Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
A. Grundaussagen der Vorschrift
I. Regelungsgegenstand und Rechtsentwicklung
Rz. 1
§ 254 BewG gilt bei der Grundsteuerwertermittlung für Zwecke der Grundsteuer. Die Vorschrift regelt die pauschalierte Ermittlung des Rohertrags. Nach Abzug der Bewirtschaftungskosten (§ 255 BewG) vom Rohertrag ergibt sich der nach § 253 BewG zu kapitalisierende Reinertrag.
Rz. 2
§ 254 BewG ist durch das Grundsteuer-Reformgesetz neu in das Bewertungsgesetz eingefügt worden und bei der Ermittlung des Grundsteuerwerts im Rahmen der Hauptfeststellung auf den 1.1.2022 maßgebend. Der Grundsteuerwert ist erstmalig ab dem 1.1.2025 bei der Bemessung der Grundsteuer anzuwenden. Die Neufassung reagiert auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 18.4.2018.
Rz. 3
Die zum § 254 BewG gehörende Anlage 39 zum BewG enthält die zur Ermittlung des Grundsteuerwerts maßgebenden jährlichen Nettokaltmieten. Die Anlage 39 zum BewG ist durch das Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetz geändert worden, um die Mieten an die zwischenzeitlich verbesserte und aktualisierte Datenbasis anzupassen.
Rz. 4
Die Finanzverwaltung hat zur Grundsteuerreform koordinierte Ländererlasse vom 9.11.2021 (AEBewGrSt) herausgegeben. Die Vordrucke und Ausfüllanleitungen für die Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts auf den 1.1.2022 sind ebenfalls veröffentlicht worden. Eine Korrektur der Vordrucke ist in BStBl. I 2022, 138 veröffentlicht worden.
Rz. 5– 7
Einstweilen frei.
II. Typisierender Ansatz der "Listenmiete"
Rz. 8
Die vom Gesetzgeber realisierte Typisierung bei der Ermittlung des jährlichen Rohertrags des Grundstücks erscheint im Unterschied zu den bisherigen Bewertungen von Grundbesitz aus verfassungsrechtlicher Sicht zumindest couragiert. Denn bei dem Ansatz der Miete ist es nicht entscheidend, welche Miete aufgrund vertraglicher Vereinbarungen und unter Berücksichtigung der Ausstattung tatsächlich für die Dauer eines Jahres zu zahlen ist. Es ist auch nicht entscheidend, welche übliche Miete für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage oder Ausstattung regelmäßig gezahlt wird. Beim Ansatz einer typisierten Miete wird für schlecht ausgestattete Wohnräume dieselbe Miete angesetzt wie für aufwendig ausgestattete und über modernste Technik verfügende Wohnräume.
Rz. 9
Der Gesetzgeber hat somit in Ausübung seiner Typisierungsbefugnis ausschließlich pauschale Beträge vorgegeben, die als Rohertrag des Grundstücks anzusetzen sind. Trotz der starken Pauschalierung darf jedoch nicht übersehen werden, dass die Erhebung der Grundsteuer zu einem Massenverfahren führt, bei dem angesichts der absoluten Belastung durch die Grundsteuer und im Interesse einer einfachen Steuererhebung eine stärkere Pauschalierung hingenommen werden kann.
Rz. 10
Bei den gesetzlich typisierend vorgegebenen monatlichen Mieten je Quadratmeter Wohnfläche handelt es sich um Kaltmieten.
Rz. 11– 12
Einstweilen frei.
B. Differenzierung des Mietansatzes
I. Maßgebende Parameter
1. Rohertrag als Ausgangsgröße
Rz. 13
Ausgangsgröße der Bewertung im Ertragswertverfahren ist der jährliche Rohertrag. Bei Wohngebäuden wird dieser auf der Grundlage von aus dem Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes abgeleiteten durchschnittlichen Nettokaltmieten je Quadratmeter Wohnfläche ermittelt, die in Anlage 39 zum BewG, Teil I. und II., ausgewiesen werden. Dabei erfolgt eine Unterscheidung nach
- dem Land, in dem sich das zu bewertende Grundstück befindet,
- drei Grundstücksarten (Ein-, Zweifamilienhaus, Mietwohngrundstück),
- drei Wohnflächengruppen (Wohnfläche < 60m[2], 60 bis ≤ 100m[2], 100m[2] und mehr) sowie
- fünf Baujahrgruppen (Baujahr bis 1948, 1949 bis 1978, 1979 bis 1990, 1991 bis 2000, ab 2000).
Rz. 14
Zusätzlich wir...