Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Überblick
Die Verabreichung von Saunabädern war bisher – entgegen einem Urteil des BFH – von der Finanzverwaltung als ermäßigt besteuertes Heilbad angesehen worden. Für alle nach dem 30.6.2015 ausgeführten Umsätze gibt die Finanzverwaltung jetzt diese Sichtweise auf und unterwirft Saunabäder grundsätzlich dem Regelsteuersatz. Darüber hinaus fasst sie die Regelungen zur Verabreichung von Heilbädern neu.
Kommentar
Die rechtliche Problematik
Der BFH hatte schon 2005 entschieden, dass die Verabreichung von Saunabädern regelmäßig nicht mit dem ermäßigten Steuersatz besteuert werden darf. Der BFH stellte dabei grundsätzlich fest, dass die Verabreichung eines Heilbads der Behandlung einer Krankheit oder einer anderen Gesundheitsstörung und damit dem Schutz der menschlichen Gesundheit dienen muss. Bei der Nutzung einer Sauna in einem Fitnessstudio kommt dies nicht Betracht, da sie regelmäßig lediglich dem allgemeinen Wohlbefinden dient.
Die Entscheidung betraf nicht nur die Kombinationsangebote, bei denen eine Sauna neben anderen Einrichtungen (Schwimmbad, Fitness-Studio) genutzt werden konnte, sondern alle Arten von Saunaangeboten, soweit kein Heilzweck damit verbunden ist.
Nachdem eine gegen die Entscheidung des BFH eingelegte Verfassungsbeschwerde vom BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen worden war, hatte die Finanzverwaltung einen Nichtanwendungserlass veröffentlicht, da – entgegen der Auffassung des BFH – davon ausgegangen wurde, dass ein Saunabad allgemeinen Heilzwecken dient und damit die Voraussetzungen nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG erfüllt sind.
Die Finanzverwaltung hat jetzt für alle nach dem 30.6.2015 ausgeführten Umsätze den Nichtanwendungserlass aufgehoben.
Die Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen
Das BMF-Schreiben ändert Abschn. 12.11 Abs. 1 und Abs. 3 UStAE.
Die Verabreichung eines Heilbads, das zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes führen kann, muss der Behandlung einer Krankheit oder einer anderen Gesundheitsstörung und damit dem Schutz der menschlichen Gesundheit dienen. Dazu muss das Heilbad nach dem Heilmittelkatalog verordnungsfähig sein.
Ist das Heilbad dem Grunde nach verordnungsfähig, kommt es nicht darauf an, ob im Einzelfall tatsächlich eine Verordnung vorliegt.
Nach der Heilmittel-Richtlinie sind z. B. als verordnungsfähig anerkannt: Peloidbäder und -packungen, Inhalationen, Elektrotherapie, Heilmassage, Heilgymnastik und Unterwasserdruckstrahl-Massagen. Als nicht verordnungsfähig (und damit nicht als Heilbäder ermäßigt besteuert) sind nach Abschn. 12.11 Abs. 3 UStAE die folgenden Leistungen anzusehen:
- Maßnahmen, deren therapeutischer Nutzen nicht nachgewiesen ist (z. B. Höhlentherapie, nicht-invasive Magnetfeldtherapie, Fußreflexzonenmassage);
- Maßnahmen, die der persönlichen Lebensführung zuzuordnen sind (z. B. Ganzkörpermassagen, Teil- und Wannenbäder soweit nicht verordnungsfähig, Sauna, römisch-irische und russisch-römische Bäder, Bodybuilding, Fitness-Training).
Die Heilmittel-Richtlinie und der Katalog verordnungsfähiger Heilmittel können auf https://www.g-ba.de/informationen/richtlinien/12/ eingesehen werden.
Konsequenzen für die Praxis
Die Finanzverwaltung hat die Regelungen zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes bei Heilbädern neu gefasst. Auch vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH können steuerbegünstigt nur Leistungen der Gesundheitsvorsorge sein. Saunabäder mögen zwar einen positiven Einfluss auf Wohlbefinden und Gesundheit haben, stellen aber im engen Sinne kein Heilbad dar. Insoweit ist die Aufhebung des Nichtanwendungserlasses vertretbar.
Die Grundsätze sind auf alle Umsätze anzuwenden, die nach dem 30.6.2015 ausgeführt werden. Der Praxis bleibt damit genügend Zeit, sich auf die geänderten Rahmenbedingungen einzustellen. Für den Staat ergibt sich aus der Anpassung der positive Nebeneffekt steigender Steuereinnahmen, da es sich bei den Leistungen um klassische Endverbrauchsleistungen handelt, bei denen die Leistungsempfänger nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind.
Die Neuregelung erfasst sowohl die klassischen Anbieter von Saunabädern, bei denen das Saunaangebot im Vordergrund steht, aber auch Anbieter, die neben einem Saunaangebot auch noch weitere Leistungen (Schwimmbad, Fitness-Studio o. ä.) anbieten. Zumindest die Betreiber von Schwimmhallen, die auch einen Saunabereich anbieten, sind bezüglich der Behandlung der Eintrittsgelder vor besondere Probleme gestellt. Soweit einheitliche Eintrittspreise verlangt werden, die sowohl den Eintritt in das Schwimmbad wie auch in den Saunabereich ermöglichen, muss eine Aufteilung der Entgelte vorgenommen werden.
Bei der Aufteilung der Entgelte müssen die seit dem 1.7.2014 verbindlichen Grundsätze aus der Rechtsprechung des BFH beachtet werden. Soweit für unterschiedlich besteuerte Leistungen ein Gesamtpreis verlangt wird, muss die Aufteilung nach der einfachstmöglichen Aufteilungsmethode erfolgen. Werden die Einzelleistungen auch separat angeboten, ist der Gesamtkaufpre...