Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
Zum 1.10.2022 war (derzeit befristet bis zum 31.3.2024) der Steuersatz für die Lieferung von Gas über das Erdgasnetz und von Wärme über ein Wärmenetz auf den ermäßigten Steuersatz von 7 % angesenkt worden. Das BMF hatte ausführlich mit einem Schreiben zu den Anwendungsgrundsätzen Stellung genommen.
Das Bayerische Landesamt für Steuern hat jetzt ergänzend zu den Informationen aus dem BMF-Schreiben einige Punkte zur Gas- und Wärmelieferung zusammengestellt und ist auch auf die "Dezember-Hilfe" des Bundes bei der Gaslieferung eingegangen.
Ergänzend zu den Feststellungen des BMF zur Anwendung des ab dem 1.10.2022 abgesenkten Steuersatzes bei der Lieferung von Gas und Wärme hat das Landesamt Folgendes festgestellt:
- Die Voraussetzung "über das Erdgasnetz" wird auch von kleineren Anlagen (z. B. Biogasanlagen), die Gas nur über eine oder wenige Leitungen liefern, erfüllt.
- Nicht begünstigt ist die Abgabe von Flüssiggas (LPG) als Kraftstoff an der Tankstelle sowie die Abgabe von Gas in Flaschen oder Kartuschen.
- Während das Legen eines Gas- und Wärmehausanschlusses dem ermäßigten Steuersatz unterliegt, kommt bei dem Verlegen eines Mehrspartenanschlusses (z. B. Wasser, Gas, Strom, Telekommunikation) der Regelsteuersatz zur Anwendung.
- Der Anschluss an ein örtliches Flüssiggasversorgungsnetz unterliegt dem ermäßigten Steuersatz, nicht begünstigt ist das Legen eines Anschlusses von einem (privaten) Flüssiggastank an die Leitungen des Verbrauchers im Haus, bzw. bis zu einer Hauseinführung.
Von besonderer Bedeutung sind die Feststellungen des Landesamts für Steuern bezüglich der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der sog. "Dezemberhilfe" des Bundes. Im Rahmen dieser Unterstützungsmaßnahmen wurde die Dezemberrate für die Gasabschläge nicht abgebucht. Der Versorger erhält die Zahlungen im Rahmen eines besonderen Erstattungsverfahren vom Bund.
Die Zahlung des Bundes an den Versorger stellt ein Entgelt von dritter Seite dar, das Versorgungsunternehmen hat den von der KfW erhaltenen Betrag mit dem für die Abschlagszahlung im Dezember gültigen Steuersatz zu besteuern. Aus dem Auszahlungsbetrag (Bruttobetrag) ist Umsatzsteuer i. H. v. 7 % abzuführen. Dem Kunden steht grundsätzlich – unter den übrigen Voraussetzungen des § 15 UStG – in derselben Höhe der Vorsteuerabzug zu.
Konsequenzen für die Praxis
Neben kleineren Klarstellungen zur Abgrenzung des ermäßigten Steuersatzes für die Lieferung von Gas und Wärme über ein Leitungsnetz ist insbesondere die Behandlung der Dezemberhilfe Gas für die Praxis von Bedeutung, da es diesbezüglich noch keine weiteren Hinweise der Finanzverwaltung gab. Obwohl der Leistungsempfänger für den Gasbezug für Dezember 2022 keine Zahlung geleistet hat, steht ihm der Vorsteuerabzug zu, soweit er ansonsten aus dem Bezug der Gaslieferungen zum Vorsteuerabzug nach § 15 UStG berechtigt ist.
Besondere Aufmerksamkeit erfordert im Zusammenhang mit dem Vorsteuerabzug aus der Dezemberhilfe neben der korrekten Buchung für Dezember 2022 die später von dem jeweiligen Versorger erteilte Jahresschlussrechnung. Zum einen sind evtl. noch mit 19 % Umsatzsteuer abgerechnete Abschlagszahlungen an den gültigen Steuersatz anzupassen, zum anderen muss auf die zutreffende Abrechnung der Dezemberhilfe geachtet werden. Wenn in der Jahresschlussrechnung des Versorgers lediglich die Umsatzsteuer auf die vom Kunden direkt bezahlten (Netto-)Beträge berechnet wird, wird im Ergebnis zu wenig Umsatzsteuer ausgewiesen. Da auch bei einem Entgelt von dritter Seite der Vorsteuerabzug aber grundsätzlich eine ordnungsgemäß ausgestellte Rechnung mit dem zutreffenden Umsatzsteuerausweis voraussetzt, würde dann nur eine (unzutreffend) geringere Vorsteuer beim Kunden abzugsfähig sein.
Link zur Verwaltungsanweisung
Bayerisches Landesamt für Steuern, Verfügung v. 3.3.2023, S 7220.1.1–11/8 St 33