OFD Berlin, Verfügung v. 29.12.1998, St 446 - S 2255 - 1193
Deutsche und ausländische Versicherungsgesellschaften bieten seit einiger Zeit vermehrt kreditfinanzierte Rentenversicherungen (ohne Kapitalwahlrecht) gegen Einmalbeitrag an, bei denen die Rentenzahlungen sofort beginnen. Der Versicherungsnehmer erwirbt durch die Einmalzahlung den Anspruch auf eine lebenslange Rente (meistens wird außerdem eine Mindestlaufzeit der Rente von 15 Jahren garantiert/vereinbart). Die Rentenzahlungen erfolgen jährlich nachschüssig.
Die Einmalzahlung wird größtenteils fremdfinanziert. Das Darlehen hat i.d.R. eine feste Laufzeit von 12 bzw. 15 Jahren; die Zinsbindungsfrist kann kürzer sein.
Häufig wird für das Darlehen eine Tilgungsaussetzung vereinbart. Die Tilgung soll durch eine Kapitallebensversicherung oder einen Investmentplan erfolgen. Diese Kapitalanlagen haben somit regelmäßig auch eine Laufzeit von 12 bzw. 15 Jahren. Vielfach wird die Kapitallebensversicherung bzw. der lnvestmentplan gegen Einmalbeitrag abgeschlossen, der ebenfalls fremdfinanziert wird.
Zur steuerlichen Beurteilung entsprechender Modelle weise ich auf folgendes hin:
1. Allgemeines
1.1 Getrennte Beurteilung der Kapitalanlagen
Mit dem Kauf eines Rentenmodells erwirbt der Steuerpflichtige i.d.R. mehrere Kapitalanlagen (Rentenversicherung, Kapitallebensversicherung). In diesem Fall ist jede Kapitalanlage steuerlich für sich zu würdigen (vgl. Urteil des BFH vom 27.6.1989, VIII R 30/88, BStBl 1989 II S. 934).
1.2 Totalüberschuß
Voraussetzung für die Anerkennung von Werbungskostenüberschüssen ist grundsätzlich, daß der Steuerpflichtige die geltend gemachten Aufwendungen in der Absicht tätigt, auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung der Einkunftsquelle einen Totalüberschuß zu erzielen (Beschluß des Großen Senats des BFH vom 25.6.1984, GrS 4/82, BStBl 1984 II S. 751, 766 und – ausdrücklich auch für die sonstigen Einkünfte gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG – Urteil des BFH vom 23.1.1991, X R 37/86, BStBl 1991 II S. 398).
Der Überschuß muß nach neuerer – auch in der Literatur vertretenen – Auffassung (vgl. Meyer-Scharenberg, DStR 1993 S. 1808 Tz. 4.2) erheblich sein, was im allgemeinen bei mehr als 10 % der Investitionssumme der Fall sein wird. Dagegen hat das Finanzgericht Düsseldorf in einem vergleichbaren Fall (Urteil vom 22.12.1994, EFG 1995 S. 255) einen Totalüberschuß von 13,16 DM als ausreichend angesehen. Dieser Auffassung des Finanzgerichts ist – zunächst bis zur Entscheidung des BFH im dagegen anhängigen Revisionsverfahren – nicht zu folgen.
Das Vorliegen des subjektiven Merkmals „Überschußerzielungsabsicht” kann nur durch Aufstellen einer Überschußprognose anhand der zum Zeitpunkt der Vertragsabschlüsse objektiv erkennbaren Umstände überprüft werden. Später eintretende Sachverhaltsänderungen können auch das Ergebnis der erstmaligen Überschußprognose verändern, d.h. die Überschußerzielungsabsicht kann aufgrund der geänderten Sachlage wegfallen („Liebhaberei”) oder nachträglich eintreten.
2. Rentenversicherung
Zahlt der Steuerpflichtige einen Einmalbetrag in eine private Rentenversicherung ein, ist zunächst festzustellen, wann und in welcher Höhe mit steuerpflichtigen Einnahmen zu rechnen ist. Nur bei sofort beginnender Rentenlaufzeit kommen die getätigten Aufwendungen als Werbungskosten in Betracht, da nur in diesem Fall das gesetzliche Kündigungs- bzw. Rückkaufsrecht vertraglich wirksam ausgeschlossen werden kann. Soll die Rente dagegen nach den vertraglichen Bedingungen erst später zu laufen beginnen (z.B. bei einem 40jährigen mit 60 oder 65 Jahren), fehlt – im Gegensatz zur gesetzlichen Rentenversicherung – ein hinreichend enger wirtschaftlicher Zusammenhang der getätigten Aufwendungen mit späteren Einnahmen (vgl. rechtskräftiges Urteil des FG Nürnberg vom 2.3.1993, I 325/91, DStR 1993 S. 1818).
Wird der kreditfinanzierte Einmalbetrag in eine der gesetzlichen Rentenversicherungen eingezahlt, besteht eine hinreichende Gewähr dafür, daß aus dem erworbenen bzw. aufgestockten Rentenstammrecht später Einnahmen fließen werden. Die Schuldzinsen und andere Kreditkosten können bei einer positiven Überschußprognose als Werbungskosten anerkannt werden (Urteile des BFH vom 21.7.1981, VIII R 32/80, BStBl 1982 II S. 41 und vom 23.1.1991, X R 37/86, BStBl 1991 II S. 398).
2.1 Maßgeblicher Ertragsanteil
Für die Ermittlung des Ertragsanteils ist das bei Beginn der Rente vollendete Lebensjahr des Rentenberechtigten maßgebend. Unter „Beginn der Rente” ist bei Renten aufgrund privater Versicherungsverträge der Zeitpunkt zu verstehen, von dem an die Rente versicherungsrechtlich zu laufen beginnt (H 167 (Beginn der Rente) EStH 1996).
Bei Rentenversicherungen gegen Einmalbetrag mit sofort beginnender Rentenlaufzeit fängt die Rente mit Abschluß des Versicherungsvertrags und Zahlung des Einmalbetrags zu laufen an. Auf diesen Zeitpunkt wird das eingezahlte Kapital verrentet und der Anspruch auf Rentenzahlung entsteht. Der versicherungsrechtliche Beginn der Rente ergibt sich ...