Leitsatz

Soweit eine staatlich anerkannte Heilpädagogin auf ärztliche Anordnung Förderdiagnostik sowie heilpädagogische Behandlungen, z.B. von ADS, Legasthenie, Enuresis, Enkopresis, Dyslalie, Stottern sowie Wahrnehmungsstörungen durchführt, um bei den Patienten drohende Behinderungen abzuwenden oder den fortschreitenden Verlauf einer Behinderung zu verlangsamen oder die Folgen einer Behinderung zu beseitigen oder zu mindern, sind ihre Leistungen nach § 4 Nr. 14 UStG steuerbefreit.

Soweit die Tätigkeit der Heilpädagogin nicht nur auf die Diagnose und Behandlung von Gesundheitsstörungen gerichtet ist und sie für die Sozial- und Jugendämter verschiedener Landkreise heilpädagogische Leistungen an behinderte oder von Behinderung bedrohte Kinder erbringt, zu deren Erbringung die Behörden gesetzlich verpflichtet sind, kann sich die Heilpädagogin für die Steuerbefreiung ihrer Leistungen auch unmittelbar auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der 6. EG-Richtlinie berufen. Dass Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der 6. EG-Richtlinie nur teilweise, nämlich durch § 4 Nr. 15, 16 und 18 UStG, nicht aber hinsichtlich der Leistungen der Heilpädagogin, in nationales deutsches Recht umgesetzt worden ist, steht dem nicht entgegen.

 

Sachverhalt

Eine staatlich anerkannte Heilpädagogin erbrachte für die Sozial- und Jugendämter verschiedener oberbayerischer Landkreise heilpädagogische Leistungen an behinderte oder von Behinderung bedrohte Patienten, zu deren Erbringung die Behörden gesetzlich, insbesondere gem. §§ 39, 40 Bundessozialhilfegesetz und § 35a KJHG/SGB VIII, verpflichtet waren.

 

Entscheidung

Die Voraussetzungen der Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 14 UStG liegen vor, denn die von der Heilpädagogin überwiegend auf ärztliche Anordnung durchgeführte Förderdiagnostik sowie heilpädagogisch Behandlung von etwa ADS, Legasthenie, Enureses, Enkopresis, Dyslalie, Stottern sowie Wahrnehmungsstörungen wurden erbracht, um drohende Behinderungen abzuwenden oder den fortschreitenden Verlauf einer Behinderung zu verlangsamen oder die Folgen einer Behinderung zu beseitigen oder zu mindern. Die Leistungen dienen dem Zweck der Behandlung und soweit möglich der Heilung von Gesundheitsstörungen der Leistungsempfänger. Außerdem hat die Heilpädagogin den Nachweis ihrer beruflichen Befähigung erbracht.

Soweit die Tätigkeit der Heilpädagogin nicht nur auf die Diagnose und Behandlung von Gesundheitsstörungen gerichtet ist, kann sie sich für die Steuerbefreiung ihrer heilpädagogischen Leistungen auch unmittelbar auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG berufen.

 

Hinweis

Die Finanzverwaltung hat bisher die Umsätze der Heilpädagogen nicht von der Umsatzsteuer befreit. Die Revision, die das Finanzgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen hatte, wurde mittlerweile eingelegt (Az. beim BFH: V R 35/05).

 

Link zur Entscheidung

FG München, Urteil vom 21.04.2005, 14 K 5140/02

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