Die Rechtsnatur eines Steuerberatungsvertrags kann regelmäßig entweder als Dienstvertrag oder als Werkvertrag mit dem Charakter der Geschäftsbesorgung eingeordnet werden. Maßgeblich ist insoweit die vom Steuerberater übernommene Verpflichtung. Übernimmt der Steuerberater allgemein und umfassend die Beratung der anderen Partei in steuerlichen Angelegenheiten, ist dies als Dienstvertrag i. S. d. § 611 BGB einzuordnen. Ist hingegen die Erstellung einer bestimmten Bilanz, eines Gutachtens oder die Erteilung einer Auskunft geschuldet, handelt es sich um einen Werkvertrag. Die Einordnung als Werkvertrag hat dabei insbesondere zur Folge, dass Schadensersatzansprüche des Mandanten grundsätzlich erst bestehen, wenn dem Steuerberater zuvor die Möglichkeit zur Nachbesserung eröffnet wurde. Der Steuerberater haftet für jeden Organisationsfehler und für inhaltliche Fehler, soweit diese schuldhaft (fahrlässig oder vorsätzlich) eingetreten sind. Hat der Steuerberater eine schuldhafte Pflichtverletzung begangen, ist zu prüfen, ob dem Mandanten ein Schaden entstanden ist, der ursächlich genau auf diese Pflichtverletzung zurückzuführen ist, und ob dies dem Berater konkret zuzurechnen ist.
So vielfältig wie die möglichen Pflichtverletzungen sind auch die denkbaren Schäden, die durch Fehler des Steuerberaters entstehen können. Im Grundsatz beurteilt sich der Schaden nach der Differenzhypothese. D. h. der Mandant muss so gestellt werden, wie er bei richtigem Verhalten des Steuerberaters/Rechtsanwalts stünde (§ 249 Satz 1 BGB). Dazu ist die tatsächliche Vermögenslage des Mandanten mit der hypothetischen Vermögenslage ohne die vorgeworfene Pflichtverletzung zu vergleichen.
Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden:
- Versäumt der Steuerberater schuldhaft eine Frist, ist der Mandant nach allgemeinen Regeln so zu stellen, als ob die Frist nicht versäumt worden wäre.
- Bei der Versäumung einer Prozessfrist muss geprüft werden, wie der Prozess ohne die Fristversäumung hätte entschieden werden müssen. Das Regressgericht hat danach zu entscheiden, wie die Sache nach objektiver Rechtslage zu beurteilen ist. Nicht maßgeblich ist, wie das Gericht des Vorprozesses hypothetisch geurteilt hätte. Es geht dabei um reine Rechtsfragen, die das Gericht des Haftpflichtprozesses selbst zu beurteilen hat.
- Bei einer Verletzung von Aufklärungs-, Hinweis- und Beratungspflichten ist der Mandant so zu stellen, wie er stünde, wenn die geschuldete Beratung zutreffend und vollständig erfolgt wäre.
Wie sich der Mandant bei vertragsgemäßer Beratung verhalten hätte, zählt zur haftungsausfüllenden Kausalität, die der Mandant zu beweisen hat (§ 287 ZPO).
Für die Beurteilung der Frage, ob dem Mandanten durch die fehlerhafte Beratung des Steuerberaters ein Schaden entstanden ist, ist festzustellen, wie sich der Kläger bei pflichtgemäßer steuerlicher Beratung verhalten hätte. Hierzu müssen die Handlungsvarianten geprüft werden, die dem Mandanten offengestanden hätten. Deren Rechtsfolgen müssen ermittelt sowie miteinander und mit den Handlungszielen des Mandanten verglichen werden.
Erleidet der Mandant durch die fehlerhafte Beratung seines Steuerberaters einen Steuerschaden, muss er diesen nicht durch ein teures, mit neuen Risiken ausgestattetes Kompensationsgeschäft ausgleichen.
Hat die steuerliche Beratung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach dem Inhalt des Vertrags auch die Interessen der Gesellschafter zum Gegenstand, ist der Schaden unter Einbeziehung der Vermögenslagen der Gesellschafter zu berechnen.
Nachteile, die der Mandant infolge einer fehlerhaften steuerlichen Beratung erleidet, werden nur dann durch die hiermit bewirkte Steuerersparnis eines Angehörigen oder eines sonstigen Dritten ausgeglichen, wenn dessen Interessen nach dem Beratungsvertrag in die Beratung einbezogen werden sollten.