1. Hintergrund und Funktionsweise des § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG
Rz. 169
Mit dem Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz wurde § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG a.F. um die Nr. 4a a.F. ergänzt. Damit wurde der Katalog des nicht begünstigten Verwaltungsvermögens um eine weitere Kategorie aufgestockt (sog. ZGGF = Zahlungsmittel, Geschäftsguthaben, Geldforderungen, andere Forderungen). Damit sollte nach Auffassung des Gesetzgebers dem Umstand Rechnung getragen werden, dass Wirtschaftsgüter nur dann zu begünstigen sind, wenn sie als betriebsnotwendig zu qualifizieren sind und den zur gesicherten Betriebsfortführung erforderlichen Umfang nicht übersteigen. Zugleich sollte die betriebswirtschaftlich notwendige Liquidität, die im Wesentlichen aus der normalen Geschäftstätigkeit des Unternehmens entsteht, begünstigt sein. Dem Verwaltungsvermögenstest des alten Rechts wurde somit ein Finanzmitteltest vorgelagert. Der Saldo dessen, was im Zuge des Finanzmitteltests als Verwaltungsvermögen i.S.v. § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG a.F. identifiziert wurde, ging dann in den eigentlichen Verwaltungsvermögenstest ein.
Rz. 170
Mit dem ErbStAnpG 2016 hat der Gesetzgeber die Bestimmung zur Verwaltungsvermögenseigenschaft von Geldmitteln und Forderungen (§ 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG a.F.) nochmals verschärft. Die Regelung bestimmt – wie früher –, dass Zahlungsmittel, Geschäftsguthaben, Geldforderungen und andere Forderungen ab Überschreiten einer gewissen Grenze schädliches Verwaltungsvermögen i.S.d. § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG darstellen. Erfasst werden umfassend Liquidität und Forderungen auf der Aktivseite, insbesondere also auch Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, Forderungen gegen verbundene Unternehmen, Gesellschafterforderungen usw.
Rz. 171
Finanzmittel sind auch weiterhin Verwaltungsvermögen, wenn bestimmte Grenzen überschritten sind. Gemäß § 13b Abs. 4 Nr. 5 Satz 1 ErbStG sind Schulden und ggf. ein sog. Sockelbetrag abzugsfähig. Zu kürzen ist der Wert der Finanzmittel zunächst um den Wert der jungen Finanzmittel, da diese stets steuerpflichtiges Verwaltungsvermögen sind. Bei der Prüfung, ob Finanzmittel zum Verwaltungsvermögen gehören, ist nach den Neuregelungen maßgeblich, ob der Nettowert einen "Sockelbetrag" i.H.v. 15 % (bisher 20 %) des anzusetzenden Werts des Betriebsvermögens des Betriebs oder der Gesellschaft übersteigt. Wenn das begünstigungsfähige Vermögen jedoch nicht einem in § 13b Abs. 4 Nr. 5 Satz 4 ErbStG beschriebenen positiven Hauptzweck dient, ist kein Sockelbetrag zu berücksichtigen. Der Sockelbetrag ist nicht zu gewähren, wenn zwar ertragsteuerlich Unternehmensvermögen vorliegt, jedoch das Unternehmen de facto "dem Hauptzweck nach" nicht produktiv tätig wird.
2. Begriffsbestimmung
Rz. 172
Zu den Zahlungsmitteln, Geschäftsguthaben, Geldforderungen und anderen Forderungen (ZGGF) zählen u.a.:
- Geld,
- Sichteinlagen,
- Sparanlagen,
- Festgeldkonten,
- Forderungen aus Lieferungen und Leistungen,
- Forderungen an verbundene Unternehmen (wegen der Behandlung im Rahmen der Verbundvermögensaufstellung,
- Ansprüche aus Rückdeckungsversicherungen (wegen der Zuordnung zu Vermögen, das der Erfüllung von Altersversorgungsverpflichtungen dient,
- Forderungen im Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters einer Personengesellschaft, insbesondere Forderungen des Gesellschafters gegen die Personengesellschaft,
- Forderungen von Personen- oder Kapitalgesellschaften gegen ihre Gesellschafter,
- sonstige auf Geld gerichtete Forderungen aller Art, soweit sie nicht bereits § 13b Abs. 4 Nr. 4 ErbStG zuzuordnen sind, insbesondere geleistete Anzahlungen, Steuerforderungen, Forderungen aus stillen Beteiligungen,
- Kryptowährungen, z.B. Bitcoin.
Rz. 173
Zu Finanzmitteln zählt auch die Instandhaltungsrücklage bei Wohnungs- und Teileigentum i.S.d. § 93 BewG. Nach Auffassung des BFH stellt das Guthaben aus der Instandhaltungsrückstellung nach dem Wohnungseigentumsgesetz eine mit einer Geldforderung vergleichbare Vermögensposition dar, die nicht unter den Grundstücksbegriff des GrEStG fällt. Diese Grundsätze sind auch bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer zu berücksichtigen. Die Instandhaltungsrückstellung gehört zum Verwaltungsvermögen der Eigentümergemeinschaft nach § 10 Abs. 7 WEG und geht bei der Übertragung von Wohnungs- oder Teileigentum immer anteilig auf den Erwerber über. In Erbschaft- und Schenkungsteuerfällen ist bei der Übertragung von Wohnungs- oder Teileigentum i.S.d. § 93 BewG somit immer die Höhe der Instandhaltungsrückstellung zu ermitteln und neben dem übertragenen Wohnungs- bzw. Teileigentum als gesonderte Kapitalforderung zu erfassen. Dies allerdings führt zu dem praktischen Problem, dass bei der Bewertung von Eigentumswohnungen im Vergleichswertverfahren auf...