Auch ein sorgfältig arbeitender Steuerberater riskiert Haftungsansprüche seines Mandanten oder Dritter oder setzt sich u. U. gar dem Verdacht strafbaren Handelns aus. Ein Blick u. a. auf die Internetseiten des BGH und BFH unter Eingabe der Suchbegriffe "Steuerberater und Haftung" bzw. "Steuerberater und Fristversäumnis" etc. zeigt, über wie viele Regressansprüche gestritten wurde und wird.
Gefahrenquellen für den Steuerberater sind u. a. Fristversäumnisse, Fehler bei Wiedereinsetzungsanträgen, falsche Gestaltungshinweise, unterlassene Anträge auf verbindliche Auskunft. Zahlreiche Haftungsfälle liegen auch im Bereich der Unternehmensnachfolge oder bei Verstößen gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG).
Unterlaufen dem Steuerberater Fehler mangels Kenntnis über die aktuelle Rechtsprechung etc., kann der Mandant Schadensersatz für überflüssige Prozesskosten, zu viel gezahlte Steuern oder Bußgelder verlangen. Fälle, in denen der Steuerberater es z. B. unterlässt, einen einzelnen Mandanten nach außergewöhnlichen Belastungen zu fragen (z. B. Zahnbehandlungskosten) führen zu einem Schaden beim Mandanten, den der Steuerberater noch aus der "Portokasse" bezahlen kann. Andere Regressprozesse können v. a. für Einzelkämpfer existenzbedrohend sein, weil die gesetzlich vorgeschriebene Berufshaftpflichtversicherung nicht immer den beim Mandanten entstandenen Schaden ersetzen muss (z. B. bei Verstoß gegen das RDG) oder die Versicherungssumme nicht ausreicht.
Viele Haftungsfälle kommen erst dann zum Tragen, wenn der Steuerberater den Fall bzw. das Mandat schon längst zu den Akten gelegt hat.
Das größte Haftungsrisiko stellt das Steuerrecht selbst dar. Gesetzesänderungen (zuletzt Ordnungsmäßigkeit der Kassenbuchführung, Kassen-Nachschau gem. § 146b AO, Corona-Gesetze, JStG 2020 etc.), zahlreiche BMF-Schreiben, eine Flut von Entscheidungen durch den EuGH, BFH und die Finanzgerichte sind von einem Steuerberater allein nicht mehr nachzuvollziehen.
Die Haftung der Steuerberater wird also im Wesentlichen durch Richterrecht geprägt. Der für die Berufshaftung der Rechtsanwälte und Steuerberater zuständige IX. Senat beim BGH hat in vielen Einzelfällen die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten bei der Berufsausübung präzisiert und angehoben. Vom Steuerberater wird u. U. verlangt, bei seiner Beratung geplante zukünftige Gesetzesänderungen zu berücksichtigen.
Urteile zugunsten der Mandanten – für jedermann zeitnah "online" lesbar – steigern die Bereitschaft kritischer und unzufriedener Mandanten, ihrerseits erlittene Nachteile auf Fehler seitens der Steuerberater überprüfen zu lassen.
Zudem werden Mandanten vermehrt vom Betriebsprüfer auf Beratungsfehler aufmerksam gemacht. Erlaubte Betätigungsfelder (Sanierungsberatung bis Wirtschaftsmediation, Fördermittelberatung, Testamentsvollstreckung etc.) produzieren auch erhebliche Haftungsrisiken mangels unzureichender Kenntnisse und fehlendem Problembewusstsein.
Wettbewerbs- und Kostendruck sowie Digitalisierung und deren Umsetzung, damit verbundener Zwang, in immer kürzerer Zeit alle Ansprüche der Mandanten zu erfüllen, erhöhen das Risiko, Fehler zu machen.
Steuerberatern steht ab sofort die Verlautbarung der Bundessteuerberaterkammer zur Qualitätssicherung in der Steuerberaterkanzlei v. 19.4.2021 zur Verfügung.