4.1 Wesentliche Inhalte
Soll die Praxis eines verstorbenen Steuerberaters auf einen seiner Erben, der im Zeitpunkt des Todes des verstorbenen Berufsträgers noch nicht zur Hilfeleistung in Steuersachen nach § 3 StBerG befugt ist, übertragen werden, kann auf Antrag der Erben die zuständige Steuerberaterkammer für einen Zeitraum bis zu 3 Jahren einen Steuerberater zum Treuhänder bestellen. In Ausnahmefällen kann der Zeitraum um ein weiteres Jahr verlängert werden (§ 71 Abs. 1 StBerG). Im Übrigen regelt das Steuerberatungsgesetz lediglich, dass der Treuhänder sein Amt unter eigener Verantwortung, jedoch für Rechnung und auf Kosten der Erben des verstorbenen Steuerberaters führt und er Anspruch auf eine angemessene Vergütung gegenüber den Erben hat (§ 71 Abs. 2 StBerG).
Angestellter Steuerberater kann Praxistreuhänder sein
Voraussetzung für die Bestellung ist nicht, dass der Treuhänder eine eigene Steuerberaterpraxis unterhält. Es kann deswegen grundsätzlich auch ein ausschließlich im Anstellungsverhältnis beschäftigter Steuerberater als Praxistreuhänder in Betracht kommen, sofern ihm von seinem Arbeitgeber die erforderliche Zeit für die Treuhandschaft eingeräumt wird.
4.2 Besonderheiten
Die Person des künftigen Praxisnachfolgers muss spätestens zum Zeitpunkt der Bestellung des Praxistreuhänders feststehen. Eine Bestimmung der Person des Nachfolgers durch den verstorbenen Praxisinhaber ist nicht erforderlich. Ein zeitnaher Antrag seitens der Erben – nach erfolgter Absprache mit dem geeigneten Treuhänder – ist notwendig, damit die Steuerberaterkammer nicht einen Praxisabwickler nach § 70 StBerG bestellt. Hierzu sollten der Treuhänder und die Erben der Steuerberaterkammer einen Praxis-Treuhandvertrag unter Benennung der Person, die nach Vorliegen der Voraussetzungen die Kanzlei fortführen soll, vorlegen.
Unter Beachtung des § 71 StBerG sind die Erben und der Treuhänder in der Ausgestaltung ihrer wechselseitigen Rechte und Pflichten frei. Für den Praxis-Treuhandvertrag gelten die Vorschriften des Auftragsrechts nach §§ 662 ff. BGB und die Regelungen über Vertretung und Vollmacht (§§ 164 ff. BGB).
Der zum Treuhänder von den Erben ausgewählte Steuerberater sollte nicht vor erteilter Genehmigung der Steuerberaterkammer tätig werden, weil die mögliche Nichtgenehmigung der Praxis-Treuhandschaft zur Nichtigkeit der Treuhandvereinbarung führt.
Der Praxistreuhänder muss durch die Steuerberaterkammer bestellt werden. Die Bestellung erfolgt durch einen Verwaltungsakt, in dem Beginn und Dauer der Treuhandschaft festgelegt werden und entfällt nach Ablauf der festgesetzten Zeit der Treuhandschaft oder wenn der Praxisnachfolger die Berechtigung zur Hilfeleistung in Steuersachen erworben hat.
Die Praxistreuhänderschaft endet außerdem, wenn die Steuerberaterkammer die Bestellung des Treuhänders widerruft, was jederzeit möglich ist (§ 71 Abs. 3 StBerG).
Die Mandanten des Verstorbenen sind über die Tätigkeit des Praxistreuhänders unverzüglich zu informieren. Die Zustimmung des Mandanten muss jedoch nicht eingeholt werden.
4.3 Haftungsfallen
Grundsätzlich hat der Praxistreuhänder gegenüber den Mandanten des Praxisnachfolgers die gleichen Pflichten, wie gegenüber eigenen Mandanten und wie sie sich aus dem Steuerberatungsgesetz und der Berufsordnung ergeben.
In der Rechtsprechung wird überwiegend die direkte Haftung des Praxistreuhänders gegenüber den Mandanten bejaht.
Der Praxistreuhänder sollte das Amt nur annehmen, wenn er es organisatorisch und zeitlich mit seinen übrigen Aufgaben in Einklang bringen kann. Er muss sich unmittelbar nach Übernahme des Amts einen Überblick über die dringendsten Angelegenheiten verschaffen und sollte je nach Organisation und Qualitätsstandard der zu verwaltenden Praxis schnellstmöglich in wichtigen, insbesondere fristgebundenen Angelegenheiten den Kontakt zu den Mandanten suchen.
Geschäftsbesorgungsverhältnis schriftlich abschließen
Es empfiehlt sich, das bestehende Geschäftsbesorgungsverhältnis (§§ 675, 611 ff. BGB) schriftlich abzufassen, z. B. Haftungsbeschränkungen gegenüber dem Treugeber aufzunehmen bzw. Haftungsfreistellungen für eine Inanspruchnahme seitens Dritter, und der Steuerberaterkammer zur Prüfung auf Rechtswirksamkeit der Inhalte vorzulegen.
Ein ausführlicher schriftlicher Geschäftsbesorgungsvertrag hat den Vorteil, dass spätere Streitigkeiten z. B. über die Vergütung, vermieden werden können. Der Treuhänder hat nach § 71 Abs. 2 Satz 2 StBerG Anspruch auf eine angemessene Vergütung.
Nach Art und Umfang der Tätigkeit des Treuhänders kommen diverse Regelungen in Betracht: In Anlehnung an die Vergütung eines Steuerberaters als freier Mitarbeiter kann ein bestimmter Prozentsatz der monatlich oder jäh...