Prof. Dr. Heinz-Jürgen Pezzer
Leitsatz
1. Wird ein Darlehen, zu dessen Besicherung Ansprüche aus Kapitallebensversicherungen eingesetzt werden, auf ein Kontokorrentkonto ausgezahlt, auf dem auch andere Zahlungseingänge verbucht werden, und erfolgt über dieses Konto nicht nur die Anschaffung des Wirtschaftsguts, für welches das Darlehen aufgenommen wurde, sondern werden darüber auch andere Zahlungen geleistet, so erfüllt das Darlehen bereits wegen der Vermischung der Darlehensmittel mit anderen Geldbeträgen nicht die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 S. 2 Buchst. a EStG.
2. Wird ein durch eine Kapitallebensversicherung abgesichertes Darlehen teilweise steuerschädlich verwendet, sind die Zinsen aus der Lebensversicherung in vollem Umfang nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG steuerpflichtig.
Normenkette
§ 20 Abs. 1 Nr. 6, § 10 Abs. 2 S. 2 Buchst. a EStG
Sachverhalt
Der Kläger ist alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH & Co. KG, die sich mit Windkraft-Technologie befasst. Er schloss eine Rentenversicherung ab, die für ihn ab 01.12.2015 eine monatliche Rente oder ein einmaliges Garantiekapital vorsah. Kurz danach schloss er einen Darlehensvertrag, der die Rückzahlung des Darlehens in einer Summe im Jahr 2015 vorsah. Als Sicherheit für dieses Darlehen trat er die Ansprüche aus dem Rentenversicherungsvertrag ab. Als das Darlehen dem Konto des Klägers gutgeschrieben wurde, gingen am selben Tag Mittel aus einem weiteren Darlehen auf dem nämlichen Konto ein. Danach folgten verschiedene Auszahlungsaufforderungen der Herstellerfirma, bei der Windkraftanlagen bestellt worden waren. Vor der letzten Auszahlung war noch eine weitere Gutschrift von dritter Seite auf dem Konto des Klägers eingegangen.
Das FA beurteilte die Zinsen aus dem Versicherungsvertrag als steuerpflichtig. Nach dem Schreiben des BMF vom 15.06.2000, IV C 4 – S 2221 – 86/00 (BStBl I 2000, 1118, Rd.Nr. 53) betrage die Karenzzeit zwischen Darlehensauszahlung und der Abbuchung zur Zahlung der Anschaffungs-/Herstellungskosten 30 Tage. Die Überweisung der restlichen 100 000 EUR sei nach Fristablauf erfolgt.
Das FG gab der dagegen erhobenen Klage statt (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.09.2006, 1 K 1029/06, Haufe-Index 1812563, EFG 2007, 1870).
Entscheidung
Der BFH hob die Vorentscheidung auf und wies die Klage ab. Der Feststellungsbescheid über die gesonderte Feststellung der Steuerpflicht der Zinsen aus den in den Beiträgen zur Lebensversicherung des Klägers enthaltenen Sparanteilen sei rechtmäßig. Auf die zwischen den Beteiligten unstrittige Überschreitung der von der Finanzverwaltung zugrunde gelegten 30-Tage-Frist komme es im Streitfall nicht an. Das Darlehen habe schon deshalb nicht ausschließlich und unmittelbar der Anschaffung der Windenergieanlage gedient, weil aufgrund der Vermischung der Gelder auf dem Kontokorrentkonto nicht erkennbar sei, ob die KG das Darlehen in vollem Umfang zur Bezahlung der Windenergieanlage eingesetzt habe oder ob sie darüber nur teilweise verfügt und im Übrigen auf die anderen, ihr zur Verfügung stehenden Gelder zurückgegriffen habe.
Hinweis
Nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 1 EStG sind Zinsen aus den Sparanteilen, die in den Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall enthalten sind, steuerpflichtig. Von dieser grundsätzlichen Steuerpflicht begründet S. 2 der Vorschrift i.V.m. § 10 Abs. 2 S. 2 EStG unter näher bestimmten Voraussetzungen eine Ausnahme.
Diese Vorschriften galten nur bis einschließlich 2004. Aufgrund der langen Laufzeit der Verträge sind aber immer noch Streitfälle zu diesem Problemkreis zu entscheiden.
Häufig treten Probleme dann auf, wenn die Lebensversicherung als Sicherheit für ein betriebliches Darlehen eingesetzt wird. Das führt grundsätzlich zum Ausschluss der Steuerfreiheit. Jedoch sieht das Gesetz einige Ausnahmen vor, die steuerunschädlich sind (§ 10 Abs. 2 S. 2 Buchstaben a, b und c). In vielen Fällen – so auch im Streitfall – geht es um die Voraussetzungen des Buchstaben a. Die Steuerfreiheit nach dieser Vorschrift setzt ein Darlehen voraus, das unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts dient, das dauernd zur Erzielung von Einkünften bestimmt und keine Forderung ist.
Die Rechtsprechung steht immer wieder vor der Frage, wann ein Darlehen noch "unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung" von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines zur Einkünfteerzielung bestimmten Wirtschaftsguts "dient".
Diese Voraussetzungen der Steuerfreiheit sind jedenfalls dann nicht eingehalten, wenn die Darlehensmittel mit anderen Geldern auf einem Kontokorrentkonto vermischt werden. Dann ist nämlich aufgrund der unterschiedlichen Geldzuflüsse und Geldabflüsse auf dem Konto nicht mehr nachvollziehbar, wozu die Darlehensmittel tatsächlich "gedient" haben. Allein eine Zweckbestimmung auf der Willensebene des Steuerpflichtigen reicht für die Voraussetzungen der Steuerfreiheit nicht aus.
Deshalb ist dringend anzuraten, in Fällen der vorliegenden Art die Darlehensmittel, wenn s...