Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
1. Unbestimmter Begriff
Rz. 113
Das Bewertungsgesetz verwendet den Begriff der Nutzfläche bei der Bestimmung der Grundstücksart (§ 249 BewG). Bei der Ermittlung des Mietansatzes verwendet § 254 BewG lediglich den Begriff der Wohnfläche. Die Nutzfläche wird bei der Ermittlung des Mietansatzes dagegen ausschließlich in Anlage 39 zum BewG genannt. Danach gelten Flächen, die zu anderen als Wohnzwecken genutzt werden, als Wohnfläche.
Rz. 114
Für diese Flächen ist bei Mietwohngrundstücken die für Wohnungen mit einer Fläche unter 60 m2 geltende monatliche Nettokaltmiete in Euro je Quadratmeter Nutzfläche (ohne Zubehörräume) anzusetzen. Bei Ein- und Zweifamilienhäusern sind diese Flächen zu der jeweiligen Wohnfläche zu addieren.
Rz. 115
Das Bewertungsgesetz liefert keine Definition der Nutzfläche. Auch aus der Gesetzesbegründung ergibt sich keine Definition der Nutzflächen. Lediglich die Finanzverwaltung verweist mit dem AEBewGrSt im Rahmen der Bestimmung der Grundstücksart auf die Maßgeblichkeit der Nutzfläche nach der DIN 277 in der jeweils geltenden Fassung. Dabei wird darauf hingewiesen, dass Nutzflächen von Nebenräumen, die in einem Nutzungszusammenhang mit Wohnflächen stehen, nicht einzubeziehen sind. Zu den Nebenräumen gehören beispielsweise Keller-, Abstell-, Wasch-, Trocken- und Heizungsräume sowie Garagen. Zudem stellt die Finanzverwaltung klar, dass Nutzflächen von Nebenräumen, die nicht im Nutzungszusammenhang mit Wohnflächen stehen, bei der Ermittlung des Verhältnisses von Wohn- und Nutzfläche zu berücksichtigen sind.
Rz. 116
Zunächst bestehen keine Bedenken, dass die Aussagen der Finanzverwaltung bei der Bestimmung der Grundstücksart auch bei der Ermittlung der für den Ansatz der Miete maßgebenden Nutzfläche übernommen werden können. Zwar wird auf die DIN 277 "in der jeweils geltenden Fassung" hingewiesen. Dies wird in A 259.4 Abs. 1 AEBewGrSt konkretisiert, indem zur Ermittlung der Bruttogrundfläche, die bei Bewertungen nach dem Sachwertverfahren für Nicht Wohngrundstücke maßgebend ist, auf die – veraltete – DIN 277-1:2005-02 verwiesen wird. Jedoch wird bereits in der – veralteten – DIN 277-1:2005-02 nicht mehr der Begriff der "Nutzfläche", sondern der Begriff der "Nutzungsflächen" verwendet. Diese Begrifflichkeit verwenden auch die für spätere Zeiträume geltenden Fassungen der DIN 277. Insofern dürften keine Zweifel daran bestehen, dass bei der Ermittlung des Grundsteuerwerts eine grundsätzliche Begriffsidentität unterstellt werden sollte.
Rz. 117
Nach der DIN 277 werden die Nutzungsflächen nach Funktionen gegliedert:
- 1. Wohnen und Aufenthalt
- 2. Büroarbeit
- 3. Produktion, Hand- und Maschinenarbeit, Experimente
- 4. Lagern, Verteilen und Verkaufen
- 5. Bildung, Unterricht und Kultur
- 6. Heilen und Pflegen
- 7. Sonstige Nutzungen
Rz. 118
Ebenso ist es jedoch auch denkbar, dass die Richtlinie zur Berechnung der Mietfläche für gewerblichen Raum (MFG) zur Ermittlung der Nutzfläche herangezogen wird, die von der Gesellschaft für immobilienwirtschaftliche Forschung e.V. entwickelt wurde.
Rz. 119– 120
Einstweilen frei.
2. Begriffsbestimmung durch Niedersachsen vom 22.2.2022
Rz. 121
Der Verwaltungserlass von Niedersachsen vom 22.2.2022 befasst sich vertieft mit der Berechnung der Nutzflächen in dem vom Bundesmodell abweichenden niedersächsischen Flächen-Lage-Modell. Die Ausführungen zur Nutzfläche erscheinen überzeugend. Es dürften daher keine Bedenken bestehen, die Auffassung des Verwaltungserlasses von Niedersachsen auch bei der Ermittlung der Nutzfläche im Bundesmodell zu übernehmen.
Rz. 122
Danach ist der Begriff "Nutzfläche" ein unbestimmter Rechtsbegriff, der in diversen Rechtsgebieten und auch im Steuerrecht häufig Verwendung findet.
Rz. 123
Der Erlass vom 22.2.2022 führt aus:
In aller Regel wird die Nutzfläche üblicherweise als Gebäudenutzungsfläche nach der DIN 277 bestimmt, die in regelmäßigen Abständen neuen Erfordernissen angepasst wird, zuletzt durch die DIN 277: 2021-08. Den Steuerpflichtigen soll nicht zugemutet werden, vorhandene Flächenberechnungen an die neuesten Regelwerke anzupassen, soweit dies nicht zu unangemessenen Ergebnissen führt. Als Grundlage herangezogen werden kann daher aus Vereinfachungsgründen auch die Nutzungsfläche nach DIN 277-1: 2005-02 oder bei Bauten ab dem Kalenderjahr 2016 auch die Nutzungs...