgabe in § 12 Abs. 3 BewG findet die Abzinsung einer zinslosen Kapitalforderung, soweit sie die weiteren Voraussetzungen des Abs. 3 erfüllt, auf der Grundlage eines Zinssatzes von 5,5 % statt. Dieser Zinssatz findet sich auch in § 13 Abs. 3 Satz 2 und § 15 Abs. 1 BewG.

 

Rz. 154

[Autor/Stand] Einstweilen frei.

[Autor/Stand] Autor: Haas, Stand: 01.10.2017
[2] BGBl. I 1974, 949 = BStBl. I 1974, 233.
[Autor/Stand] Autor: Haas, Stand: 01.10.2017
[4] BR-Drucks. 140/72.
[Autor/Stand] Autor: Haas, Stand: 01.10.2017
[Autor/Stand] Autor: Haas, Stand: 01.10.2017
[Autor/Stand] Autor: Haas, Stand: 01.10.2017
[Autor/Stand] Autor: Haas, Stand: 01.10.2017

b) Laufzeit mehr als ein Jahr

 

Rz. 155

[Autor/Stand] Bei der Voraussetzung der Laufzeit einer unverzinslichen Forderung von mehr als einem Jahr ergibt sich die Frage, ob die Gesamtlaufzeit der Forderung oder die am Bewertungsstichtag bzw. Veranlagungszeitpunkt noch bestehende Restlaufzeit, maßgebend ist. Für das Bewertungssteuerrecht gilt das sog. Stichtagsprinzip. Danach sind für die Erfüllung des Gesetzestatbestandes die Verhältnisse maßgebend, wie sie im Veranlagungszeitpunkt bestehen. Dementsprechend ist für die Frist von einem Jahr die im Veranlagungszeitpunkt noch offene Laufzeit entscheidend.

 

Rz. 156

[Autor/Stand] § 12 Abs. 3 BewG ist nur anwendbar, wenn ein bestimmter Fälligkeitstag fest steht. Es genügt nicht, dass bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise davon auszugehen ist, dass die Laufzeit > 1 Jahr sein wird.[3]

 

Rz. 157

[Autor/Stand] Die Möglichkeit einer Kündigung bei unverzinslichen Forderungen steht der Anwendung des § 12 Abs. 3 BewG grundsätzlich nicht entgegen. Eine Ausnahme besteht dann, wenn die Kündigungsmöglichkeit so gestaltet ist, dass wirtschaftlich kein fester Fälligkeitstermin mehr gegeben ist; das ist dann der Fall, wenn der Gläubiger jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen kann. In einem solchen Fall besteht kein Anlass für eine Abzinsung, weil der Gläubiger eine derartige Forderung durch Kündigung jederzeit realisieren kann. Diese Auswirkung gilt auch für den Schuldner. Entsprechendes gilt, wenn das jederzeitige Kündigungsrecht dem Schuldner oder beiden Parteien zusteht. Besteht bei der unverzinslichen Forderung die Möglichkeit einer Kündigung unter Einbehaltung einer Kündigungsfrist – für den Gläubiger oder Schuldner oder für beide Teile –, so ist dies für die Bewertung ohne Einfluss auf die vereinbarte Laufzeit. Ist die Kündigung ausgesprochen, so ist am nachfolgenden Bewertungsstichtag nur noch die effektive Laufzeit bis zur zeitlichen Wirkung der Kündigung zugrunde zu legen, und zwar für die Bewertung der Forderung und Schuld.

 

Rz. 158

[Autor/Stand] Von dem Fälligkeitstermin hängt die Restlaufzeit der Forderung (Schuld) ab, die für die Bewertung einer unverzinslichen Forderung wesentlich ist. Bei einem Fäll...

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