I. Allgemeines
Rz. 263
Erstmals für Erwerbe ab 1.7.2016 wird für den Erwerb von begünstigtem Vermögen (§ 13b Abs. 2 ErbStG) ein Abschlag von bis zu 30 % gewährt, wenn der Gesellschaftsvertrag eines Familienunternehmens bestimmte Beschränkungen enthält. Die Regelung soll der Tatsache Rechnung tragen, dass der gemeine Wert erworbener Gesellschaftsanteile an einem Familienunternehmen regelmäßig durch langfristig bestehender Entnahme-, Abfindungs- und Verfügungsbeschränkungen aus Sicht des Erwerbers wirtschaftlich nicht verwertbar ist. Nach § 9 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 BewG dürfen sich derartige Verfügungsbeschränkungen als persönliche Verhältnisse nicht auf den gemeinen Wert auswirken. Mit § 13a Abs. 9 ErbStG hat der Gesetzgeber nun diese besonderen Verhältnisse bei Familienunternehmen durch eine anteilige Steuerbefreiung berücksichtigt.
Rz. 264
Einzelunternehmen unterfallen nicht § 13a Abs. 9 ErbStG, denn hier kann es denknotwendigerweise keine gesellschaftsvertraglichen Regelungen geben, die die Handelbarkeit einschränken. So richtig diese Aussage formalrechtlich ist, so zweifelhaft ist sie gleichzeitig mit Blick auf ihren materiellen Gehalt. Denn eine Ein-Personen-GmbH oder Ein-Personen-GmbH & Co. KG verfügt natürlich über entsprechende gesellschaftsvertragliche Regelungen und unterfällt der Norm. Diese Differenzierung erscheint aber sachlich jedenfalls zweifelhaft.
Rz. 265
Voraussetzung für die Gewährung des Abschlags ist, dass der Gesellschaftsvertrag des übertragenen Unternehmens kumulativ
- die Entnahmen oder Ausschüttungen nach Abzug der auf die Gewinnanteile oder Ausschüttungen entfallenden Steuern auf höchstens 37,5 % beschränkt (vgl. dazu Rz. 271) und
- die Verfügung über die Beteiligung ausschließlich auf Mitgesellschafter, Angehörige i.S.d. § 15 AO oder Familienstiftungen beschränkt (vgl. dazu Rz. 285) und
- für den Fall des Ausscheidens aus der Gesellschaft eine Abfindungsbeschränkung vorgesehen ist (vgl. dazu Rz. 290).
Rz. 266
Diese Beschränkungen müssen rechtlich wirksam vereinbart werden und den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen. Die Beschränkungen müssen mindestens zwei Jahre vor der Entstehung der Steuer und zwanzig Jahre danach bestehen. Für die Höhe des Abschlags kommt es allein auf die Beschränkung der Abfindung des ausscheidenden Gesellschafters im Verhältnis zum gemeinen Wert des Anteils an. Der Abschlag ist auf höchstens 30 % beschränkt. Es genügt nicht, wenn die kumulativ erforderlichen Regelungen lediglich in einem Poolvertrag enthalten sind.
Rz. 267
Wenn die genannten Voraussetzungen nur für einen Teil des begünstigten Vermögens i.S.d. § 13b Abs. 2 ErbStG zutreffen, so ist der für das Unternehmen in Betracht kommende Abschlag nur für diesen Teil des begünstigten Vermögens zu gewähren, § 13a Abs. 9 Satz 2 ErbStG. Bei einer Beteiligung an einer Personengesellschaft trifft dies auf das Gesamthandsvermögen zu, nicht aber auf das Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters. Für die Anwendung des Vorwegabschlags ist in diesen Fällen zusätzlich das begünstigte Vermögen nur bezogen auf das Gesamthandsvermögen der Gesellschaft zu ermitteln. Sofern teilweise vertreten wird, dass auch das Sonderbetriebsvermögen in den Wertabschlag mit einzubeziehen ist, wäre zu beachten, dass die in § 13a Abs. 9 Satz 1 ErbStG genannten Voraussetzungen sich ausschließlich auf das Gesamthandsvermögen beziehen. Vor diesem Hintergrund kann sich die gesetzliche Formulierung in § 13a Abs. 9 Satz 2 ErbStG "Gelten die in Satz 1 genannten Bestimmungen" nicht auf etwas beziehen, das nicht Regelungsgegenstand von § 13a Abs. 9 Satz 1 ErbStG ist, und dies wäre das Sonderbetriebsvermögen.
Bei der Begrenzung der jungen Finanzmittel auf den Wert der Finanzmittel sind nur die Finanzmittel des Gesamthandsvermögens relevant. Unklar bleibt aber, ob auch die jungen Finanzmittel nur aus dem Gesamthandsvermögen relevant sind. Wenn sich im mitübertragenen Sonderbetriebsvermögen ein Entnahmeüberhang ergibt, der bei der Ermittlung des begünstigten Vermögens mit dem Einlageüberhang aus dem Gesamthandsvermögen verrechnet werden kann, kann es zu unbilligen Ergebnissen führen, wenn der Entnahmeüberhang bei der Ermittlung des Vorwegabschlags unberücksichtigt bleibt.
Rz. 268
Der Vorwegabschlag kommt insbesondere nicht in Betracht
Rz. 269
Der Vorwegabschlag ist vorrangig vor Anwendung des Verschonungsabschlags nach § 13a Abs. 1 oder 10 bzw. § 13c ErbStG oder der Verschonungsbedarfsprüfung nach § 28a ErbStG zu berücksichtigen. Daher ist der Wert des begünstigten Vermögens (§ 13b Abs. 2 ErbStG) vor der Prüfung des Schwellenwerts für Großerwerbe...