Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
1. Keine Entschädigung für Gebäude
Rz. 70
Der Erbbauberechtigte wird beim Erlöschen des Erbbaurechts durch Zeitablauf im Allgemeinen für das Erbbaugebäude angemessen entschädigt. In diesen Fällen besteht kein berechtigter Grund, dem Eigentümer des Grund und Bodens vor dem Erlöschen des Erbbaurechts schon einen Anteil am Gebäude zuzuteilen.
Oft wird aber auch vereinbart, dass das Gebäude entschädigungslos auf den Eigentümer des belasteten Grundstücks übergeht oder nur eine teilweise Entschädigung zu leisten ist. In diesen Fällen wächst der Wert des vom Erbbauberechtigten errichteten Gebäudes während der Dauer des Erbbaurechts dem Eigentümer des Grund und Bodens in stetig steigendem Umfange ohne entsprechende Gegenleistung zu. Deshalb ist es auch berechtigt, bei einer am Stichtag noch bestehenden Laufzeit von weniger als 50 Jahren dem Eigentümer des Grund und Bodens auch einen Anteil am Gebäude zuzuteilen. Dementsprechend bestimmt § 92 Abs. 3 Satz 3 BewG im Gegensatz zum früheren § 46 BauDV, dass in die wirtschaftliche Einheit des belasteten Grundstücks außer dem Anteil am Bodenwert (vgl. Rz. 50–69) auch ein Anteil am Gebäudewert einzubeziehen ist, wenn besondere Verhältnisse es rechtfertigen. Als Hauptfall eines solchen besonderen Umstandes bezeichnet § 92 Abs. 3 Satz 4 BewG den Übergang des Eigentums am Gebäude bei Erlöschen des Erbbaurechts durch Zeitablauf, ohne dass eine dem Wert des Gebäudes entsprechende Entschädigung gezahlt wird. Dabei bleibt eine in der Höhe des Erbbauzinses zum Ausdruck kommende Entschädigung für den Gebäudewert nach ausdrücklicher Vorschrift des § 92 Abs. 3 Satz 7 BewG außer Betracht.
Rz. 71
Unter dem Geltungsbereich des früheren § 46 BewDV war nicht klar, ob bei dessen Anwendung für die Zuteilung eines Anteils am Gebäudewert auf die wirtschaftliche Einheit des belasteten Grundstücks der Wert des Gebäudes im Zeitpunkt des Erlöschens des Erbbaurechts oder im maßgebenden Feststellungszeitpunkt entscheidend ist. Um Zweifel und Unklarheiten auszuschließen und auch aus Vereinfachungsgründen hat der Gesetzgeber selbst in § 92 Abs. 3 Sätze 5, 8 BewG eine Regelung getroffen. Hiernach ist bei entschädigungslosem Übergang des Eigentums am Gebäude der Gebäudewert und der Wert der Außenanlagen in der gleichen Weise wie der Bodenwert zu verteilen. Bodenwert, Gebäudewert und Wert der Außenanlagen brauchen in diesen Fällen also nicht besonders berechnet zu werden. Es kann unmittelbar der Gesamtwert nach den in § 92 Abs. 3 Nr. 2 BewG bestimmten Hundertsätzen verteilt werden.
Beispiele
A. Sachwertverfahren
Sachverhalt wie Beispiel in Rz. 61. Zu bewerten ist im Wege des Sachwertverfahrens ein Grundstück, auf dem im Erbbaurecht ein Lagergebäude errichtet worden ist. Das Gebäude und die Außenanlagen gehen bei Erlöschen des Erbbaurechts durch Zeitablauf entschädigungslos auf den Eigentümer des belasteten Grundstücks über. Die Dauer des Erbbaurechts beträgt im Feststellungszeitpunkt noch 24 Jahre. Dementsprechend entfallen vom Bodenwert 70 % auf die wirtschaftliche Einheit des Erbbaurechts und 30 % auf die wirtschaftliche Einheit des belasteten Grundstücks (§ 93 Abs. 3 Satz 2 BewG). In dem gleichen Verhältnis ist wegen des entschädigungslosen Übergangs des Erbbaugebäudes auch der Gebäudewert und der Wert der Außenanlage aufzuteilen (§ 92 Abs. 3 Sätze 3–5, 8 BewG). Deshalb kann also gleich der Gesamtwert im Verhältnis 70 : 30 aufgeteilt werden.
Der Gesamtwert beträgt:
Bodenwert |
30.000 DM |
Gebäudewert |
200.000 DM |
Wert der Außenanlagen |
6.000 DM |
Ausgangswert (§ 83 BewG) |
236.000 DM |
Angleichung an den gemeinen Wert (§ 90 BewG):
Wertzahl 80 |
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Gesamtwert |
188.800 DM |
Einheitswert für die wirtschaftliche Einheit des Erbbaurechts:
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132.100 DM |
umgerechnet in und abgerundet auf volle Euro |
67.541 EUR |
Einheitswert für die wirtschaftliche Einheit des belasteten Grundstücks:
|
56.600 DM |
umgerechnet in und abgerundet auf volle Euro |
28.939 EUR |
B. Ertragswertverfahren
Sachverhalt wie im Beispiel Anm. 62. Zu bewerten ist im Wege des Ertragswertverfahrens ein in einer Gemeinde mit 70.000 Einwohnern im Wege des Erbbaurechts errichtetes Einfamilienhaus. Jahresrohmiete 7.200 DM, Vervielfältiger 11,8. Das Gebäude geht bei Erlöschen des Erbbaurechts durch Zeitablauf entschädigungslos auf den Eigentümer des belasteten Grundstücks über. Die Dauer des Erbbaurechts beträgt im Feststellungszeitpunkt noch 34 Jahre. Dementsprechend entfallen vom Bodenwert 85 % auf die wirtschaftliche Einheit des Erbbaurechts und 15 % auf die wirtschaftliche Einheit des belasteten Grundstücks (§ 92 Abs. 3 Nrn. 1 u. 2 BewG). In dem gleichen Verhältnis ist wegen des entschädigungslosen Übergangs des Erbbaugebäudes auch der Wert des Gebäudes aufzuteilen (§ 92 Abs. 3 Sätze 3–5 BewG). Deshalb kann also gleich der Gesamtwert im Verhältnis 85 : 15 aufgeteilt werden.
Gesamtwert 7.200 DM × 11,8 |
= 84.960 DM |
Einheitswert für das Erbbaurecht: |
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72.200 DM |
umgerechnet in und abgerundet auf volle Euro |
36.915 EUR |
Einheitswert für das belastete Grundstück: |
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12.700 DM |
umgerechnet in und abge... |