Rz. 28
Das Jahressteuergesetz 2020 v. 21.12.2020 wurde am 28.12.2020 verkündet. Dass der Gesetzgebungsprozess bereits nach drei Monaten abgeschlossen war und vor allem der immerhin 11 Vorschriften des ErbStG betreffende Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 25.9.2020 inhaltlich unverändert blieb, lag vielleicht auch an der Zweiten Coronawelle. Pandemie bedingt stand die Fortentwicklung des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts jedenfalls nicht im primären Interesse der Öffentlichkeit und damit auch der handelnden Organe. Man stritt sich daher erst gar nicht darüber, dass nun einige steuerlich günstige Gestaltungsmöglichkeiten und Vorteile endlich verschlossen werden sollten, s. z.B. § 5 Abs. 1 Satz 6 ErbStG, § 10 Abs. 6 Sätze 3, 5–10 ErbStG. Und es fiel wohl auch deshalb nicht auf, dass § 10 Abs. 1 Satz 3 ErbStG seinem Wortlaut alle von einem Erblasser "herrührenden"Steuererstattungsansprüche erfasst, die nach dem Erbfall entstehen und nicht nur die in der Gesetzesbegründung genannten Einkommensteuererstattungsansprüche des Todesjahrs.
Rz. 29
Zu anderen Zeiten hätte man womöglich auch die unsichtbare Lücke zwischen Abs. 17 und Abs. 18 vermieden: Art. 34 des JStG 2020 ändert die zuletzt durch Art. 12 des GrStRefG v. 26.11.2019 geänderte Fassung des ErbStG, auf die im Katalog des § 37 ErbStG nicht verwiesen wird. Dies wirkt sich derzeit jedoch noch nicht aus; die in § 12 Abs. 3 ErbStG n.F. in Bezug genommene Vorschrift des § 157 Abs. 1 Satz 1 BewG gilt erst für Erwerbe nach dem 31.12.2024 (Art, 2 Nr. 11 Buchst. a, aa iVm Art. 18 Abs. 3 GrStRefG).
Rz. 30
Die lediglich klarstellenden Anpassungen in § 3 Abs. 2 Nr. 5, § 10 Abs. 8 (durch Satz 2) ErbStG und legislatorischen Folgeänderungen in § 13 Abs. 1 Nr. 9a und § 29 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 ErbStG dürften tatsächlich unstreitig sein. Dies gilt wohl ebenso für die in § 13a Abs. 9a und § 13b Abs. 10 Satz 1 ErbStG vorgenommenen verfahrenstechnischen Änderungen; ob damit aber, wie behauptet,"das gesamte Verfahren sowohl für den Steuerpflichtigen als auch für die Finanzverwaltung übersichtlicher und einfacher zu handhaben" sein wird, bleibt abzuwarten. Ob sich die durch § 30 Abs. 5 und § 31 Abs. 1 Sätze 3 und 4 ErbStG angeblich erfolgte Konkretisierung der Anzeige- und Steuererklärungspflichten in Fällen der Ersatzerbschaftsteuer und die damit verbundene Änderung der Zuständigkeitsvorschrift des § 35 ErbStG durch Einfügung des neuen Absatzes 4 bewähren wird, muss die Praxis zeigen.
Rz. 31
Anstelle der bewährten Abkürzung "Abs." steht nun in § 35 Abs. 1 und 2 ErbStG jeweils das Wort "Absatz". Grund hierfür kann nur die allmähliche Vereinheitlichung des Gesetzestextes sein; tatsächlich wird im ErbStG wohl überwiegend nicht mehr in abgekürzter Form verwiesen. An der Ernsthaftigkeit solcher kosmetischer Korrekturen kann man allerdings zweifeln. Die ebenfalls vom Jahressteuergesetz 2020 tangierten und insoweit anpassungbedürftigen Vorschriften der §§ 5, 10, 13, 29 und 37 ErbStG wurden nicht en passant entsprechend geändert.
Rz. 32
Zu begrüßen ist hingegen die Neufassung des § 14 Abs. 2 ErbStG. Damit wird eine Änderungsmöglichkeit zur zutreffenden Besteuerung von Erwerbsketten geschaffen, die sich sowohl für die Steuerpflichtigen als auch für die Finanzverwaltung in grundsätzlich gleichem Maße günstig wie ungünstig auswirken dürfte.