OFD Karlsruhe, Verfügung vom 3.7.2020, S 270.6/256 - St 213

 

1. Allgemeines

Das Gesetz zur Neuordnung des Kreislauf- und Abfallrechts vom 24.2.2012 (BGBl I S. 212), das in Artikel 1 das Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen (Kreislaufwirtschaftsgesetz – KrWG) enthält, ist mit Wirkung ab 1.6.2012 an die Stelle des bisherigen Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes (KrW-/AbfG) getreten. Für die steuerliche Behandlung sind sowohl die Überlassungspflicht des Abfallbesitzers/-erzeugers (§ 13 KrW-/AbfG bzw. § 17 KrWG) als auch die Entsorgungspflicht der juristischen Person des öffentlichen Rechts (jPöR) als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger (ö.r.E.) gem. § 15 KrW-/AbfG bzw. § 20 KrWG von Bedeutung.

 

1.1 Bisherige steuerliche Behandlung

Die steuerliche Beurteilung von Tätigkeiten der jPöR im Entsorgungsbereich von Abfällen richtet sich nach R 4.5 Abs. 6 Satz 1 KStR 2015. Danach ist die Entsorgungstätigkeit im Bereich von Hausmüll eine hoheitliche Tätigkeit und die Entsorgungstätigkeit im Bereich von Abfällen aus anderen Herkunftsbereichen („Gewerbemüll”) eine wirtschaftliche Tätigkeit.

Hintergrund dieser steuerlichen Beurteilung ist, dass

  • die Entsorgung (Verwertung und Beseitigung) von Hausmüll der jPöR (§ 15 Abs. 1 KrW-/AbfG) gesetzlich zugewiesen war und diese Aufgabe nach § 15 Abs. 2 KrW-/AbfG nicht auf Dritte übertragen werden konnte,
  • die Beseitigung von „Gewerbemüll” der jPöR (§ 15 Abs. 1 KrW-/AbfG) gesetzlich zugewiesen war, diese Aufgabe jedoch nach § 15 Abs. 2 KrW-/AbfG auf Dritte (weiter-) übertragen werden konnte,
  • die Verwertung von „Gewerbemüll” nicht gesetzlich zugewiesen war.
 

1.2 Neuregelungen im KrWG

Aus steuerlicher Sicht sind insbesondere die nachfolgend aufgeführten Regelungen des neuen KrWG bedeutsam:

  • Reichweite und Grenzen der kommunalen Überlassungspflichten für Abfälle aus privaten Haushaltungen,
  • rechtliche Voraussetzungen für gewerbliche Sammlungen,
  • Wegfall des Rechtsinstituts der befreienden Pflichtenübertragung und
  • Einführung der einheitlichen Wertstofftonne.

Wie das bisherige KrW-/AbfG baut auch das KrWG auf dem Verursacherprinzip auf. D.h. grundsätzlich sind alle Erzeuger und Besitzer von Abfällen für die Verwertung und Beseitigung ihrer Abfälle selbst verantwortlich, dabei jedoch an die Grundpflichten der §§ 7, 8 und 15 KrWG gebunden. Das Verursacherprinzip wird aber in Teilbereichen durch das Prinzip der Daseinsvorsorge durchbrochen.

Für die Entsorgung aller Abfälle aus privaten Haushaltungen sowie Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen nach § 20 Abs. 1 KrWG sind die ö.r.E.verantwortlich.

Zur Erfüllung ihrer Aufgaben können sie nach § 22 KrWG Dritte beauftragen. Eine befreiende Pflichtenübertragung, wie sie bislang nach § 16 Abs. 2 KrW-/AbfG und §§ 17 und 18 KrW-/AbfG möglich war, ist nicht mehr vorgesehen (das Rechtsinstitut der befreienden Pflichtenübertragung ist ersatzlos entfallen).

 

2. Steuerliche Behandlung der Entsorgung von Abfällen aus privaten Haushaltungen

 

2.1 Allgemeiner Grundsatz bei Abfällen aus privaten Haushaltungen

Die Entsorgungstätigkeiten der ö.r.E.durch Sammlung von Abfällen aus privaten Haushaltungen sind Leistungen, die der öffentlichen Hand eigentümlich und vorbehalten sind (§ 20 Abs. 1 KrWG), da hier Benutzungszwang vorliegt (nach § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG gilt allein § 17 Abs. 1 KrWG).

Die Tätigkeit der Entsorgung von Abfällen aus privaten Haushaltungen stellt somit grundsätzlich eine hoheitliche Tätigkeit dar, mit der Folge dass insoweit kein Betrieb gewerblicher Art (BgA) vorliegt.

Hierunter fallen insbesondere:

  • Restmüll
  • Sperrmüll
  • Biomüll (einschließlich Grünschnitt, § 3 Abs. 7 Nr. 1 und 4 KrWG)
  • Altglas
  • Altpapier
  • Altkleider

Auch umsatzsteuerlich handelt sich um eine hoheitliche und somit nichtunternehmerische Tätigkeit, da jPöR – außerhalb der Land- und Forstwirtschaft – nur im Rahmen ihrer BgA eine unternehmerische Tätigkeit ausüben (§ 2 Abs. 3 UStG).

 

2.2 Besonderheiten bei Abfällen aus privaten Haushaltungen

 

2.2.1 Abfälle i.S. der Verpackungsverordnung/ des Verpackungsgesetzes

 

2.2.1.1. Abfälle i.S. der Verpackungsverordnung („Grüner Punkt”) – Rechtslage bis 31.12.2018

In der haushaltsnahen Entsorgung werden die sog. „Leichtverpackungen” gesammelt. Als Leichtverpackung bzw. Verpackungsabfälle wird diejenige Abfallfraktion bezeichnet, die im Rahmen des Dualen Systems bundesweit getrennt gesammelt und in der Regel in gelben Abfallbehältern (sog. „Gelber Sack”) zur Abholung bereitgestellt wird. Diese Verpackungen bestehen meist aus Kunststoffen (z.B. Joghurtbecher) und Verbundstoffen (z.B. Kartonverpackungen für Milch, Saft), Aluminium oder Weißblech und sind mit dem Grünen Punkt gekennzeichnet. Darunter fallen zudem die sog. Einwegverpackungen aus Papier, Karton und Pappe (z.B. Keksverpackungen, Pralinenschachteln). Nicht darunter fallen die sonstigen Papierabfälle, insbesondere Druckerzeugnisse wie z.B. Zeitschriften, Werbeflyer, Tageszeitung sowie Schreibpapier.

In manchen R...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge