Im Streitfall hatten sich zwei Steuerberater zu einer Sozietät zusammengeschlossen. Nach dem Sozietätsvertrag, der als „BGB-Gesellschaft” bezeichnet worden war, sollte nur einer der beiden Gesellschafter nach außen in Erscheinung treten; das Ergebnis der Praxis sollte jedem Gesellschafter zu je 50% zustehen. Der Gesamtgewinn der Gesellschaft beruhte in den Jahren 1981 zu 30%, 1982 zu 25%, 1983 zu 23%, 1984 zu 18% und 1985 zu 6% auf einer gewerblichen Treuhand , im übrigen aber auf einer freiberuflichen Steuerberatertätigkeit .
Der Streit ging um die Frage, ob die im Rahmen der Gesellschaft erzielten Einkünften in vollem Umfang – also auch hinsichtlich der an sich freiberuflichen Steuerberatertätigkeit – als gewerbliche Tätigkeit gilt.
Der BFH hat die Sozietät als Mitunternehmerschaft i. S. d. § 15 Abs.1 Nr. 2 EStG in Form einer atypisch stillen Gesellschaft betrachtet. Daraus ergab sich eine – im Verhältnis zu allein tätigen Steuerberatern – merkwürdige Konsequenz: Während bei allein tätigen Steuerberatern eine „gemischte” (d. h. teils freiberufliche, teils gewerbliche) Tätigkeit in aller Regel zu einer entsprechenden Aufteilung der Einkünfte führt (vgl. z. B. BFH, Urteil v. 11. 7. 1991, IV R 102/90 , BStBl 1992 II S. 413), sieht die Regelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG für Personengesellschaften vor, daß eine von ihr betriebene gewerbliche Tätigkeit auf die übrige Tätigkeit „abfärbt” , selbst dann, wenn der gewerbliche Anteil der Tätigkeit nur geringfügig ist.
Der BFH betrachtet diese Konsequenz aus der Gesetzeslage zwar als unbefriedigend, sieht aber im Hinblick auf seine Bindung an das Gesetz ( Art. 20 Abs. 3 GG ) keine andere Entscheidungsmöglichkeit.
Es stellt sich aber die Frage, ob die Vorschrift des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG , die zu so erheblichen Ungleichheiten führt, noch im Einklang mit der Verfassung steht. M. E. läßt sich die unterschiedliche Behandlung von „gemischten” Tätigkeiten – je nachdem, ob sie von einem einzelnen Freiberufler oder von einer Mehrheit im Rahmen einer Personengesellschaft ausgeübt wird – nicht rechtfertigen. Bei dieser Sachlage wäre m.E. eine Vorlage an das BVerfG gemäß Art. 100 Abs. 1 GG geboten gewesen.
In der gegenwärtigen Situation können Personengesellschaften, deren Gesellschafter freiberuflich tätig sind, den nachteiligen Wirkungen des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nur dadurch entgehen , daß einer der Gesellschafter die gewerbliche Tätigkeit auf eigene Rechnung übernimmt oder daß von den Gesellschaftern zwei zivilrechtlich selbständige (und beteiligungsidentische) Personengesellschaften mit unterschiedlicher Zweckbestimmung gegründet werden (vgl. hierzu L. Schmidt , EStG, 13.Aufl., § 15 Anm. 42d).
Freiberuflersozietät