Rz. 111
Zur Vermeidung einer sog. Überprogression des Erwerbs, der in zwei Zehnjahreszeiträume fiel (einmal als Vorerwerb, ein andermal als Nacherwerb), hat der BFH mit Urteil v. 2.3.2005 seine frühere Auffassung vom "wiederauflebenden Freibetrag" aufgegeben.
Rz. 112
Bei der Abzugsteuer zieht er keinen Freibetrag mehr bei der ersten Schenkung des neuen Zehnjahreszeitraums ab. Die Finanzverwaltung hat sich dem angeschlossen (s. R E 14.1 Abs. 4 ErbStR 2019).
Rz. 113
Beispiel:
S. H E 14.1 Abs. 4 ErbStH 2019.
Rz. 114
Bei einer Schenkungskette über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren ist unter der Geltung des § 14 Abs. 1 Satz 3 ErbStG eine sog. Überprogression ausschließlich durch den Abzug der tatsächlich zu entrichtenden Steuer für den Vorerwerb zu korrigieren. Eine Korrektur der Überprogression nach den vor Inkrafttreten dieser Vorschrift anzuwendenden Grundsätzen scheidet bei (Letzt-)Erwerben ab 1997 aus.
Rz. 115
Bei Stellung eines Antrags nach § 2 Abs. 3 ErbStG zur unbeschränkten Steuerpflicht (s. Rz. 51) wurden sowohl nach § 2 Abs. 3 Satz 2 ErbStG Vorerwerbe innerhalb von zehn Jahren vorher als auch nach zehn Jahren von derselben Person als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt und nach § 14 ErbStG zusammengerechnet.
Rz. 116
Diese Regelung ist inzwischen vom EuGH mit Urteil vom 8.6.2016 als gegen Europarecht verstoßend eingestuft worden (s. Rz. 51 und § 2 ErbStG Rz. 111), weil bei originär unbeschränkt Erbschaftsteuerpflichtigen nur eine Zusammenrechnung der letzten zehn Jahre vorher nach § 14 ErbStG stattfindet. Mit Beschluss vom 22.10.2014 hatte das FG Düsseldorf diese Frage dem EuGH vorgelegt.
Rz. 117
Relativ schnell hat daraufhin der deutsche Gesetzgeber mit Art. 4 Nr. 1 Buchst. b StUmgBG vom 23.6.2017 § 2 Abs. 3 ErbStG n.F. wieder aufgehoben (s. § 2 ErbStG Rz. 111). Nach dem durch Art. 4 Nr. 5 Buchst. b StUmgBG neu eingefügten § 16 Abs. 2 ErbStG bekommt der Erwerber grundsätzlich den Freibetrag, der ihm bei unbeschränkter Steuerpflicht nach § 16 Abs. 1 ErbStG zustehen würde. Um zu verhindern, dass ein Erwerber im Falle der beschränkten Steuerpflicht besser gestellt wird, als ein vergleichbarer Erwerber, dessen Erwerb nach § 2 Abs. 1 ErbStG der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt, wird der Freibetrag aber nur anteilig gewährt, wenn nur ein Teil des Erwerbs unter die beschränkte Steuerpflicht fällt.
Rz. 118
Um sicherzustellen, dass die Besteuerung unter Abzug eines nur anteiligen Freibetrags nicht durch in mehrere Teile aufgespaltene zeitlich gestaffelte Zuwendungen zwischen denselben Personen umgangen werden kann, werdenauch frühere, innerhalb von zehn Jahren von derselben Person angefallene Erwerbe in die Berechnung des anteiligen Freibetrags einbezogen. Diese Regelung gilt für Erwerbe, für die die Steuer nach dem 24.6.2017 entsteht (§ 37 Abs. 14 ErbStG n.F.).
Zu etwaigen europarechtlichen Zweifeln wegen dieser Neuregelung s. § 16 ErbStG Rz. 28 ff.
Rz. 119– 120
Einstweilen frei.