Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Leitsatz
Ein Steuerberater handelt pflichtwidrig, wenn er Einspruchsentscheidungen des Finanzamts erst nach mehreren Wochen an seinen Mandanten weiterleitet. Eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand ist in diesem Fall nicht mehr möglich, urteilte das FG Köln.
Sachverhalt
Pech in vielerlei Hinsicht hatte ein Gewerbetreibender: Das Finanzamt übersandte ihm Schätzungsbescheide zur Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer 2006, da er seine Steuererklärungen nicht eingereicht hatte. Der Gewerbetreibende legte hiergegen Einsprüche ein und reichte seine Steuererklärungen zeitgleich nach. Da die eingereichten Unterlagen aber noch zahlreiche Fragen aufwarfen, wies das Finanzamt die Einsprüche als unbegründet zurück. Das Finanzamt schickte die Einspruchsentscheidungen an den empfangsbevollmächtigten Steuerberater, der jedoch mehr als zwei Wochen verstreichen ließ, bis er die Verwaltungsschreiben an seinen Mandanten weiterleitete. Einen Tag bevor der Berater die Unterlagen abschickte, startete der Gewerbetreibende in einen mehrwöchigen Urlaub, sodass die Klagefrist verstrich.
Mit dreiwöchiger Verspätung erhob er schließlich Klage und beantragte die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand.
Entscheidung
Die Klage ist aufgrund des Fristablaufs unzulässig. Eine Einsetzung in den vorherigen Stand kann nur erfolgen, wenn der Kläger unverschuldet an der Einhaltung der Klagefrist gehindert war (§ 56 Abs. 1 FGO). Dies ist im Urteilsfall nicht anzunehmen, da der Steuerberater pflichtwidrig gehandelt hat und der Gewerbetreibende sich das Verschulden seines Beraters zurechnen lassen muss.
Der Steuerberater muss die Einspruchsentscheidung unverzüglich, d.h. innerhalb weniger Tage, an seinen Mandanten weiterleiten und an die Klagefrist erinnern. Lässt er mehr als eine Woche verstreichen, muss er sich zudem aktiv um die Einhaltung der Frist kümmern. Hierzu kann der Berater bei seinem Mandanten anrufen oder ein Gespräch anbieten. Es gilt der Grundsatz: Je länger die Einspruchsentscheidung in der Kanzlei verbleibt, desto mehr muss der Berater unternehmen um seine Pflichtverletzung wieder zu "heilen". Ist der Mandant nicht erreichbar, muss der Berater Ermittlungen zum Aufenthaltsort anstellen bzw. vorsorglich fristwahrend Klage erheben.
Hinweis
Im Urteilsfall wurde dem Berater insbesondere angelastet, dass er den Zusammenhang der Einspruchsentscheidungen mit den Schätzungen erkennen konnte. Er hätte daher davon ausgehen müssen, dass sein Mandant auf jeden Fall Klage erheben wollte.
Link zur Entscheidung
FG Köln, Urteil vom 15.12.2009, 12 K 3102/09