I. Ziel der Vorschrift
Rz. 531
§ 7 Abs. 6 ErbStG wurde, zusammen mit § 7 Abs. 5 und 7 (Satz 1) ErbStG, im Zuge der Erbschaftsteuerreform 1974 kodifiziert. Der BFH vertrat in den Jahren zuvor den Standpunkt, dass der Anspruch eines Gesellschafters auf künftige Gewinnbeteiligung, als Rechtsfrucht der Mitgliedschaft i.S.d. § 99 Abs. 2 BGB, den Wert des Gesellschaftsanteils beeinflusst und dies auch im Falle der Schenkung eines Anteils an einer Personengesellschaft gilt, der dem Anteilserwerber eine im Verhältnis zu den Mitgesellschaftern übermäßige Gewinnbeteiligung vermittelt. Die hierbei anzuwendende Bewertungsmethode sei, so die Gesetzesbegründung,"kompliziert und wegen ihrer Abhängigkeit von den gemeinen Werten der einzelnen Gesellschafterrechte nur schwer zu praktizieren". Mit § 7 Abs. 6 ErbStG sollte deshalb die überhöhte Gewinnteilhabe fiktiv als selbständige Schenkung behandelt werden, um sie als zusätzliche Bereicherung ("weitere Vermögensbildungsmöglichkeit") neben dem geschenkten Gesellschaftsanteil "genauer und damit gerechter" zu erfassen. Anders als § 7 Abs. 5 ErbStG wurde die Vorschrift im Gesetzgebungsverfahren nicht geändert.
Rz. 532
Einstweilen frei
II. Maßgeblichkeit des gemeinen Werts
Rz. 533
Inzwischen wurde der gemeine Wert zum Regelmaßstab der Bewertung. Im Gegensatz zu § 7 Abs. 5 ErbStG (s.o. Rz. 504) befürchtet man allerdings keine Renaissance des § 7 Abs. 6 ErbStG, sondern fordert die Abschaffung der Vorschrift "bei nächster Gelegenheit". Vielleicht ist dies aber auch unnötig; sie könnte durch die mit dem ErbStRG 2009 geänderten Regelungen zur Anteilsbewertung überholt worden sein (lex posterior derogat lex priori). In Anbetracht des § 97 Abs. 1a Nr. 1 BewG, dessen zwingende Anwendung der BFH jüngst betonte, lässt sich § 7 Abs. 6 ErbStG jedenfalls nicht mehr damit rechtfertigen, die Bewertung nach gemeinen Werten sei kompliziert und unpraktikabel (s.o. Rz. 531).
Rz. 534
Die Finanzverwaltung hat offiziell nun reagiert. Bei Schenkung einer bereits mit einem Gewinnübermaß ausgestatteten Beteiligung an einer Personengesellschaft kommt § 7 Abs. 6 ErbStG nicht zusätzlich zur Anwendung; die übermäßige Gewinnbeteiligung wird schon nach § 97 Abs. 1a Nr. 1 Buchst. b BewG berücksichtigt. Dies dürfte für alle einschlägigen Schenkungen gelten, die nach dem 31.12.2008 ausgeführt wurden. Auch der Gesellschafter, dem eine überhöhte Gewinnbeteiligung zeitgleich mit dem schenkweisen Erwerb seines Gesellschaftsanteils eingeräumt wird, muss wohl nicht mit einer Besteuerung nach § 7 Abs. 6 ErbStG rechnen.
Rz. 535
Ein eventuelles Gewinnübermaß beeinflusst in solchen Fällen über den Gewinnverteilungsschlüssel den gemeinen Wert des Gesellschaftsanteils (§ 97 Abs. 1a Nr. 1 Buchst. b BewG) und damit den Steuerwert der geschenkten Beteiligung (§ 97 Abs. 1a Nr. 3 BewG). Er wird gesondert und einheitlich durch Bedarfswertbescheid festgestellt mit bindender Wirkung für die Steuerfestsetzung (s.o. Rz. 516). Die ertragsteuerliche Beurteilung der Gewinnverteilung unter den Gesellschaftern, deren Beachtlichkeit einst hervorgehoben wurde, spielt nun keine Rolle mehr. Denkbar wäre dies allenfalls dann, wenn der Gesellschafter längerfristig eine mehr als 15%ige – ertragsteuerlich inakzeptable – Verzinsung des festgestellten Beteiligungswerts erzielen würde. Ob die Finanzverwaltung nur deshalb noch daran festhält, sich grundsätzlich der ertragsteuerlichen Betrachtung anzuschließen, bleibt abzuwarten. Sollte ein Schenkungsteuerfinanzamt in einem derartigen Fall tatsächlich eine zusätzliche Besteuerung nach § 7 Abs. 6 ErbStG vornehmen, überschreitet es womöglich die ihm seit Einführung des Bedarfsbewertungsverfahrens verbliebenen Kompetenzen (s. § 153 BewG Rz. 2).
Rz. 536
Einstweilen frei