Zusammenfassung
Durchsuchungen bei Banken stellen eigentlich ein normales Tagesgeschäft für die Steuerfahndung dar. Es galt immer schon die allgemeine Regel, dass das Bankgeheimnis im Steuerstrafverfahren keine Geltung mehr hat, weil dann die Kreditinstitute zur Auskunft verpflichtet sind.
Die Auskunftspflicht der Kreditinstitute ergibt sich im Besteuerungsverfahren aus § 93 AO und im Strafverfahren aus § 103 AO.
1 Kreditinstitute im Visier der Steuerfahndung
Im Rahmen des Gesetzes zur Einführung einer 10 %igen Quellensteuer wurde zur vermeintlichen Beruhigung von Kapitalanlegern in Deutschland das Bankgeheimnis verankert. Damit sollte sichergestellt werden, dass lediglich 10 % der Quellensteuer einbehalten wird und darüber hinaus der Anleger auf das deutsche Bankgeheimnis vermeintlich vertrauen kann. Parallel wurde eine Steueramnestie eingeführt.
Von großer Bedeutung war jedoch, dass das BVerfG die bisherige Zinsbesteuerung auf Grund der beträchtlichen Vollzugsdefizite im Besteuerungsverfahren für verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber aufgefordert hatte, spätestens bis zum 1.1.1993 die Gleichbehandlung herzustellen.
Daraufhin wurde mit Wirkung ab 1.1.1993 die 30 %ige Zinsabschlagsteuer eingeführt. Um kleinere Einkommen auszunehmen, wurde der Sparerfreibetrag verzehnfacht, nämlich auf 6.000 DM für Alleinstehende bzw. 12.000 DM für zusammenveranlagte Ehegatten.
Um den Anfall der 30 %igen Zinsabschlagsteuer zu vermeiden, ereignete sich die größte Kapitalflucht in der Rechtsgeschichte Deutschlands. Es wurden nach den Statistiken der Deutschen Bundesbank mehrere 100 Mrd. EUR Ende 1992 bzw. in den ersten Monaten 1993 in Länder mit sicherem Bankgeheimnis (vornehmlich Luxemburg, Schweiz) transferiert. Die deutschen Banken haben durch die Gründung von Tochtergesellschaften in benachbarten Ländern (insbesondere Luxemburg und Schweiz) sofort reagiert. Sie gingen dynamisch und flexibel auf die Wünsche ihrer Kunden ein.
Die Kreditinstitute wiesen nicht nur den Weg, sie erledigten auch den Transfer: Organisation von Geldtransporten, Überweisungen unter Angabe einer Referenznummer oder durch Code-Worte verschlüsselt, gehörten nun zum Service, der am Bankschalter angeboten wurde. Konten und Wertpapierdepots wurden so scheinbar unbemerkt am Finanzamt vorbei ins Ausland transferiert. Die zugehörigen Erträge blieben in den Steuererklärungen oftmals nahezu 100 %ig unerwähnt. Ein geringfügiger Teil von Kapitalanlegern mit Verlusten aus anderen Einkunftsarten, z. B. Verluste aus Vermietung und Verpachtung, nutzten auch die legale Finanzgeldanlage im Ausland, um den Anfall der 30 %igen Zinsabschlagsteuer zu vermeiden. Sie haben aber ihre Einkünfte aus Kapitalvermögen auch im Ausland angegeben, was sich durch die Verlustverrechnungsmöglichkeit im Ergebnis jedoch nicht ausgewirkt hat.
Abgabe einer falschen Steuererklärung
Die Einführung einer 30 %igen Zinsabschlagsteuer führte zur größten Kapitalflucht in der Geschichte Deutschlands. Berater solcher Kapitalanleger geraten dabei erheblich in die Bredouille. Sie dürfen ihren Mandanten zwar die Selbstanzeige empfehlen, können ihn hierzu jedoch letztendlich nicht zwingen. Wirkt der Berater bewusst an der Abgabe einer falschen Steuererklärung (mit einer unvollständig ausgefüllten Anlage KSO oder KAP) mit, so macht er sich der Beihilfe zur Steuerhinterziehung strafbar oder er muss das Mandat niederlegen. Es empfiehlt sich somit, dass sich der Berater seinen guten Glauben erhält und den Mandanten dazu auffordert, ihn hinsichtlich der Schwarzgelder in keiner Weise zu involvieren.
2 Maßnahmen der Finanzverwaltung gegen die Kapitalflucht
Nun setzte intensives Überlegen in den Finanzbehörden ein. Es stellte sich die Frage, wie der Geldtransfer gestoppt bzw. die verschleierten Geldtransfers ins Ausland nachträglich aufgedeckt werden konnten.
Letztlich verstoßen Kapitalverkehrskontrollen gegen das EU-Recht. Die Einführung verstärkter Zollkontrollen – vor allem an der Grenze zu Luxemburg und zur Schweiz – brachten nur punktuelle Erfolge und konnten die flächendeckende Kapitalflucht (einzigartig in der deutschen Rechtsgeschichte) nicht stoppen.
Ein guter Ansatzpunkt waren die Banken. Als juristischen Hebel wurde ihnen anschließend "Beihilfe zur Steuerhinterziehung" vorgeworfen. Den Vorwurf zu begründen war problemlos, denn die Banken hatten mit ihren Inseraten die Gründe schon geliefert. Die freundliche Hilfe beim verschwiegenen Transfer ins sichere Ausland war den Richtern – bis zum BVerfG – als Begründung zumindest für den Anfangsverdacht der Beihilfe zur Steuerhinterziehung ausreichend. Ausgangspunkt war ein Pilotverfahren gegen die Dresdner Bank AG. Hintergrund war: Eheleute hatten sich im Rahmen einer einer zivilrechtlic...