7.1 Allgemeine Maßnahmen
Trotz bester Vorsorgemaßnahmen passieren Fehler. Der Steuerberater muss seinem Personal klar machen, dass etwaige Fehler – gleich welcher Art – sofort mitzuteilen sind, da in einigen Fällen dann noch die Chance besteht, den Schadenseintritt ganz oder teilweise zu verhindern. Dem Personal sollte bekannt sein, dass es über die Berufshaftpflichtversicherung des Kanzleiinhabers mitversichert ist und selbst nur bei Vorsatz direkt vom Arbeitgeber in Regress genommen werden kann, und dass der Berater bei zu später Meldung an die Versicherung u. U. den Versicherungsschutz verliert. Der offene Umgang mit Fehlern wird gefördert, wenn die Mitarbeiter wissen, dass ihnen keine Nachteile entstehen und ihr Chef sie vor dem Mandanten in Schutz nimmt.
Die unverzügliche Meldung des Fehlers an die Versicherung ist oberste Pflicht. Die Umstände, wie es zu dem Fehler kam etc., sollten sorgfältig innerhalb der Kanzlei recherchiert und nicht voreilig unreflektiert nach außen gegeben werden. Es macht einen schlechten Eindruck, wenn gegenüber der eigenen Haftpflichtversicherung der Sachverhalt nachgebessert wird.
Überlegungen zur Schadensminderung müssen – ggf. gemeinsam mit der Versicherung – angestellt werden, und zwar in aller Ruhe. Häufig greifen trotz Eintritts der Bestandskraft für Steuerbescheide noch die Korrekturvorschriften nach der Abgabenordnung. Die Einschaltung eines kooperierenden Rechtsanwalts, der sich von Berufs wegen eher mit den Themen Schadensersatz, Verjährung und Versäumung von Fristen auskennt, ist auf jeden Fall sinnvoll.
Mandant sofort über Maßnahmen zur Schadensminderung informieren
Die Information des Mandanten bei offensichtlichen Versäumnissen (Fristen) ist obligatorisch und absolute Chefsache. Wenn der Mandant auch gleichzeitig über die Maßnahmen zur Schadensbeseitigung/-minderung auf dem Laufenden gehalten wird, wird sich die verständliche Verärgerung des Mandanten in Grenzen halten.
7.2 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Kenntnisse über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Fristversäumnissen sind erforderlich. Die Wiedereinsetzung ist keine Fristverlängerung, sondern der Steuerpflichtige wird nur so behandelt, als habe er die Frist eingehalten.
Diese Möglichkeit besteht sowohl nach der Abgabenordnung (§ 110 AO) als auch nach der Finanzgerichtsordnung (§ 56 FGO). Die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist an strenge Voraussetzungen geknüpft:
- Versäumnis einer gesetzlichen Ausschlussfrist (Rechtsbehelfs- und Rechtsmittelfristen; s. auch § 364b AO)
- Verhinderung des Steuerpflichtigen (d. h., dass es dem Steuerpflichtigen wegen äußerer Umstände oder aus persönlichen Gründen nicht möglich war, die Frist zu wahren. Die Ausnutzung der Frist, bis zu deren Ablauf die Wiedereinsetzung möglich ist, ist grundsätzlich erlaubt, soweit zur Fristwahrung alle Vorkehrungen dahingehend getroffen wurden, dass die Frist eingehalten werden kann. Bei Steuerberatern geschieht dies z. B. durch die Einrichtung einer ordnungsgemäßen Büroorganisation).
- Kein Verschulden (Wiedereinsetzung kann nur gewährt werden, wenn der Steuerpflichtige alles getan hat, was objektiv einem gewissenhaften Beteiligten nach den Umständen zuzumuten war, um die Frist einzuhalten. Verschulden eines Vertreters – Steuerberater – wird dem Steuerpflichtigen immer zugerechnet; Arbeitsüberlastung ist kein, schwere Krankheit nur u. U. ein Wiedereinsetzungsgrund).
- Antrag (Steuerpflichtige bzw. Steuerberater muss innerhalb eines Monats nach § 110 AO und nach § 56 FGO innerhalb von 2 Wochen nach Wegfall des Hindernisses einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stellen; wörtliche Verwendung dieses Begriffs ist nicht notwendig)
- Gründe für die unverschuldete Fristversäumnis sind glaubhaft zu machen (d. h., dass die Gründe mit überwiegender Wahrscheinlichkeit dargetan werden müssen)
- Nachholen der versäumten Handlung innerhalb der o. g. Fristen
Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet die Behörde, die über die versäumte Handlung zu befinden hat. Die Wiedereinsetzung ist keine Ermessensentscheidung; bei Vorliegen der Voraussetzungen ist sie zu gewähren. Die Entscheidung, ob Wiedereinsetzung gewährt oder versagt wird, ist keine selbstständige, mit einem Rechtsmittel angreifbare Entscheidung der Behörde. Wird die Wiedereinsetzung gewährt, wird der Steuerpflichtige so behandelt, als habe er die Frist eingehalten. Wird sie verweigert, verbleibt es bei den nachteiligen Folgen der Versäumnis.
Wann Wiedereinsetzung gewährt wird
Wiedereinsetzung wird nach § 126 Abs. 3 AO gewährt, wenn einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung fehlt oder die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsakts unterblieben ist und dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsakts versäumt wurde. Weicht die Finanzbehörde ohne Begründung von der Steuererklärung ab, kann also auch bei versäumter Rechtsbehelfsfrist ein Einspruchsverfahren begonnen werden.
Es gibt keine gesetzliche Definition, wann im Zusammenhang mit der ver...