Dipl.-Finw. (FH) Gerhard Bruschke
Schrifttum:
Allgaier, Einheitswerte nach Ablauf der Grundsteuervergünstigung, StW 1990, 193; Becht, Die Umstellung der Steuergesetze auf die Währungseinheit Euro, DB 2001, 1742; Bruschke, Einheitsbewertung – letzter Akt?, StC 9/2010, 25; Bruschke, Verfahrensmäßige Auswirkungen der Vorlagebeschlüsse des BFH zur Verfassungswidrigkeit der Einheitsbewertung, AO-StB 2015, 170; Bur, Die fehlerbeseitigende Fortschreibung – eine Korrekturvorschrift außerhalb der AO, StW 1995, 324; Christoffel, Föderales Konsolidierungsprogramm – Die Änderungen bei der Vermögensteuer, DB 1993, 1310; Eisele, Der Anfang vom Ende der "klassischen" Einheitsbewertung, NWB 2015, 260; Englert/Alex, Grundsteuererlass oder Wertfortschreibung im Falle dauerhaften Leerstands, DStR 2007, 95; Halaczinsky, 50 Jahre Einheitswerte 1964 – Bewertung des Grundbesitzes in den alten Bundesländern, Beihefter zu DStR 45/2014, 137; Hinder/Broekmann, Fortschreibungsregeln zur Einheitsbewertung führen zu einer nicht hinnehmbaren "Dummensteuer", Grundeigentum 2015, 434; Hofmann, Fehlerbeseitigende Fortschreibung (§ 22 Abs. 3 BewG) und Korrekturvorschriften der Abgabenordnung, DStR 1990, 331; Keßler, Bewertung von im Umbau befindlichen Gebäuden, LSW Gruppe 3, 4442; Kutschka, Die Rechtsbehelfsbelehrung zu Einheitswertbescheiden, DStR 1986, 27; Kutschka, Der Einheitswertbescheid als Zusammenfassung mehrerer Verwaltungsakte, DStR 1987, 578; Mannek, Fortschreibung zur Fehlerbeseitigung, DB 1990, 1590; Ritzer, Verhältnis zwischen Fortschreibungsbescheid und vorangegangener Einheitswertfeststellung, DStR 1980, 12; Stöckel, Wirtschaftliche Überalterung von Tankstellengebäuden bei der Einheitsbewertung des Grundvermögens, DStZ 1990, 403; Streck, Zur Frage der Rechtmäßigkeit einer Fehlerberichtigung nach § 22 Abs. 3 BewG, Stbg 1987, 322; Troll, Fortschreibung des Einheitswerts zur Berichtigung eines Rechtsfehlers zugunsten des Steuerpflichtigen, DStZ 1983, 419.
I. Grundaussagen
1. Zweck der Vorschrift
Rz. 1
Die Vorschrift des § 22 BewG über die Fortschreibungen von Einheitswerten dient der Fortführung der einzelnen Einheitswerte entsprechend der Entwicklung der Verhältnisse der wirtschaftlichen Einheit in der Zeit zwischen zwei Hauptfeststellungszeitpunkten. Hierbei ist es unerheblich, dass nach derzeitigem Stand aufgrund der nur noch eingeschränkten Bedeutung der Einheitswertfeststellung wohl keine neue Hauptfeststellung durchgeführt werden wird (s. dazu § 21 BewG Anm. 65).
Rz. 2
Allerdings ist der Regelungsinhalt nicht nur auf die Zeit zwischen zwei Hauptfeststellungszeitpunkten beschränkt, sondern umfasst auch den Zeitraum nach einer Nachfeststellung. Änderungen über den Wert, die Art oder die Zurechung des Gegenstandes, die nach einer durchgeführten Nachfeststellung eintreten, führen somit ebenfalls zu einer Fortschreibung i.S. des § 22 BewG.
Rz. 3
Da jeder Feststellungsbescheid über einen Einheitswert – unabhängig davon, ob es sich um eine Hauptfeststellung oder um einen Nachfeststellung handelt – im Wesentlichen drei Feststellungen enthält, nämlich über den Wert, die Art und die Zurechnung des Gegenstandes (dazu im Einzelnen § 19 BewG Anm. 99 ff.), muss grundsätzlich eine Fortschreibung vorgenommen werden, wenn sich in einem dieser Punkte etwas ändert oder eine Wertabweichung vorliegt. Dementsprechend wird zwischen der Wertfortschreibung, der Artfortschreibung und der Zurechnungsfortschreibung unterschieden.
Rz. 4
§ 22 BewG regelt in den Abs. 1 bis 3 die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Fortschreibung eines festgestellten Einheitswerts und enthält darüber hinaus im Abs. 4 verfahrensrechtliche Vorschriften, die erst mit Geltung der jetzigen Abgabenordnung (AO) in das BewG übernommen wurden und vor dem 1.1.1977 im § 225a AO geregelt waren.
Rz. 5
Absatz 1 legt im Einzelnen die Voraussetzungen für eine Wertfortschreibung fest, die nur dann gegeben sind, wenn der neue Wert in einem bestimmten Umfang von dem Einheitswert des letzten Feststellungszeitpunkts abweicht. Abweichungen im Wert begründen somit nur dann eine Wertfortschreibung, wenn unter Beibehaltung der Wertverhältnisse vom Hauptfeststellungszeitpunkt (vgl. § 27 BewG) bestimmte Wertgrenzen überschritten sind. Dabei unterscheidet die Vorschrift zwischen Wertfortschreibungen zugungsten und Wertfortschreibungen zuungunsten des Stpfl.
Rz. 6
Die Wertfortschreibungsgrenzen können sich somit zugunsten wie zuungunsten der Stpfl. auswirken, wobei die Wertgrenzen bei Fortschreibungen zugunsten deutlich geringer sind als die Wertgrenzen bei Fortschreibungen zuungunsten. Bei der Beurteilung der festgelegten Wertfortschreibungsgrenzen ist zu berücksichtigen, dass ihre Höhe einerseits durch die steuerlichen Interessen der Stpfl., andererseits bei der Vielzahl der für eine Wertfortschreibung in Betracht kommenden Fälle auch durch die Belange der Finanzverwaltung bestimmt wird.
Rz. 7
§ 22 Abs. 2 BewG enthält die materiell-rechtlichen Vorschriften über die Artfortschreibu...