Damit ein Geschäftsführer durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden kann, müssen bestimmte gesetzliche Voraussetzungen erfüllt sein und das Finanzamt muss sein Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt haben.
Der GmbH-Geschäftsführer haftet für die Steuerschulden der GmbH gem. §§ 34, 35 und 69 Abgabenordnung (AO). Diese Haftung umfasst nicht nur die Steuerschulden (also Körperschaft-, Gewerbe-, Umsatz- und Lohnsteuer), sondern auch die sonstigen Abgabenschulden der GmbH (Säumnis- und Verspätungszuschläge, Zinsen).
1.1 Haftung des Vertreters
Nach dem Gesetz haftet der gesetzliche Vertreter einer GmbH für deren steuerliche Verbindlichkeiten einschließlich der Säumniszuschläge, die aufgrund der Pflichtverletzung entstanden sind (§ 69 Satz 1 und 2 AO). Vertreter ist primär der im Handelsregister eingetragene Geschäftsführer (nominell bestellter Geschäftsführer). Dies gilt auch, wenn er sich im Geschäftsverkehr neben einem anderen Geschäftsführer nur als der "stellvertretende Geschäftsführer" bezeichnet. Daneben ist aber auch eine Haftung des sog. faktischen Geschäftsführers möglich. Hierbei handelt es sich um eine Person, die nicht formell als Geschäftsführer bestellt wurde, sondern faktisch wie ein nominell bestellter, also verfügungsberechtigter Geschäftsführer im Rechtsverkehr auftritt. Für eine derartige Verfügungsberechtigung können z. B. folgende Handlungen sprechen:
- Das Unterschreiben von Schecks und Überweisungen für das Konto der GmbH,
- die Entgegennahme von Wechseln für die GmbH,
- das Unterschreiben von Steueranmeldungen, Steuererklärungen und Eröffnungsbilanzen der GmbH,
- das Führen von Kreditverhandlungen und Korrespondenz mit der Bank.
Hierbei handelt es sich nur um Indizien, die insgesamt durch das Finanzamt gewürdigt werden müssen. Erst dann, wenn eine Mehrzahl von Handlungen ein Gesamtbild einer Verfügungsberechtigung ergibt, ist die faktische Geschäftsführerschaft hinreichend begründet. Diese Indizien liegen dem Finanzamt jedoch nicht stets vor. Allerdings hat es die Befugnis, diese bei einem begründeten Verdacht zu ermitteln. Das Finanzamt darf z. B. bei Banken Erkundigungen einholen, wer gegenüber der Bank als Verfügungsberechtigter auftritt.
Als formelle Geschäftsführerin ist die Ehefrau im Handelsregister eingetragen. Tatsächlich tritt sie jedoch nicht als Verfügungsberechtigte auf. Der Ehemann leitet faktisch die Geschäfte der GmbH. Er unterschreibt z. B. die Umsatzsteuer- und Lohnsteuervoranmeldungen, führt Kreditverhandlungen und hat Kontovollmacht für das Geschäftskonto. Aufgrund dieser Indizien ergibt sich ein Gesamtbild, nachdem der Ehemann als faktischer Geschäftsführer angesehen werden kann.
Hingegen ergibt sich allein aufgrund der Beherrschung der Buchführung noch keine Stellung als faktischer Geschäftsführer.
Mehrere formelle Geschäftsführer und faktische Geschäftsführer können ggf. nebeneinander durch Haftungsbescheide in Anspruch genommen werden. Hierbei handelt es sich um die Frage, welche Person in Haftung genommen werden kann.
Gegen den Geschäftsführer einer mit der Geschäftsführung einer Kommanditgesellschaft betrauten Komplementär–GmbH kann ein Haftungsbescheid ergehen (wenn im übrigen die Haftungsvoraussetzungen erfüllt sind).
Die Verantwortlichkeit des Geschäftsführers einer mit der Geschäftsführung einer Kommanditgesellschaft betrauten Komplementär–GmbH für die Erfüllung der gewerbesteuerlichen Pflichten ergibt sich nach Ansicht des VG Köln allein schon aus seiner nominellen Bestellung als Geschäftsführer der Gesellschaft und ist unabhängig von den faktischen internen und bilateralen Gepflogenheiten in und zwischen den Gesellschaften.
1.2 Zeitliche Begrenzung
Ein aktuell bestellter Geschäftsführer muss nicht stets für sämtliche Steuerschulden aus vergangener Zeit haften. Insofern ist eine zeitliche Begrenzung zu beachten, wenn das Finanzamt einen Haftungsbescheid erlässt. Die Haftung des Vertreters ist beschränkt auf den Zeitraum, für den der Vertreter als Geschäftsführer formell bestellt oder als faktischer Geschäftsführer aufgetreten war.
Dies gilt jedoch nicht unbedingt bei einem Geschäftsführerwechsel: Den neuen Geschäftsführer trifft das Risiko, dass bereits Steuerschulden der GmbH bestehen. Er ist verpflichtet, ältere Schulden aus der Zeit seines Amtsvorgängers unter Berücksichtigung des Grundsatzes der anteiligen Tilgung zu bezahlen. Wenn er diese Pflicht nicht erfüllt, haftet er.
Aus dieser zeitlichen Begrenzung ergibt sich ein wichtiger Hinweis für die Haftungsbeschränkung: Der Geschäftsführer sollte darauf achten, dass er ggf. sein Amt rechtzeitig und wirksam niederlegt. Die Niederlegungserklärung kann zwar auch mündlich gegenüber einem Gesellschafter geschehen. Trotzdem ist die Schriftform zu Beweiszwecken dringend zu empfehlen. Die Niederlegung kann auch als aufschiebend bedingt durch ihre Eintragung im Handelsregister erklärt werden. Dies hat den ...