Dipl.-Finw. (FH) Helmut Lehr
Leitsatz
Kreditinstitute gehen in den letzten Jahren verstärkt dazu über, Leistungen im Zahlungs- und Überweisungsverkehr auf externe Gesellschaften auszulagern. Stichwort "Outsourcing". Die umsatzsteuerliche Behandlung dieser Umsätze ist umstritten. Das Finanzgericht des Landes Brandenburg vertritt die Auffassung, dass die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 8 d UStG stets anzuwenden ist, wenn es sich um Umsätze im Überweisungsverkehr handelt. Wer Erbringer oder Empfänger der Leistung ist, spielt danach keine übergeordnete Rolle.
Sachverhalt
Die Gesellschaft XY (Klägerin) war von mehreren Sparkassen bzw. Kreissparkassen für die technische Abwicklung im Zahlungsverkehr sowie weiterer Dienstleistungen für ihre Gesellschafter und für Dritte gegründet worden. Konkret sah die Tätigkeit der Klägerin wie folgt aus: Die einzelnen Sparkassen übermittelten die in Papierform eingegangenen Überweisungsträger per Kurier. Diese wurden bei der Klägerin eingescannt. Die Mitarbeiter der Klägerin nahmen Kontrollen und eventuell notwendige Korrekturen der Belege vor, insbesondere wenn Angaben auf den Belegen fehlten, wenn die Belege maschinell nicht lesbar waren oder wenn Soll- und Haben-Buchungen nicht übereinstimmten. Darüber hinaus lag es in der Entscheidungsbefugnis der Klägerin, ob der Auftrag mit Korrekturen weiterbearbeitet, oder ob, zwecks Sachverhaltsaufklärung, die Belege an die Sparkassen zurückgegeben werden sollten. Die für die Umsätze der Klägerin beantragte Steuerbefreiung wurde vom Finanzamt versagt.
Entscheidung
Die Finanzrichter verwiesen konkret darauf, dass der EuGH in seiner Entscheidung vom 5.6.1997 (Haufe-Index 60631) die Steuerfreiheit für die Umsätze eines Sparkassendatencenters bestätigt hat. Danach kommt es entscheidend darauf an, dass die Dienstleistungen im Überweisungsverkehr eine Übertragung von Geldern bewirken und zu rechtlichen und finanziellen Änderungen führen. Rein materielle oder technische Leistungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht. Die Dienstleistungen der Klägerin seien aber steuerfrei. Schließlich nahmen die von der Klägerin erstellten Datensätze nach der Übersendung an das Rechenzentrum der Sparkassen dort maschinell vorgegebene und weder manuell noch technisch beeinflussbare Wege und lösten letztendlich automatisch die erforderlichen Buchungen aus. Für die Steuerbefreiung spreche auch, dass die Klägerin eigenverantwortliche Entscheidungen (z. B. Zurückweisungen) getroffen hat, die sich letztendlich unmittelbar auf die später automatisch erfolgten (bzw. nicht erfolgten) Buchungen ausgewirkt haben.
Hinweis
Das Finanzgericht hat die Revision nicht zugelassen, da es die Rechtslage durch die Entscheidung des EuGH vom 05.06.1997 als geklärt ansieht. Die Steuerfreiheit für Umsätze im Überweisungsverkehr kann daher nicht nur von ausgegliederten Rechenzentren der Banken, sondern auch von anderen Gesellschaften, die entscheidend in den Überweisungsverkehr eingebunden sind, beansprucht werden. Sie dürfte aber nach Verwaltungsauffassung (vgl. BMF-Schreiben vom 30.5.2000, UR 2000, 297) nur dann in Betracht kommen, wenn der Dienstleister neben der technischen Kontrolle bzw. Verarbeitung auch rechtlichen Einfluss nehmen kann. Darauf gilt es im Vorfeld, sprich bei der Vertragsgestaltung, zu achten.
Link zur Entscheidung
FG des Landes Brandenburg, Urteil vom 24.01.2003, 1 K 1097/01