Sachverhalt
Bei dem Vorabentscheidungsersuchen des BFH ging es um die Frage, ob von praktischen Ärzten angeordnete medizinische Laboranalysen hinsichtlich einer Umsatzsteuerbefreiung auch dann von den in Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b und Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie enthaltenen Bedingungen abhängig gemacht werden können, wenn die Heilbehandlung der anordnenden Ärzte ohnehin umsatzsteuerfrei ist.
Die Klägerin ist eine GmbH und ihr alleiniger Gesellschafter ein Arzt für Laboratoriumsmedizin. Nach der Sachverhaltsfeststellung durch das FG (vgl. FG Münster v. 19.8.2003, 15 K 8753/98 U, EFG 2004, 64) führte die GmbH im Auftrag zweier Laborgemeinschaften medizinische Analysen durch. Die Laborgemeinschaften waren Gesellschaften bürgerlichen Rechts, zu denen sich praktische Ärzte zusammengeschlossen hatten. Diese hatten die Analysen im Rahmen ihrer Heilbehandlungen angeordnet. Das Finanzamt behandelte die Leistungen der Klägerin an die Laborgemeinschaften als steuerpflichtig. Das FG hatte dies mit der Begründung bestätigt, dass die Klägerin zwar eine "andere Einrichtung ärztlicher Befunderhebung" im Sinne von § 4 Nr. 16 UStG darstelle, die fraglichen Leistungen aber nicht im Sinne dieser Vorschrift "unter ärztlicher Aufsicht" erbracht worden seien, und dass die Klägerin nicht nachgewiesen habe, dass jeweils im vorangegangenen Kalenderjahr mindestens 40 % ihrer Leistungen den in § 4 Nr. 15 Buchst. b UStG genannten Personen zugute gekommen seien.
Entscheidung
Der EuGH beschäftigt sich aufgrund der Zweifel des BFH zunächst mit der Frage, ob Laboranalysen ärztliche Heilbehandlungen darstellen können. Er kommt zu dem Ergebnis, dass sowohl ärztliche Heilbehandlungen i.S.v. Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-Richtlinie als auch Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin i.S.v. Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie einen therapeutischen Zweck haben müssen. Diese Zweckbestimmtheit muss jedoch nicht eng ausgelegt werden. Der EuGH verweist auf seine bisherige Rechtsprechung, wonach auch ärztliche Leistungen zur Vorbeugung gegen Krankheiten in den Genuss der Steuerbefreiung kommen. Dass gilt auch für vorbeugende Untersuchungen an gesunden Menschen. Daher fallen die ärztlichen Leistungen, die zum Schutz einschließlich der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der menschlichen Gesundheit erbracht werden, unter beide Steuerbefreiungsvorschriften: Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchst. b und Buchst. c der 6. EG-Richtlinie.
Sodann stellt der EuGH fest, medizinische Laboranalysen, die von praktischen Ärzten im Rahmen ihrer Heilbehandlungen angeordnet werden, können zur Aufrechterhaltung der menschlichen Gesundheit beitragen, da sie ebenso wie jede vorbeugend erbrachte ärztliche Leistung darauf abzielen, die Beobachtung und die Untersuchung der Patienten zu ermöglichen, noch bevor es erforderlich wird, eine etwaige Krankheit zu diagnostizieren, zu behandeln oder zu heilen. Daher ist - so der EuGH - angesichts des mit den genannten Steuerbefreiungsvorschriften verfolgten Zwecks, die Kosten ärztlicher Heilbehandlungen zu senken, anzunehmen, dass medizinische Analysen, die der vorbeugenden Beobachtung und Untersuchung der Patienten dienen, ärztliche Heilbehandlungen im Sinne von Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchst. b der Richtlinie oder Heilbehandlungen im Bereich der "Humanmedizi" im Sinne von Buchstabe c der Vorschrift sein können Laboranalysen durch ein medizinisches Labor fallen nach den weiteren Entscheidungsgründen angesichts ihres subjektiven Charakters unter Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b (nicht Buchst. c) der 6. EG-Richtlinie. Zum einen unterscheidet der EuGH bei den Befreiungen nach Buchstabe b und c weniger nach der Art der Leistung als vielmehr nach dem Ort ihrer Erbringung. Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie befreit Leistungen, die aus einer Gesamtheit von ärztlichen Heilbehandlungen in Einrichtungen mit sozialer Zweckbestimmung wie der des Schutzes der menschlichen Gesundheit bestehen, während nach Buchstabe c Leistungen steuerfrei sein sollen, die außerhalb von Krankenhäusern erbracht werden, sei es in den Praxisräumen des Behandelnden, in der Wohnung des Patienten oder an einem anderen Ort. Im Gegensatz zu dem Vorbringen der EU-Kommission sieht der EuGH in einem medizinischen Labor auch ein Zentrum für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik i.S.v. Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-Richtlinie. Der EuGH begründet dies jedoch nicht sachlich, sondern mit seiner vorangehenden Feststellung, dass medizinische Laboranalysen ja Heilbehandlungen i.S.v. Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-Richtlinie sein könnten. Also müsse ein Labor als eine Einrichtung "gleicher Art" wie "Krankenanstalten" und "Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik" i.S.d. Richtlinienbestimmung angesehen werden. Der EuGH weist in diesem Zusammenhang ausdrücklich das auf die EuGH-Rechtsprechung zum Outsourcing im Bereich der Finanzdienstleistungen gestützte Vorbringen der EU-Kommission zurüc...