Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
I. Allgemeines
Rz. 176
Im Rahmen der Erläuterungen der bewertungsrechtlichen Vorschriften über das Erbbaurecht können die Fragen einer Beiladung des Erbbauberechtigten bzw. des Erbbauverpflichteten im Rechtsbehelfsverfahren gemäß den Vorschriften der Finanzgerichtsordnung (FGO) nur am Rande angesprochen werden. § 60 FGO unterscheidet zwischen der einfachen Beiladung (Absätze 1 u. 2) und der notwendigen Beiladung (Abs. 3). Nach § 60 Abs. 1 u. 2 FGO können von Amts wegen oder auf Antrag andere beigeladen werden, deren rechtliche Interessen nach den Steuergesetzen durch die Entscheidung berührt werden (einfache Beiladung). Sind dagegen an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen (notwendige Beiladung).
II. Rechtsbehelfe über die Erfassung des Erbbauberechtigten
Rz. 177
Steuerschuldner bei der Grundsteuer ist grundsätzlich derjenige, dem der Steuergegenstand bei der Einheitsbewertung zugerechnet worden ist. Eine Ausnahme gilt ua. für das Erbbaurecht. Nach § 10 Abs. 2 GrStG v. 7.8.1973 ist Schuldner der Grundsteuer im Falle eines Erbbaurechts der Erbbauberechtigte auch für die wirtschaftliche Einheit des belasteten Grundstücks. Der Eigentümer des Grund und Bodens scheidet somit als Schuldner der Grundsteuer aus. Diese Sonderregelung führt dazu, dass für die Zwecke der Grundsteuer der Grundbesitz, der im Einheitswert für die wirtschaftliche Einheit des belasteten Grundstücks erfasst wird, dem Erbbauberechtigten zugerechnet wird (vgl. Rz. 170 f.). Der Feststellungsbescheid über den Einheitswert des belasteten Grundstücks ist somit sowohl für den Erbbauverpflichteten (Grundstückseigentümer) als auch für den Erbbauberechtigten als Schuldner der Grundsteuer von steuerlicher Bedeutung und Auswirkung. Ein förmlicher Feststellungsbescheid ist dem Erbbauverpflichteten und dem Erbbauberechtigten zu erteilen, die beide selbstständig Rechtsbehelfe einlegen können. Im Rechtsbehelfsverfahren des Erbbauberechtigten ist der Erbbauverpflichtete, im Verfahren des Erbbauverpflichteten der Erbbauberechtigte notwendig beizuladen; denn hier sind die Voraussetzungen für die notwendige Beiladung (vgl. Rz. 176) gegeben. Bei dem Streit über die Höhe des Einheitswerts für das belastete Grundstück handelt es sich um ein streitiges Rechtsverhältnis, durch dessen Entscheidung unmittelbar Rechtsbeziehungen des Beizuladenden gestaltet oder bestätigt werden. An dem streitigen Rechtsverhältnis sind die Erbbauberechtigten wegen der Auswirkung auf die Vermögensteuer derart beteiligt, dass die Entscheidung ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann (vgl. auch Rz. 170 f.).
Rz. 178– 180
Einstweilen frei.
III. Rechtsbehelfe über die Einheitsbewertung der wirtschaftlichen Einheiten
Rz. 181
Bei der Ermittlung der Einheitswerte für die wirtschaftlichen Einheiten des Erbbaurechts und des belasteten Grundstücks ist von einem "Gesamtwert" auszugehen, der für den Grund und Boden einschl. des Gebäudes und der Außenanlagen festzustellen wäre, wenn die Belastung nicht bestünde (§ 92 Abs. 1 Satz 2 BewG, vgl. Rz. 16–40). Diese Regelung, die sowohl den Einheitswert für das Erbbaurecht als auch den für das belastete Grundstück von der Höhe des Gesamtwerts abhängig macht, soll sicherstellen, dass die Summe der beiden Einheitswerte dem Wert entspricht, der für das belastete Grundstück ohne die Belastung mit dem Erbbaurecht festzustellen wäre (vgl. Rz. 26). Der Gesamtwert entfällt im vollen Umfang auf die wirtschaftliche Einheit des Erbbaurechts, wenn die Dauer des Erbbaurechts im Feststellungszeitpunkt noch 50 Jahre oder mehr beträgt (§ 92 Abs. 2 BewG). Die Frage einer Beiladung ergibt sich deshalb nur, wenn die Dauer des Erbbaurechts im Feststellungszeitpunkt unter 50 Jahren liegt und der Erbbauberechtigte oder der Erbbauverpflichtete im Rechtsbehelfsverfahren über die Einheitswertfeststellung seiner wirtschaftlichen Einheit die Ermittlung des Bodenwerts am Gesamtwert und damit den auf seine wirtschaftliche Einheit entfallenden Anteil am Bodenwert angreift.
Rz. 182
Die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung sind hier nicht gegeben. Eine Beiladung hat den Zweck, solche Dritte, die nicht Kläger oder Beklagte sind, am Prozess zu beteiligen, denen gegenüber die Entscheidung zweckmäßiger- oder notwendigerweise bindend sein soll oder muss. Durch die Entscheidung über den Einheitswert eines Erbbaurechts wird über die Höhe des Gesamtwerts im Verhältnis zu den am Verfahren nicht beteiligten Erbbauberechtigten bzw. Erbbauverpflichteten nicht bestandskräftig mitentschieden. Der Gesamtwert ist nur eine Rechnungsgröße (vgl. Rz. 31), die als unselbstständige Berechnungsgrundlage in den Feststellungsbescheid eingeht, nicht dagegen wie ein Einheitswert gesondert und einheitlich festgestellt wird.
Rz. 183
Die Voraussetzungen für die einfache Beiladung (§ 60 Abs. 1 FGO) dürften ebenfalls nicht erfüllt ...