Leitsatz
Den Steuerberater trifft ein dem Mandanten zuzurechnendes grobes Verschulden, wenn er bei manueller Erstellung der Einnahmen-Überschussrechnung anhand der Buchhaltung des Mandanten darauf verzichtet, Summen- und Saldenlisten der Betriebseinnahmen und -ausgaben auf Vollständigkeit zu prüfen.
Sachverhalt
Nach Bestandskraft des Steuerbescheids hatte sich der von einem Steuerberater für einen Arzt nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelte Gewinn als um ca. 60.000 DM zu hoch erwiesen. Den auf § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO gestützten Änderungsantrag wies das Finanzamt wegen groben Verschuldens des Steuerberaters ab. Die laufende Buchhaltung hatte der Arzt mittels eines EDV-Programms selbst erledigt. Der Steuerberater übernahm nicht die erfassten Daten, sondern erstellte die Einnahmen-Überschussrechnung auf Basis der Summen- und Saldenlisten ohne jegliche EDV-Unterstützung manuell. Dabei berücksichtigte er verschiedene Aufwendungen nicht bzw. in unzutreffender Höhe.
Entscheidung
Das FG folgt dem Finanzamt, denn der Steuerberater hat grob schuldhaft gehandelt, was dem Arzt zuzurechnen ist. Das grobe Verschulden beruht nicht auf der fehlenden EDV-Unterstützung, sondern allein darauf, dass der Steuerberater keine Vollständigkeitskontrolle vorgenommen hat. Angesichts der von ihm durchgeführten Korrekturen, Ergänzungen und Umgliederungen von Positionen aus der übernommenen Buchhaltung wäre diese Kontrolle notwendig gewesen. Ein Vollständigkeitsabgleich ist zwingend, wenn ein Steuerberater bei der Jahresabschlusserstellung bzw. Erstellung einer Einnahmen-Überschussrechnung Zahlen des Mandanten in das eigene EDV-System einliest oder händisch übernimmt. Das gänzliche Unterlassen des Abgleichs stellt eine grobe Sorgfaltswidrigkeit des Beraters dar.
Hinweis
Dem Sachverhalt des Urteils vergleichbar ist der immer wieder anzutreffende Fall, dass Salden aus der Buchführung des Mandanten vom Steuerberater manuell eingebucht werden müssen, weil die Buchführungsdaten aus technischen Gründen nicht korrekt in die EDV der Kanzlei eingespielt werden können. Dann benötigt der Steuerberater eine vom Mandanten ausgedruckte Summen- und Saldenliste, deren Vollständigkeit der Mandant schriftlich bestätigt. Anschließend kann der Steuerberater die Salden einbuchen, auf Vollständigkeit prüfen und die Abschlussbuchungen durchführen. Hat der Mandant seine Buchhaltung mithilfe von Finanzkonten erstellt, ist zudem eine Plausibilitätsprüfung möglich. Eine inhaltliche Prüfung der Buchführung des Mandanten kann dagegen mangels Kenntnis der Einzelbuchungen nicht vorgenommen werden. Der dem Steuerberater erteilte Auftrag darf daher nur die Abschlusserstellung umfassen.
Link zur Entscheidung
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 28.05.2009, 3 K 4125/08