Leitsatz
Stimmt ein Teilnehmer an einem Flurbereinigungsverfahren nach § 52 Abs. 1 FlurbG zugunsten eines Dritten zu, statt in Land in von dem Dritten aufzubringendem Geld abgefunden zu werden, ist die Eigentumszuweisung an den Dritten nicht gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. a GrEStG von der GrESt ausgenommen.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. a GrEStG, § 44, § 52 Abs. 1, § 54 Abs. 2 FlurbG
Sachverhalt
Ein Teilnehmer an einem Flurbereinigungsverfahren stimmte im April 1988 vor der zuständigen Flurbereinigungsbehörde zugunsten der Klägerin zu, nicht in Land, sondern in Geld abgefunden zu werden. Das Geld war von der Klägerin aufzubringen.
Die Ersatzgrundstücke, die ursprünglich für die Abfindung des Teilnehmers vorgesehen waren, wurden der Klägerin im August 2001 zu Eigentum zugewiesen.
Das FA besteuerte die Eigentumszuweisung als einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG steuerpflichtigen Erwerbsvorgang. Die Klägerin hielt den Vorgang dagegen gem. Satz 2 Buchst. a der Vorschrift für steuerfrei.
Entscheidung
Der BFH stimmte der Klägerin zwar darin zu, dass der Vorgang nach dem Wortlaut der genannten Vorschrift steuerfrei sei; er meinte aber, die Vorschrift bedürfe einer teleologischen Reduktion, und gelangte auf diese Weise doch zur Steuerpflicht der Eigentumszuweisung.
Hinweis
Bereits durch Urteil vom 17.5.2000, II R 47/99, BStBl II 2000, 627 war geklärt, dass der Verzicht des an einem Flurbereinigungsverfahren beteiligten Grundstückseigentümers auf Landabfindung zugunsten eines Dritten nicht der GrESt unterliegt, und zwar auch dann nicht, wenn er mit der Übertragung des bereits vorläufig eingewiesenen Besitzes an dem Ersatzgrundstück verbunden ist. Zur Begründung hieß es damals, durch die Verzichtserklärung habe der Dritte weder die rechtliche Möglichkeit erlangt, über das Ersatzgrundstück zu verfügen, noch eine der wirtschaftlich gleichstehenden Rechtsposition. Die Erklärung habe zwar zu einem Eigentumserwerb des Dritten führen sollen, diesen jedoch erst mit der Eigentumszuweisung im Weg der Ausführungsanordnung zum Flurbereinigungsplan bewirkt. Als obiter dictum wurde angefügt, erst mit der Ausführungsanordnung trete die Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG ein.
Der vorliegende Fall gab erstmals Gelegenheit, die Steuerpflicht der Eigentumszuweisung zu prüfen. In § 52 Abs. 1 FlurbG ist lapidar geregelt, ein Teilnehmer könne mit seiner Zustimmung statt in Land ganz oder teilweise in Geld abgefunden werden. Was mit dem Land, das für die Abfindung dieses Teilnehmers vorgesehen war, geschehen soll, regelt § 54 Abs. 2 FlurbG. Nach dieser Vorschrift ist das infolge von Geldabfindungen zur Abfindung der Teilnehmer nicht benötigte Land in einer dem Zweck der Flugbereinigung entsprechenden Weise oder für Siedlungszwecke zu verwenden. Es fällt regelmäßig in das sogenannte Masseland, über dessen Verwendung im Flurbereinigungsplan zu befinden ist.
In diesem Grundfall der Zustimmungserklärung nach § 52 Abs. 1 FlurbG erschöpft sich die Erklärung des Teilnehmers in dem Verzicht auf Landabfindung gegen Abfindung in Geld. Der Teilnehmer kann aber auch die Zustimmung zur Abfindung in Geld statt in Land zugunsten eines Dritten erklären. Dass dies zulässig ist, ergibt sich beiläufig aus Abs. 3 Satz 2 der Vorschrift, der im Rahmen des dort (gegenüber dem auf Landabfindung verzichtenden Teilnehmer) angeordneten Verfügungsverbots bezüglich seines Einwurfsgrundstücks den Zusatz enthält, im Fall der Zustimmung zugunsten eines bestimmten Dritten sei das Verfügungsverbot für diesen und nicht – wie sonst – für die Teilnehmergemeinschaft im Grundbuch einzutragen.
Über die Rechtsfolgen einer derartigen Zustimmungserklärung zugunsten eines Dritten schweigt sich das FlurbG aus. Nach allgemeiner Ansicht geht der Landabfindungsanspruch des verzichtenden Teilnehmers auf den Dritten, der bis dahin nicht selbst Teilnehmer des Flurbereinigungsverfahrens gewesen sein muss, über. Damit bleibt der Anspruch in der Person des Dritten ein Abfindungsanspruch. Wird der Anspruch erfüllt und dem Dritten das Eigentum an dem Ersatzgrundstück zugewiesen, liegt ein Übergang des Eigentums durch die Abfindung in Land vor und ist folglich dem Wortlaut der Befreiungsnorm des § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. a GrEStG genügt. Da auf diese Weise bislang nicht am Flurbereinigungsverfahren beteiligte Dritte steuerfrei Grundbesitz erwerben könnten, nimmt der BFH an, der Gesetzgeber des GrEStG habe an den Landabfindungsverzicht zugunsten eines Dritten nicht gedacht. Der Wortlaut der Vorschrift gehe über ihren Zweck hinaus.
Der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. a GrEStG sei daher zu reduzieren. Die Eigentumszuweisung an den Dritten sei steuerpflichtig, und zwar unabhängig davon, ob der Dritte bereits vor der Verzichtserklärung zu seinen Gunsten an dem Flurbereinigungsverfahren beteiligt war oder nicht.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 23.8.2006, II R 41/05