Objektive Aspekte des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 EStG: Die Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen dürfen nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 EStG den Gewinn nicht mindern, wenn die Zuwendung der Vorteile
- eine rechtswidrige Handlung darstellt,
- die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes verwirklicht,
- der die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt.
Subjektiver Tatbestand: In diesem Zusammenhang hat die Rechtsprechung jüngst klargestellt, dass auch der subjektive Tatbestand des Strafgesetzes erfüllt sein muss.
1. Wechselseitige behördliche Aktivitäten
Mitteilungspflicht: Gerichte, Staatsanwaltschaften oder Verwaltungsbehörden haben Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die den Verdacht einer Tat begründen, der Finanzbehörde für Zwecke des Besteuerungsverfahrens und zur Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten mitzuteilen.
Verwendung im Besteuerungsverfahren: Erkenntnisse, die die Finanzbehörde oder die Staatsanwaltschaft rechtmäßig im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen gewonnen hat, dürfen im Besteuerungsverfahren verwendet werden.
Beachten Sie: Dies gilt auch für Erkenntnisse, die dem Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis unterliegen,
- soweit die Finanzbehörde diese rechtmäßig im Rahmen eigener strafrechtlicher Ermittlungen gewonnen hat oder
- soweit nach den Vorschriften der Strafprozessordnung Auskunft an die Finanzbehörden erteilt werden darf.
Die Finanzbehörde teilt Tatsachen, die den Verdacht einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit begründen, hingegen der Staatsanwaltschaft oder der Verwaltungsbehörde mit. Diese unterrichten die Finanzbehörde von dem Ausgang des Verfahrens und den zugrunde liegenden Tatsachen.
2. Anknüpfung an Tatbestände des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts
Zuwendungen i.S.d. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 EStG dürfen nicht als BA abgezogen werden, wenn mit der Zuwendung von Vorteilen objektiv gegen das Straf- oder Ordnungswidrigkeitenrecht verstoßen wird.
Es kommt letztlich auf Nachfolgendes nicht an:
- auf ein Verschulden des Zuwendenden,
- auf die Stellung eines Strafantrags oder
- auf eine tatsächliche Ahndung.
Beachten Sie: Mit der Anknüpfung an die Tatbestände des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts werden auch Leistungen an ausländische Amtsträger und Abgeordnete vom Abzugsverbot erfasst.
3. Bescheidänderung
Wird dem FA auf Grund einer Mitteilung des Gerichts, der Staatsanwaltschaft oder einer Verwaltungsbehörde erstmals bekannt, dass eine rechtswidrige Handlung vorliegt, ist der Steuerbescheid nach den Vorschriften der AO zu ändern.
Strafrechtlicher Aspekt: Bei Vorteilszuwendungen, die als BA berücksichtigt wurden, besteht ein Verdacht i.S.d. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 S. 3 EStG, der die Information der Strafverfolgungsbehörden gebietet, wenn ein Anfangsverdacht i.S.d. Strafrechts gegeben ist. Es müssen also zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Tat nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 S. 1 EStG vorliegen.
4. Vom Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 EStG erfasste Aufwendungen
Das für die "Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen" geltende Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 EStG erfasst:
- nicht nur die Bestechungsgelder als solche,
- sondern auch die Kosten eines nachfolgenden Strafverfahrens
- sowie Aufwendungen, die auf Grund einer im Strafurteil ausgesprochenen Verfallsanordnung entstehen.
Beachten Sie: Zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Doppelbelastung gilt insoweit das Abzugsverbot für verfallene Beträge jedoch nicht, wenn das Strafgericht die Ertragsteuerbelastung bei der Bemessung des Verfallsbetrags nicht mindernd berücksichtigt hat.
Geänderte steuerliche Behandlung: Die ertragsteuerliche Behandlung von Bestechungsgeldern, Schmiergeldzahlungen und ähnlichen Zuwendungen wie auch deren strafrechtliche Ahndung sind ist in den vergangenen Jahren mehrfach geändert worden. Die Regelung des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 EStG gilt unmittelbar für die Gewinneinkünfte und nach § 9 Abs. 5 EStG sinngemäß für die Überschusseinkünfte Die Regelung gilt auch für juristische Personen, die ihren Gewinn nach den Vorschriften des EStG zu ermitteln haben.
Beachten Sie: Die Regelung findet jedoch nur Anerkennung, wenn es sich bei den Aufwendungen um BA oder WK handelt. Sind die Aufwendungen auch privat mitveranlasst, fallen sie unter das Aufteilungs- und Abzugsverbot nach § 12 EStG; bei gesellschaftsrechtlicher Veranlassung handelt es sich um verdeckte Gewinnausschüttungen.