Leitsatz
1. Die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG für die Leistungen eines Museums oder einer gleichartigen Einrichtung umfasst sachlich nicht nur die Einräumung von Eintrittsberechtigungen in das Museum, sondern z.B. auch andere typische Museumsleistungen mit Kulturbezug.
2. Das Museum, mit dem die gleichartige Einrichtung ihre Museumsleistung erbringt, kann auch das Museum einer dritten Person sein.
3. Jedenfalls bei einem Museum, das nur in Begleitung eines Gästeführers besucht werden darf, ist die Führung der Museumsgäste eine typische Museumsleistung.
4. Ein spezialisierter Unterricht, der für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt, ist kein Schul- oder Hochschulunterricht i.S. des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL in seiner neueren Auslegung durch den EuGH.
5. Art. 132 Abs. 1 Buchst. n MwStSystRL ist grundsätzlich nicht berufbar.
Normenkette
§ 4 Nr. 20 Buchst. a Sätze 1 und 2 UStG, Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und n EGRL 112/2006 (= MwStSystRL)
Sachverhalt
Die Stiftung A betreibt ein Museum, das ausschließlich über Gruppenführungen begehbar ist. Die Stiftung A führt steuerfreie Umsätze i.S.d. § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG an die Museumsbesucher aus.
Der Kläger ist für die Stiftung A als Museumsführer tätig, führte in den Jahren 2010 bis 2013 Gruppenführungen durch und verfügte für diese Zeit über eine Bescheinigung der Bezirksregierung B, wonach er als Museumsführer die gleichen kulturellen Aufgaben erfülle wie vergleichbare Einrichtungen in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft.
Der Kläger sah seine Umsätze als umsatzsteuerfrei an. Das FA setzte in der Annahme, die Umsätze seien steuerpflichtig, USt fest.
Die Vorinstanz (FG Münster, Urteil vom 8.10.2018, 5 K 1215/16 U, Haufe-Index 12466936, EFG 2018, 2072) gab der Klage statt. Die Umsätze des Klägers seien nach § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG und Art. 132 Abs. 1 Buchst. n EGRL 112/2006 (= MwStSystRL) umsatzsteuerfrei sowie Schulunterricht i.S.d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. i EGRL 112/2006 (= MwStSystRL).
Entscheidung
Der BFH wies die Revision des FA (einstimmig) als unbegründet zurück, wobei er nur eine Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG als gegeben ansah.
Hinweis
1. Nach § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 1 und 2 UStG sind u.a. die Umsätze der Museen des Bundes, der Länder, der Gemeinden oder der Gemeindeverbände sowie gleichartiger Einrichtungen anderer Unternehmer steuerfrei, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie die gleichen kulturellen Aufgaben wie die o.g. Einrichtungen erfüllen. In sachlicher Hinsicht muss ein Museumsumsatz vorliegen und in persönlicher Hinsicht eine anerkannte Einrichtung ihn ausführen.
2. Was ist nun ein Museumsumsatz? Der Besprechungsbeschluss stellt dazu (erneut) klar, dass nicht nur die Einräumung von Eintrittsberechtigungen, sondern auch andere typische Museumsleistungen darunter fallen und das Museum, mit dem die Museumsleistung erbracht wird, auch das Museum eines Dritten sein darf (vgl. BFH, Urteil vom 22.11.2018, V R 29/17, Rz. 13, 15, BFH/NV 2019, 250, BStBl II 2021, 495). Außerdem bestätigt der BFH die Auffassung des FG, dass jedenfalls bei einem Museum, das nur in Begleitung eines Gästeführers besucht werden darf, die Führung der Museumsbesucher eine typische Museumsleistung (und damit sachlich befreit) ist. Da der klagende Unternehmer außerdem über eine Anerkennung durch die zuständige Landesbehörde verfügte, waren seine Umsätze steuerfrei. Seine Gewinnerzielungsabsicht war insoweit unschädlich.
3. Umgekehrt führt der BFH aber auch aus, dass die unionsrechtliche Steuerbefreiung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. n MwStSystRL nicht berufbar ist und eine Führung der Museumsbesucher kein Schul- oder Hochschulunterricht i.S.d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. i EGRL 112/2006 (= MwStSystRL) ist.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 15.2.2022 – XI R 30/21 (XI R 37/18)