Dipl.-Finw. (FH) Gerhard Bruschke
Rz. 130
Mit Wirkung vom 19.7.1989 wurde durch das Gesetz zur Förderung der bäuerlichen Landwirtschaft § 41 BewG um einen Absatz 2a erweitert. Obwohl diese Vorschrift im Gesetzentwurf der Bundesregierung noch nicht enthalten war, wurde sie trotz bestehender Bedenken auf Empfehlung des Bundestags-Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in das Gesetz aufgenommen.
Rz. 131
Nach dieser Regelung ist der Zuschlag wegen Abweichung des tatsächlichen Tierbestands vom unterstellten regelmäßigen Tierbestand der Gegend zu halbieren. Nicht darunter fallen allerdings die Zurechnungen nach Abschn. 2.11 Abs. 5 BewRL. Die Halbierung gilt zudem nur für den Zuschlag wegen Überbestands an Vieh, nicht hingegen für sonstige Zuschläge. Abschläge wegen Unterbestands an Vieh sind voll zu berücksichtigen.
Rz. 132
Letztlich ist nicht eindeutig geklärt, von welchem Betrag bei der Halbierung der Zuschläge für eine verstärkte Tierhaltung auszugehen ist. Im BewG selbst sind die Zuschläge nicht ziffernmäßig festgelegt. Das bedeutet bei zutreffender Auslegung, dass zunächst die Steigerung der Ertragsfähigkeit, die durch die verstärkte Tierhaltung beim einzelnen Betrieb eintritt, ermittelt werden müsste. Eine solche individuelle Ermittlung ist vom Gesetzgeber allerdings nicht gewollt und wäre praktisch auch nicht durchführbar.
Rz. 133
Auszugehen ist daher von den von der Finanzverwaltung in der Tabelle L 30 zu Abschn. 2.20 Abs. 2 BewRL festgelegten Beträgen. Diese Beträge sind durch die höchstrichterliche Rechtsprechung in mehreren Urteilen als praktisch verbindlich bestätigt worden, drücken jedoch die tatsächlich Ertragssteigerung nur unzureichend aus.
Rz. 134
Nach der Grundüberlegung des Gesetzgebers sollen die Zuschläge nach der Tabelle L 30 die mit dem Achtzehnfachen kapitalisierte, nachhaltig erzielbare durchschnittliche Reinertragssteigerung, die durch den Überbestand an Vieh pro Vieheinheit (VE) erzielt werden kann, abgelten. Das bedeutet, dass bei einem Zuschlag von 600 DM von einer jährlichen Steigerung der Ertragsfähigkeit pro VE von rd. 34 DM ausgegangen wird. Infolge der Halbierung beträgt die durch den Zuschlag abgegoltene durchschnittliche Reinertragssteigerung dann nur noch rd. 17 DM pro VE und Jahr. Damit wird das vorgebliche Ziel des Gesetzgebers deutlich verfehlt.
Rz. 135
Bei Legehennen und leichten Ferkeln entspricht das einer unterstellten durchschnittlich erzielbaren Reinertragssteigerung von nur 0,34 DM pro Tier jährlich, bei Zuchtbullen von 20 DM. Diese Beträge stimmen mit den tatsächlich durchschnittlich erzielbaren Reinertragssteigerungen selbst unter Berücksichtigung der Wertverhältnisse vom 1.1.1964 nicht annähernd überein. So betrug die vom BFH festgestellte Reinertragssteigerung bei Legehennen bis zum Wirtschaftsjahr 1971/1972 noch 3,66 DM pro VE, also rund das Zehnfache des halbierten Zuschlags.
Rz. 136
§ 41 Abs. 2a BewG gilt nur für Fortschreibungen und Nachfeststellungen. Die Halbierung ist daher bei Nachfeststellungen unabhängig von der Höhe der Beträge zu berücksichtigen.
Rz. 137
Die Fortschreibung eines Einheitswertes setzt jedoch voraus, dass die Fortschreibungsgrenzen des § 22 Abs. 1 BewG erreicht sind. Das Finanzamt muss deshalb vor der Fortschreibung prüfen, ob der neue Einheitswert, bei dem der Zuschlag zu halbieren ist, in dem erforderlichen Umfang vom bisherigen Einheitswert abweicht. Dazu ist erforderlich, dass es den neuen Einheitswert ermittelt und dabei alle Umstände, die für die Neubewertung maßgebend sind, erfasst, insbesondere den am Fortschreibungszeitpunkt tatsächlich vorhandenen Viehbestand. Erst wenn der tatsächlich vorhandene Viehbestand feststeht, ist der Zuschlag zu ermitteln und sodann zu halbieren.
Rz. 138
Der bisherige Zuschlag darf also nicht unbesehen übernommen und halbiert werden. Kann der neue Zuschlag noch nicht abschließend ermittelt werden, kommt eine Fortschreibung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) in Betracht, wenn die Wertgrenzen unter Berücksichtigung des halben Zuschlags erreicht sind. Eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO scheidet dagegen aus, da die Änderung oder Neufassung eines Gesetzes kein rückwirkendes Ereignis darstellt.
Rz. 139– 141
Einstweilen frei.