Zurechnung eines Wirtschaftsguts: Während ursprünglich die Frage der missbräuchlichen Gestaltung gem. § 42 AO maßgeblich für die Beurteilung von Cum/Cum-Transaktionen durch die Finanzverwaltung war, ist nunmehr infolge des BMF-Schreibens (neu) primärer Ansatzpunkt für die steuerliche Prüfung einer Cum/Cum-Transaktion durch die Finanzverwaltung der Aspekt des Übergangs des Eigentums gem. § 39 AO. Gemäß § 39 Abs. 1 AO sind Wirtschaftsgüter steuerlich grundsätzlich dem zivilrechtlichen Eigentümer zuzurechnen. Abweichend von diesem Grundsatz erfolgt die Zurechnung eines Wirtschaftsguts gem. § 39 Ab. 2 Nr. 1 AO nicht bei dem zivilrechtlichen Eigentümer, wenn ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer die tatsächliche Sachherrschaft über das Wirtschaftsgut, in diesem Fall die Aktien, ausübt, sog. wirtschaftlicher Eigentümer (vgl. auch Rz. 11).

In Zusammenhang mit Cum/Cum-Transaktionen geht die Finanzverwaltung nunmehr grundsätzlich davon aus, dass beim Erwerber der Aktien kein endgültiger Übergang von wirtschaftlichen Chancen und Risiken erfolgt, die mit der Innehabung von Eigentum an den Wertpapieren gewöhnlicher Weise verbunden sind (Rz. 12). Maßgeblicher Grund dafür ist, dass der Empfänger der Aktien diese zeitnah nach der Dividendenausschüttung an seinen Vertragspartner zurücküberträgt und dabei bis zu deren Rückübertragung infolge einer vertraglichen Gestaltung keine Kursrisiken für die zwischenzeitliche Wertentwicklung der zeitweise übernommenen Wertpapiere trägt. Der Empfänger der Aktien wird vielmehr auf der Grundlage der anlässlich der Übertragung der Aktien zwischen den Beteiligten abgeschlossenen Rechtsgeschäfte rechtlich und wirtschaftlich vollständig gegen die wirtschaftlichen Risiken abgeschirmt, die ansonsten gewöhnlicher Weise mit dem Halten der Aktien verbunden sind (Rz. 13).

Vom zivilrechtlichen Eigentum abweichende wirtschaftliche Zuordnung beim Veräußerer: Auch wenn der Empfänger der Aktien während der Dauer der Cum/Cum-Transaktion seine Rendite durch die Weiterverwendung der Aktien über den erhaltenen monetären Anteil an der Cum/Cum-Transaktion hinaus noch zusätzlich verbessern kann, schließt dies nach der nunmehr aktuellen Auffassung der Finanzverwaltung nicht mehr die vom zivilrechtlichen Eigentum abweichende wirtschaftliche Zuordnung beim Veräußerer aus. Entscheidend dafür ist, dass der Erwerber der Wertpapiere – wirtschaftlich betrachtet – im allgemeinen nicht den während der Haltedauer aus den Aktien eigentlich erzielbaren Ertrag in Höhe der vollständigen Dividendenzahlung erhält (Rz. 14).

Beraterhinweis Nicht entscheidend ist somit der Umstand, dass die Aktien nach der Dividendenausschüttung wieder an den ursprünglichen Überträger zurückübertragen werden. Zur Verneinung des wirtschaftlichen Eigentums beim Erwerber kommt es für die Finanzverwaltung alleine darauf an, dass bei diesem nach der Übertragung der Wertpapiere im Ergebnis nicht der gesamte mit den Aktien erzielbare bzw. erzielte Ertrag verbleibt.

Indiz kurzfristige Haltedauer: Eine nur kurzfristige Haltedauer der Aktien um den Dividendenstichtag soll allenfalls ein Indiz für das Vorliegen einer Cum/Cum-Transaktion sein, da derartige Gestaltungen darauf abzielten, kurzfristig Aktien auf einen Empfänger zu übertragen, um die Belastung der Dividendenzahlung mit KapESt zu vermeiden bzw. zu reduzieren. Dieses Ziel kann aber auch bei Halte-Dauern erreicht werden, die sich über einen längeren Zeitraum erstrecken und nicht nur wenige Tage um den Dividendenstichtag betragen (Rz. 15).

Beweislastumkehr: In einem ebenfalls neuen BMF-Schreiben (Wirtschaftliche Zurechnung bei Wertpapiergeschäften; BMF-Schreiben v. 9.7.2021 – IV C 6 - S 2134/19/1000 3:007) hat das BMF für den Fall der Wertpapierleihe verschiedene Aspekte ausgeführt, bei denen eine wirtschaftliche Zurechnung der Wertpapiere unverändert beim zivilrechtlichen Überträger erfolgen soll. Der Darlehensnehmer, d.h. der Empfänger der Aktien, soll gem. dem BMF-Schreiben in diesen Fällen die Beweislast dafür tragen, dass ihm die Wertpapiere gleichwohl wirtschaftlich zuzurechnen sind. Die nachfolgend aufgeführte Kriterien sollen im Rahmen einer Gesamtschau herangezogen werden:

  • Bemessung des Gesamtentgelts (Rz. 5)
  • Keine Liquiditätsvorteile beim Darlehensnehmer aus der Dividendenzahlung (Rz. 6)
  • Keine Ausübung von Stimmrechten (Rz. 7)
  • Schwache Rechtsposition des Darlehensnehmers (Rz. 8 und 9)

Die vorgenannten Kriterien gelten für alle Fälle von Cum/Cum-Transaktionen, die zum Anwendungsbereich des BMF-Schreiben (neu) gehören (vgl. Rz. 5). Entsprechend wurden daher in diesem ergänzenden BMF-Schreiben die vorgenannten Grundsätze auch für andere Wertpapiergeschäfte anwendbar erklärt, bei denen das Wertminderungsrisiko nach einer Gesamtwürdigung der Umstände nicht übergegangen ist. Hierzu gehören insb. Repo-Geschäfte, Wertpapierpensionsgeschäfte i.S.d. § 340b HGB und Kassa-Geschäfte (vgl. Rz. 19).

Beraterhinweis Es ist zu empfehlen, bestehende vertraglichen Vereinbarungen bzw. die Abwicklungspraxis v...

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