Prof. Dr. Stefan Schneider
Leitsatz
Auch im Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten nach § 26b EStG ist die Steuerermäßigung des § 35a Abs. 2 S. 2 EStG bei mehreren von den Ehepartnern tatsächlich genutzten Wohnungen auf den Höchstbetrag von 600 EUR begrenzt.
Normenkette
§ 35a Abs. 2 S. 2, § 35a Abs. 3, § 26a Abs. 2 S. 4, § 26b EStG
Sachverhalt
Die zusammen veranlagten Eheleute E bewohnen je ein Haus in H und K mit Hauptwohnsitz in H. 2006 ließen sie an beiden Häusern durch Handwerker Renovierungsarbeiten durchführen. In H entstanden dafür Aufwendungen von 4 241 EUR, in K 2 255 EUR. E beantragten nach § 35a Abs. 2 S. 2 EStG in ihrer gemeinsamen ESt-Erklärung für 2006 eine Steuerermäßigung von 600 EUR für die Handwerkerleistung in H und von 451 EUR für die in K.
Das FA gewährte insgesamt nur 600 EUR. Die Klage war erfolgreich (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.07.2009, 11 K 44/08, Haufe-Index 2327054). Das FG sah in § 35a Abs. 2 S. 2 EStG eine objektbezogene Steuerermäßigung, sodass bei zwei Haushalten auch die Steuerermäßigung zweifach zu gewähren sei.
Entscheidung
Der BFH widersprach der Auffassung des FG aus den in Praxis-Hinweisen erläuterten Gründen und wies auf die Revision des FA die Klage ab.
Hinweis
Der Besprechungsfall führt zu einer Grundfrage des § 35a Abs. 2 S. 2 EStG, nämlich was ist dessen Subventionsgegenstand? Handwerkerleistungen je Haushalt oder je Steuerpflichtigem?
1. Die Subvention setzt Handwerkerleistungen, "in einem inländischen Haushalt des Steuerpflichtigen" voraus. Das könnte für die Auffassung des aufgehobenen FG und der Eheleute sprechen, dass bei mehreren Haushalten auch die Subvention mehrfach greift. Allerdings meint "inländischer Haushalt" nur den Ort der Leistungen, will dadurch also die subventionierte Dienstleistung näher konkretisieren. Im Ergebnis folgt dann aber doch zweifelsfrei aus dem weiteren Wortlaut der Norm, dass hier keine objekt- sondern subjektbezogene nämlich auf den Steuerpflichtigen ausgerichtete Subventionierung vorliegt. Denn § 35a Abs. 2 S. 2 EStG ermäßigt "die tarifliche ESt … um 20 %, höchstens 600 EUR, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen". Angesichts dessen kann es keinen Unterschied machen, ob die Grundlage der Subvention letztlich aus vielen oder nur einem einzigen Haushalt "erwirtschaftet" worden war.
2. Können dann nicht mindestens Ehegatten für zwei Haushalte die Subvention geltend machen, denn sie sind doch zwei Steuerpflichtige? Dies verneint der BFH mit einem formalen und einem systematischen Argument. Formal: § 26b EStG behandelt zusammen veranlagte Ehegatten als einen Steuerpflichtigen, sodass die Steuerermäßigung des § 35a Abs. 2 S. 2 EStG für deren eine ESt auch nur einmal gewährt wird. Systematisch: § 35a Abs. 2 S. 2 EStG ist in Zusammenhang mit § 26a Abs. 2 S. 4 und § 35a Abs. 3 EStG zu sehen: Bei getrennter Veranlagung von Ehegatten ist die Steuerermäßigung aufzuteilen und § 35a Abs. 3 EStG sieht Entsprechendes für zwei gemeinsam in einem Haushalt lebende nicht miteinander verheiratete Alleinstehende vor. Damit sind Ehegatten gegenüber Alleinstehenden, die gemeinsam in zwei Wohnungen wirtschaften, nicht benachteiligt; die Subvention ist stets nur einmal mit dem Höchstbetrag des § 35a EStG zu beanspruchen (§ 35a Abs. 3 EStG), nämlich im Streitjahr 2006 600 EUR, gegenwärtig 1 200 EUR.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 29.07.2010 – VI R 60/09