Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
Der BFH hatte auf Grundlage der Rechtsprechung des EuGH entschieden, dass die Umsätze aus dem Herauslösen von Gelenkknorpelzellen aus dem einem Menschen entnommenen Knorpelmaterial und ihre anschließende Vermehrung zur Reimplantation zu therapeutischen Zwecken steuerfreie Heilbehandlungen sind. Voraussetzung dafür war, dass die Tätigkeiten von Ärzten oder im Rahmen eines arztähnlichen Berufs ausgeübt wurden.
Die Finanzverwaltung stellt jetzt klar, dass die Entscheidungen zur Rechtslage des § 4 Nr. 14 UStG in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung ergangen seien. Nach der Neufassung des § 4 Nr. 14 UStG zum 1.1.2009 sind Labordienstleistungen, die von Ärzten oder im Rahmen der Ausübung eines ärztlichen Berufs erbracht werden, nur unter den weiteren Voraussetzungen des § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG umsatzsteuerfrei.
Die Abgrenzung zwischen steuerfreien heilkundlichen Leistungen nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG (ärztliche Leistungen) und § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG (Krankenhausbehandlungen) erfolgt weniger nach der Art der ausgeführten Leistung, sondern vielmehr nach dem Ort ihrer Erbringung. Die Leistungen von Laborärzten oder klinischen Chemikern können danach nur dann steuerfrei sein, wenn sie von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder den anderen, in § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 UStG aufgeführten Einrichtungen erbracht werden.
Zur Klarstellung und zur Vermeidung von Missverständnissen konkretisiert die Finanzverwaltung in Abschn. 4.14.4 Abs. 11 UStAE, dass zu den ähnlichen heilberuflichen Tätigkeiten nach § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG die Tätigkeiten der auf dem Gebiet der Humanmedizin selbstständig tätigen medizinisch-technischen Assistentinnen/Assistenten für Funktionsdiagnostik gehören.
Konsequenzen für die Praxis
Ärztliche Leistungen sind im Regelfall von den Krankenhausleistungen durch den Ort der ausgeführten Leistung abzugrenzen. Während die ärztlichen Leistungen durch das persönliche Verhältnis zwischen Arzt und Patienten geprägt sind, werden Krankenhausbehandlungen in bestimmten Einrichtungen ausgeführt. Nach Auffassung der Finanzverwaltung können die Herauslösung von Knorpelmaterial, die Vermehrung und die Reimplantation nur dann steuerfrei sein, wenn sie von einer Einrichtung des öffentlichen Rechts oder einer vergleichbaren Einrichtung i. S. d. § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG ausgeführt werden.
Die Grundsätze sind auf alle offenen Fälle anzuwenden. Die Klarstellung, dass zu den ähnlichen heilberuflichen Tätigkeiten der medizinisch-technischen Assistentinnen/Assistenten nur die der Funktionsdiagnostik gehören, gilt für alle ab Inkrafttreten der derzeitigen Regelung des § 4 Nr. 14 UStG (1.1.2009) ausgeführten Leistungen.
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 20.11.2013, IV D 3 – S 7170/11/10005, BStBl 2013 I S. 1581