OFD Kiel, Verfügung v. 9.2.2001, S 2198a/S 2198b - A - St 235

 

I. Prüfung des Bundesrechnungshofs

Der Bundesrechnungshof (BRH) hat kürzlich bei mehreren Finanzämtern in den neuen Bundesländern in 150 Fällen die Gewährung von Steuerbegünstigungen zur Erhaltung von Baudenkmalen und Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen geprüft. Dabei hat er festgestellt, dass eine einheitliche und vor allem zutreffende Anwendung der zu beachtenden steuerrechtlichen Vorschriften nicht sichergestellt war. Nach den Prüfungsfeststellungen haben Finanzämter, Fachbehörden und Steuerpflichtige Unsicherheiten und Unkenntnis in der Anwendung der komplizierten, unübersichtlichen Steuerrechtsnormen der §§ 7h, 7i, 10f, 11a und 11b EStG offenbart. Im Rahmen der Prüfung durch den BRH haben sich in durchschnittlich 75 % der eingesehenen Fälle Beanstandungen ergeben, und zwar weit überwiegend wegen

  • fehlender, unvollständiger oder von nicht zuständiger Stelle vorliegender Bescheinigung,
  • unzureichender Sachverhaltsaufklärung seitens des Finanzamts,
  • unzutreffender Ermittlung der Bemessungsgrundlage und/oder
  • falscher Zuordnung von Teilleistungen.

Wegen der Gleichartigkeit der beanstandeten Mängel in allen geprüften Finanzämtern kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch in den Finanzämtern … (dieses) Geschäftsbereichs entsprechende Bearbeitungsmängel vorliegen. Um künftig eine einheitliche Anwendung der o.a. gesetzlichen Vorschriften zu gewährleisten, werden die Prüfungsfeststellungen des BRH zum Anlass genommen, auf die festgestellten Bearbeitungsmängel hinzuweisen und um Beachtung der folgenden Grundsätze zu bitten.

 

II. Steuerliche Vergünstigungen

Nach den §§ 7i, 7h, 10f, 11a und 11b EStG kann der Eigentümer eines Baudenkmales und/oder eines Gebäudes in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen Herstellungs- und bestimmte Anschaffungskosten bis zu 10 % im Jahr der Herstellung und in den folgenden neun Jahren absetzen oder Erhaltungsaufwendungen auf zwei bis fünf Jahre gleichmäßig verteilt abziehen. Die steuerlich begünstigten Aufwendungen müssen nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes und/oder zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich sein und vorher mit der zuständigen Fachbehörde (Denkmalschutzbehörde oder Gemeinde) abgestimmt sein.

Voraussetzung für die Inanspruchnahme der erhöhten Abschreibungen ist die Vorlage einer die Finanzverwaltung bindenden Bescheinigung der nach Landesrecht zuständigen Fachbehörde. Darin wird nachgewiesen, dass die vom Gesetz geforderten Voraussetzungen für die Vergünstigungen vorliegen.

Für Maßnahmen an Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen hat in allen Bundesländern nach § 7h Abs. 3 Satz 1 EStG i.V. mit §§ 136 ff. BauGB die jeweilige Gemeinde die Bescheinigung zu erstellen. Es wird hierzu auf die mit den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder abgestimmten und mit BMF-Schreiben vom 16.12.1997, IV B 3 – S 2198a – 17/97 bekannt gegebenen Bescheinigungsrichtlinien zur Anwendung der §§ 7h, 10f und 11a EStG (ESt-Kartei § 7h Karte 1.1) verwiesen.

Bei Baumaßnahmen an Baudenkmalen sind die vom Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur des Landes Schleswig-Holstein mit Erlass vom 28.6.1991, X 750a – 3540.13.2 den Denkmalschutzbehörden bekannt gegebenen Bescheinigungsrichtlinien zur Anwendung der §§ 7i, 10f und 11 EStG (ESt-Kartei § 7i Karte 1.1.1) zu beachten. Eine Übersicht über die zuständigen Bescheinigungsbehörden bei Inanspruchnahme der Steuerbegünstigungen für Baudenkmale (§§ 7i, 10f und 11b EStG) oder für schutzwürdige Kulturgüter (10g EStG) ist mit BMF-Schreiben vom 31.8. und 4.10.1999 (ESt-Kartei § 7i Karte 1.2) bekannt gegeben worden.

Bei der Bescheinigung handelt es sich um einen Grundlagenbescheid i.S. des § 171 Abs. 10 AO mit Bindungswirkung für steuerliche Folgebescheide gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO. Die Bescheinigung der Fachbehörde unterliegt weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht der Nachprüfung durch die Finanzbehörde. Ist jedoch offensichtlich, dass die Bescheinigung für Maßnahmen erteilt worden ist, bei denen die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen, hat die Finanzbehörde ein Remonstrationsrecht (vgl. R 83a undR 83b EStR), d.h. sie kann die Fachbehörde zur Überprüfung veranlassen sowie um Rücknahme oder Änderung der Bescheinigung bitten.

Das Verfahren zur steuerlichen Behandlung der Aufwendungen unterteilt sich in

  1. das Bescheinigungsverfahren durch die zuständigen Fachbehörden (Denkmalschutzbehörde oder Gemeinde)
  2. die steuerliche Auswertung der Bescheinigungen und Entscheidung über die Steuervergünstigung durch die Finanzämter.
 

III. Bescheinigungen der Fachbehörden

a) Auf Grund der Bindung des Finanzamts an die Bescheinigung wirken sich die Feststellungen und Entscheidungen der Fachbehörden unmittelbar auf das Besteuerungsverfahren aus. Die Ordnungsmäßigkeit der erteilten Steuerbescheinigung ist deshalb die Grundvoraussetzung für die Rechtmäßigkeit der vom FA in dem...

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