Leitsatz
Werden Vorauszahlungen auf die ESt zusammen veranlagter Eheleute ohne die ausdrückliche Bestimmung geleistet, dass mit der Zahlung nur die Schuld des Leistenden beglichen werden soll, muss das FA eine Überzahlung beiden Eheleuten zu gleichen Teilen erstatten (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung); das gilt auch, wenn über das Vermögen des anderen Ehegatten das Insolvenzverfahren eröffnet war.
Normenkette
§ 44 Abs. 1, § 37 Abs. 2 AO, § 26, § 26b EStG
Sachverhalt
Bisher zusammen veranlagte Eheleute hatten ESt-Vorauszahlungen zu leisten, welche die Ehefrau an das FA überwies. Über das Vermögen ihres Ehemanns war damals ein Insolvenzverfahren anhängig, wie das FA auch wusste. Als es später zu einer Steuererstattung kam, leistete das FA gleichwohl den Erstattungsbetrag hälftig an beide Eheleute.
Das FG wies die Klage ab (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 21.02.2008 1 K 75/07, Haufe-Index 1950278, EFG 2008, 914).
Entscheidung
Zu Recht, meint der BFH.
Hinweis
Erstattungsberechtigt ist immer derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, nicht der, von dem oder mit dessen Mitteln gezahlt worden ist. Es kommt also auf die dem FA im Zeitpunkt der Zahlung erkennbare Tilgungsbestimmung an. Bei Gesamtschuldnern ist grundsätzlich nicht etwa die Tilgungsbestimmung zu unterstellen, auch die Schuld des anderen, der nicht zahlt, tilgen zu wollen (die Tilgungswirkung auch diesem gegenüber ist vielmehr die gesetzliche Folge der Zahlung des anderen).
Bei zusammen veranlagten Eheleuten soll dies aber nach althergebrachter Rechtsprechung des BFH nicht gelten. Fehlen entgegenstehende "ausdrückliche Absichtsbekundungen" soll vielmehr das FA, solange die Ehe besteht und die Eheleute nicht dauernd getrennt leben, davon ausgehen können, dass derjenige Ehegatte, der die Zahlung auf die gemeinsame Steuerschuld bewirkt, mit seiner Zahlung auch die Steuerschuld des anderen begleichen will, also stillschweigend eine entsprechende Tilgungsbestimmung trifft.
Das hat bei späterer Zerrüttung oder Auflösung der Ehe die meist fatale Folge, dass ein Erstattungsbetrag zwischen den Eheleuten nach Köpfen aufzuteilen ist.
Auf dieser fragwürdigen Rechtsprechung beharrt der BFH auch dann, wenn mehr oder weniger deutlich erkennbar ist, dass eine solche Tilgungsbestimmung der Interessenlage der Eheleute überhaupt nicht entspricht, etwa weil der andere (möglicherweise sogar voreheliche) Steuerschulden hat (gegen die das FA einen Erstattungsanspruch aufrechnen wird).
Auch der Umstand, dass über das Vermögen des anderen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, gibt dann, wenn man die Dinge so sieht, dem FA keinen Anlass, eine andere Tilgungsabsicht (Zahlung nur für sich selbst) anzunehmen.
Eheleute sind deshalb wegen der bekannten Zerbrechlichkeit ihres persönlichen Verhältnisses gut beraten, vorsorglich eine solche ausdrückliche Tilgungsbestimmung zu treffen, um der hälftigen Aufteilung eines möglichen künftigen Erstattungsanspruchs vorzubeugen. Aber vielleicht regt sich gegen die Rechtsprechung dereinst doch noch Widerstand, der vielleicht nicht unvernünftig wäre und vermeiden würde, die Eheleute mit der Notwendigkeit einer so eigentümlichen (formelhaften) und mitunter dem ehelichen Verhältnis nicht förderlichen Verhältnisklausel zu belasten!
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 30.09.2008 – VII R 18/08